Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle
Haushaltswaren. Zahnpasta, Klo-Reiniger, alles Mögliche.«
Was man doch alles erlebt, denke ich auf dem Heimweg. Da gibt es doch tatsächlich Leute, die fremde Leute bei ihrem ersten Date fragen, ob man für sie Putzmittel verkaufen will. Annika hat den Job natürlich abgelehnt.
Wie auch immer. Ich bin betrunken und will heute Abend noch was erleben. Annika ist schon höchst anÂÂgeheitert davongebraust. Ich gucke auf mein Handy. »Kommst du noch mit zum Salsa?«, fragt ein Freund per SMS. Okay, Salsa kann ich zwar nicht, denke ich, aber wenn der Pegel stimmt, werde sogar ich Bewegungs-LegasÂtheniker zum Latino. Zumindest bilde ich mir das dann ein.
Die Salsa-Party ist halb voll. Ich stehe mit meinen zwei Kumpel an der Bar und kippe noch drei Cuba Libre hinterher. Ich bin jetzt voll. Und ganz überzeugt, nun auch wirklich tanzen zu können und zu wollen. Ich bewege mich im Zeitlupentempo auf die Tanzfläche und fordere â natürlich â die beste Tänzerin zum Tanzen auf. Rotzfrech. Okay, der Tanz dauert nur 20 Sekunden. So lange braucht sie, um zu merken, dass es kein Salsa ist, sondern Rentner-Polonaise. Aber die 20 Sekunden sind es wert. Auch wenn die Zeit gerade mal ausreicht, um zu erfahren, dass sie mal Schauspielerin am Theater war. Gerne hätte ich noch etwas länger in ihre braunen RehÂaugen geschaut. Und sie einfach nur gehalten. Denn das fühlte sich verdammt gut an. Trotz der geschätzt zwei Promille. Die nächsten zwei Stunden schaue ich ihr von der Bar aus zu. Und merke am Ende des Abends, wofür man gute Freunde hat. Denn Ben und Sebi haben natürlich bemerkt, dass ich noch gerne länger mit der hübschen Unbekannten getanzt hätte.
»Hast du ihre Nummer?«, fragt mich Sebi. Die tanzende Schauspielerin steht am Ausgang und sucht ihre Jacke. »Nee, hab ich nicht«, sage ich. »Na dann hol sie dir, verdammt noch mal!« »Spinnt ihr? Ich laufe doch keiner Frau hinterher« ist das Letzte, was ich noch rausbringe, bevor mich Ben und Sebi in ihre Richtung schubsen. Das hat sie natürlich gemerkt. Wir müssen beide lachen â und tauschen Nummern.
Da date ich Hunderte Frauen, schlüpfe in Rollen, denke mir Spiele aus und veranstalte ein groÃes Tatütata, wo es doch so einfach zu sein scheint. Ich weià nicht warum, aber das Gefühl stimmt einfach. Ich rufe sie an. Ganz bestimmt.
Alles hat ein Ende, nur dies Buch hat drei
Luis hat sich nicht gemeldet. Bitter. Ich war wohl weder interessant noch Judith Rakers genug. Oder sehe ich den Mann vor lauter Dating nicht? Laut Soziologin Eva Illouz soll zu viel Auswahl ja unsere Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigen â¦
Wie auch immer. Es geschieht mir ganz recht. Ich fühle mich sowieso schon schlecht genug. Besonders bei deÂÂnen, die auf meine Anzeige geantwortet haben. Solch eine Mühe haben die sich gemacht â und ich habe geÂÂradezu lustlos â wenn überhaupt â reagiert. Habe nur noch zugehört, die gleichen Fragen gestellt, nach Raster sortiert.
Leide ich jetzt an Dating-Ãberdruss? Flirt-Fieber? Auswahl-Angina? Wird man irgendwann gleichgültig, unempfänglich für echtes Gefühl, Aufregung, Spannung? Oder war tatsächlich nicht »der Richtige«, der »Prinz mit seinem scheià Gaul« dabei? Bei dem ich trotz der vielen anderen Treffen sofort all das wieder empfunden hätte, was âºverliebt seinâ¹, was âºLiebeâ¹ genannt wird? Herr Wundervoll ist wundervoll, gar keine Frage. Ein Mann zum sofort Heiraten. Und der Prinz aus Brandenburg â das war doch einer! Und Luis? Dessen Schultern hätte ich gern auf Brot. Marc, Sven, Luis â sie alle waren, nein, sind doch wünschenswerte Partner.
Was also ist denn bloà los mit mir? Ich sollte das dringend mal mit Milosz besprechen. Ach, Milosz.
Milosz? Oh Gott. Milosz!
» Vergebens, dass Ihr ringsum wissenschaftlich schweift,
Ein jeder lernt nur, was er lernen kann;
Doch, der den Augenblick ergreift,
Das ist der rechte Mann.
Besonderer Dank geht an Rudolf Porsch, Lena Obschinsky und Judith Luig. Für Freiraum und Unterstützung sei insbesondere den Chefredaktionen sowie meiner Ressortleitung bei der Berliner Morgenpost, Welt und Welt am Sonntag gedankt .
Ich danke Philipp Mattheis für den Kontakt zum Piper Verlag und Verena Sich für die schreibfördernde Ausgestaltung der Referendarwahlstation.
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