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Mann mit Anhang

Mann mit Anhang

Titel: Mann mit Anhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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Gesicht.
Ronald fand, daß seine dunklen, verträumten Augen zu intensiv an dem Gesicht
Jeannettes hingen. Er gönnte ihren Anblick niemand auf der Welt.
    »Für mich einen Campari mit
Soda, Maurice«, sagte Jeannette.
    »Für mich dasselbe.« Ronald
wartete, bis Maurice gegangen war. Er blieb mit dem Glas in der Hand vor
Jeannette stehen. »Es ist mir ganz unbegreiflich, wie ich so lange ohne dich
auskommen konnte«, meinte er kopfschüttelnd. »Ich hätte mich fast in deine
Tochter verliebt und einen Narren aus mir gemacht. Nur weil sie dir so ähnlich
sieht. Aber sie ist nicht wie du. Weißt du, daß dir die Jahre überhaupt nichts
angetan haben? Hat dir das jemals einer gesagt?« Er schüttelte unwillig den
Kopf. »Ach wo. Es kennt dich ja niemand so lange wie ich. Nur ich allein kann
das beurteilen. Du bist hübscher und reizvoller als je.«
    »Für dich vielleicht.«
    »Gut, für mich. Das genügt mir.
Wir haben noch ein großes Stück Leben und nicht das uninteressanteste vor uns.
Und es wird glücklich sein.«
    »Du bist ein recht
entschlossener und stürmischer Liebhaber geworden, auf deine alten Tage«, sagte
sie, »doch du könntest mich immerhin auch um meine Meinung fragen. Vielleicht
will ich jetzt nicht mehr. Hast du diese Möglichkeit nie erwogen?« Aus ihren
Augen war der Spott verschwunden. »Vielleicht liebe ich einen anderen. So was
gibt es.«
    Ronald starrte sie ungläubig
an. Dann stürzte er sein Glas hinunter. »Nein, nein, mach jetzt kein
Schachspiel aus der Sache, Zug um Zug, und wer nicht aufpaßt, der verliert.
Versuch nicht, mich zu bluffen, Jeannette. Und versuch vor allen Dingen nicht,
mich wegzuekeln. Ich bleibe in diesem Land, bis du deine Koffer gepackt hast
und mit mir kommst. Ich will mein Leben mit dir verbringen und nicht mit der
Muhr.«
    »Wer ist denn die Muhr?«
    »Mein Kerkermeister. Sie
bekocht und bemuttert mich. Ich will auch nicht den Rest meines Lebens auf vier
Füßen herumkriechen und als Reittier für meine Enkelkinder dienen. Ich bin noch
nicht läppisch genug dazu. Und Jackys Auseinandersetzungen mit seinem Igel
füllen mich auch nicht aus. Und die Cremchen und Wässerchen, die ich
fabriziere, erst recht nicht. Und mein Auto langweilt mich, wenn ich immer
allein drin sitze. Auch mein Garten, von dem die Leute glauben, ich gehe ganz
in ihm auf, langweilt mich. Im Grunde ist es mir vollkommen schnuppe, ob die
Rosen geschnitten sind und der Rasen gemäht ist und ob eine Wühlmaus mehr oder
weniger die Wurzeln der Narzissen anbeißt.«
    »Bist du nun fertig?«
    »Nein«, schrie er fast zornig.
»Das war es nicht, was ich dir sagen wollte. Ich bin Hals über Kopf hierher
geflogen, um dir zu sagen, daß ich dich liebe. Ich habe nie aufgehört, dich zu
lieben. Es ist kein Vorgang, es ist ein Zustand, und zwar ein unheilbarer.«
    »Und offenbar ein
nervenaufreibender. Du schreist mich an, als ob ich an all dem die Schuld
trüge.«
    Das Telefon läutete, und
Jeannette griff nach dem weißen Hörer. Der Apparat stand neben ihr in einer
Wandnische. Ronald verstand nur einen Teil der portugiesisch geführten
Unterhaltung, es ging um Geld und tun Sicherheiten, die auf einer Bank
hinterlegt werden sollten. Jeannettes Gesicht wurde hart und um Jahre älter.
»Nein«, sagte sie, »entweder dreißig Prozent oder gar nichts.« Plötzlich sprach
sie englisch. »Ich kann es nicht aus der Erde stampfen. Und wenn Sie mich noch
einmal verdächtigen, heimlich etwas beiseite gebracht zu haben, werden Sie von
meinem Anwalt hören.« Damit legte sie auf.
    »Entschuldige, Roni«, sagte sie
mit einem erschöpften Lächeln. »Die Hyänen.«
    Er war froh, daß er Zeuge
dieser kleinen Szene gewesen war. Sie gab ihm Kraft. »Ich werde das alles
regeln. Vergiß nicht, daß ich durch eine gute Schule gegangen bin, denn die
große Pleite und das Chaos im Nachkriegsdeutschland sind nicht zu überbieten.
Ich brauche nur einen Dolmetscher, einen Anwalt, der auf Wirtschaftsfragen
spezialisiert ist, und dein Vertrauen natürlich. Auch deine Vollmacht.«
    In diesem Moment öffnete
Maurice die Tür und ließ einen dunkelhaarigen, hochgewachsenen Mann ein. Er war
mit der saloppen Eleganz des Weltenbummlers gekleidet.
    »Mr. Korthes«, sagte Maurice.
    Sami Korthes eilte auf
Jeannette zu, ohne sich um Ronalds Anwesenheit zu kümmern. Er ergriff ihre
beiden Hände und küßte sie inbrünstig. »My poor, poor darling«, sagte er.
»Endlich bin ich hier, mach dir jetzt keine Sorgen mehr.«
    Ronald stellte fest,

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