Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle
Geschenk von mir. An Stefan. Zum fünfzehnten Hochzeitstag.« Was für eine Frau.
»Ja, das ist meine Frau«, sagt Stefan, der sich mit zwei Prosecco und einer Bionade in der Hand uns gegenübersetzt und grinst. Er habe sich sehr über das Geschenk gefreut, erzählt er und positioniert die Bionade vor Sina, den Prosecco vor mir. Sie wird doch nicht schwanger sein? Drei, vier Mal hätten sie es nun schon mit einer zweiten Frau gemacht, erzählt Stefan. Allerdings bislang nur mit Professionellen. Aus einem Edelbordell hätten sie sich die ausgesucht.
»Ich küsse auch nicht«, sagt Sina. Etwas irritiert schaue ich zu Stefan. »Also, mich schon«, sagt der. Beide lachen. »Ach so«, sage ich, lache verkrampft mit und nehme hastigst einen übergroÃen Prosecco-Schluck. »Ist doch besser, als wenn er mich hinter meinem Rücken betrügt«, sagt Sina. Wo sie recht hat ⦠Sie habe das bei fast all ihren Freundinnen nun erlebt, deren Ehemänner seien in der letzten Zeit alle Midlife-Crisis-mäÃig ausgebrochen. Und das wollten sie beide nicht. Lieber die Ehe auffrischen, als dass sie zerbreche, sagt Stefan. Er schaut sie an, ziemlich lange, ziemlich intensiv. Ich fühle mich jetzt schon überflüssig.
Dann wollen sie mehr von mir wissen. »Tolle Beine hat sie, oder?«, fragt Stefan mittendrin. Sina nickt. Und mustert erst mich, dann ihn gierig. »Also, wie wir besprochen haben, schauen wir alle nach dem Treffen jetzt, ob das was für uns wäre«, sagt Stefan zu mir. »Das müssen wir jetzt auch nicht entscheiden. Aber wenn du dabei bist, würden wir uns wieder hier treffen. Und dann machen wir es so, dass ihr zwei Frauen erst mal miteinander duscht, ganz unverfänglich, ich gucke auch nur zu.« Na, das ist ja wirklich total unverfänglich, denke ich.
»Und dann ziehen wir uns zusammen ins Schlafzimmer zurück«, sagt Stefan. »Und wenn du nichts dagegen hast, filmt Stefan das alles auch ein bisschen«, sagt Sina »Ja, das finde ich geil«, sagt Stefan. »Und wenn irgendetwas passiert, was einer von uns nicht will, wird sofort aufgehört, das ist natürlich klar.«
Klar. Klingt ja super. Ich danke Stefan wortlos, als er auf die Uhr schaut und zu Sina sagt: »Schatz, wollen wir?« Und werde endgültig aus meiner heilen Welt geholt, als Sina trocken antwortet: »Ja, die Kinder warten.« Beide stehen auf, schauen mich an. Dann gibt Sina mir einen Kuss auf die Wange, und Stefan zieht mich bestimmt an der Hüfte in seine Richtung. Erschreckend gut fühlt sich das an.
Gelten auf der Suche nach »dem Richtigen« eigentlich auch »die Richtigen«? Warum der Polyamorie nicht mal eine Chance geben? Wie lautet noch gleich der Titel des Buches von Lisa Fischbach und Holger Lendt? Treue ist auch keine Lösung . In meiner Vorstellung wandern Stefan, Sina und ich jetzt schon gemeinsam nach Südfrankreich aus, ein Haus am See, er arbeitet auf dem Home-Office-Balkon im ersten Stock, während ich mit Sina im Garten Badminton spiele. Nackt, natürlich. »Unnötig zu sagen, dass die Sympathie gestimmt hat. Jetzt kann uns nur noch deine Zurückhaltung vom Abenteuer abhalten â¦Â«, schreiben Sina und Stefan einen Tag später.
Nein. Ich kann das nicht. Und was will ich überhaupt in Südfrankreich? Die beiden hätten mich ja auch vorher mal fragen können, ob wir uns dort oder vielleicht ganz woanders ein Haus kaufen wollen.
Andalusien, zum Beispiel.
Der Lügenbaron
» Mittfünfziger, gut aussehend, finanziell unabÂhängig, aus bester Familie, sucht attraktive ReiseÂbegleiterin (Lebensgefährtin), sofort reisebereit, bis 35  Jahre, bitte Zuschriften an BM 3059 , Berliner Morgenpost, 10445 Berlin «
Ob der das wirklich so meint? Mehr aus Neugier als aus ernsthaftem Interesse schreibe ich dem Mittfünfziger, lege noch ein Foto in den Brief â und gebe meine alte Handynummer an. Drei Tage später, drei Anrufe in Abwesenheit von unbekannter Nummer auf dem alten Handy. Ich rufe zurück. »Wer ist da bitte?«, fragt ein Mann am anderen Hörer, der überraschend jung klingt. »Die Alexandra«, sage ich, »Sie hatten wohl meinen Brief bekommen?« »Ãhm, nein, das war wohl mein Chef«, sagt der Junge, »ich reiche mal weiter.« Kurzes Geraschel, dann: »Ja, hallo«, sagt, nein, brummt ein zweiter Mann, »hier der Baron
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