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Mann mit Anhang

Mann mit Anhang

Titel: Mann mit Anhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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hinter dir«,
murmelte er.
    Plötzlich liefen sie
aufeinander zu und lagen sich in den Armen, und während Ronald Jeannette
stürmisch küßte, füllten sich ihre Augen mit Tränen.
    »Diesmal hast du es wirklich
geschafft«, sagte sie. »t>u bist um eine Pferdelänge zuvorgekommen.«
    Er suchte diese Andeutung zu
begreifen, und sofort fiel ihm dieser andere Mann wieder ein. Wie hieß er doch?
Sami Korthes? »Was geht hier vor?«
    »Ach, Roni, frag mich nicht.«
    Sie drehte den Kopf zur Seite,
aber er nahm ihr Gesicht in seine Hände und zwang sie, ihn anzusehen. »Schlimm?
Ein gigantisches Chaos, was? Sheila erzählte einiges, den Rest kann ich mir
denken.«
    Jeannette nickte. Unter dem
Make-up sah sie elend aus.
    »Nur äußerlich? Oder geht’s
auch unter die Haut?« fragte er.
    »Stark geritzt. Man kann das
Äußere vom Inneren nicht trennen, weißt du. Ich habe grauenvolle Monate hinter
mir. Henry hat unverständliche Dinge getan, er war nicht mehr ganz
zurechnungsfähig. Ich stand vor schweren Entscheidungen. Sollte ich ihn seinen
abenteuerlichen Stiefel weitermachen lassen, oder sollte ich ihn in eine
Anstalt sperren? Ich habe es nicht getan. Ich war einfach zu feige. Hätte ich
es nur getan. Ich scheute den Skandal. Henry war sowieso schon
skandalumwittert. Ich wollte nicht noch mehr Ratschläge und Meinungen und
Rechtsanwälte hören.«
    »Was ist geschehen?« Er zog
Jeannette zum Sofa und legte den Arm um ihre Schultern. Ihr Gesicht war so ratlos
wie damals, als er ihr erklärt hatte, sie müsse ohne ihn fertig werden,
Freundespflicht ginge über Liebe.
    »Vielleicht kommt später etwas
Licht in alles, was geschehen ist, aber dadurch wird es nicht weniger tragisch.
Man hat Henry in seinem Auto tot aufgefunden, scheinbar gegen einen Baum
gefahren. Aber die Verletzungen lassen eher einen Mord vermuten. In der Nähe
der Unfallstelle lag eine halbgefüllte Whiskyflasche und es ist bis heute noch
nicht mit Sicherheit festgestellt, ob sie nur zufällig aus dem Auto
geschleudert wurde oder ob sie als Mordwaffe diente. Es gab zermürbende Verhöre
und Verdächtigungen innerhalb einer ganz bestimmten korrupten
Gesellschaftsschicht, in der Henry verkehrte. Ich selbst hatte Schwierigkeiten,
mein Alibi für die schlimme Nacht nachzuweisen.«
    Sie haspelte die Worte herunter
wie eine Ohrenbeichte, deren sie sich schämte. »Man schnüffelte in seinem
Privatleben nach, grub alte Krankenberichte aus, gab die Leiche nicht frei,
zerrte alles sensationell aufgemacht an die Öffentlichkeit und überschlug sich
in widerwärtigen Schlagzeilen und grauenvollen Blitzlichtaufnahmen.
Gleichzeitig fielen Henrys Gläubiger mit echten und fingierten Forderungen über
mich her. Sie waren wie die Aasgeier.«
    »Dein Mann trank, nicht wahr?«
    Jeannette machte eine müde
Handbewegung. »Es war nicht nur das Trinken allein. Es war auch Morphium. Aber
er war für seine Taten nicht voll verantwortlich. Er war nicht gesund, er litt
an einer verschleppten Sache. Er war nobel und abstoßend zugleich, ein Mann auf
der Kippe zwischen Grandseigneur und Gangster.«
    Sie warf einen erschrockenen
Seitenblick auf Ronald. »Ich sollte vielleicht nicht so über ihn sprechen. Er
liegt erst drei Tage unter der Erde. Und er liebte mich immerhin auf seine
Weise. Und er hatte Charme. Er war kein Durchschnittsmensch.«
    »Und das Erbe?« Ronald machte
eine umfassende Handbewegung, die das Haus einschloß.
    »Chaotisch. Es ist kaum
durchzufinden. Ein wildes Durcheinander von Schulden, privaten und
Steuerschulden, von Beteiligungen an zweifelhaften Unternehmungen und wertlosen
Forderungen. Von den Sachen, die du hier siehst, war bereits vor Henrys Tod ein
großer Teil verpfändet. Ein anderer Teil gehörte ihm gar nicht, wie sich jetzt
herausstellt. Es sind Kunstgegenstände von Bankrotteuren, die sie dem Zugriff
ihrer Gläubiger entziehen wollten und sie bei Henry unterstellten. Es gibt da
fingierte Eigentumsübereignungen, die jetzt bestritten werden.«
    »Das klingt alles ziemlich
verworren. Warum hast du den Kopf nicht aus der Schlinge gezogen und das Erbe
einfach ausgeschlagen? Dann hättest du jetzt diese ganzen Scherereien nicht.«
    »Ich wollte, wenn ich schon
keinen Nagel retten kann, wenigstens Henrys Namen retten, soweit es hier noch
etwas zu retten gibt. Ich habe doch viele Jahre sehr angenehm und luxuriös an
seiner Seite gelebt und will nicht, daß ihn jetzt die ganze Welt mit Dreck
bewirft. Wenn ich geschickt manipuliere, kann ich vielleicht die

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