Mann Mit Grill Sucht Frau Mit Kohle
Augen verletzlich in die Kamera, als wollte sie sagen: »Nimm mich hart, aber tu mir nicht weh.« Vor mir steht nun eine Mischung aus dem Rumpelstilzchen in dem Film Werner â Beinhart! , einem Streifenhörnchen und: dem Sams. Wohlgemerkt: dem Sams nach zwölf Runden Boxen mit Lara Croft. Dass sie beim Friseur war, sieht man. Leider. Kein haselnussbraun, nirgends. Nur ein paar schwarz-blonde Strähnen im »Mandy-aus-Marzahn«-Style. Kind, wer hat dich nur so zugerichtet, will ich am liebsten fragen, verkneife es mir aber.
»Wenn du Abenteuer willst, dann folge mir in den Wald.« Haha.
Juristinnen zu daten ist ein heikles Geschäft. Eigentlich hätte ich es mir denken können. Denn das ist kein Date.
Verhandlungsort: Macondo Café, Boxhagener Platz, Berlin-Friedrichshain.
Zeit: 20 Uhr.
Vorsitzende Richterin: das Sams.
Schöffen Nr. 1: ein Pärchen aus Israel in der Ecke links, zwei Latte Macchiato (»Lieblingssatz: Oh my god, thatâs so awesome, thatâs cooo-oo-ool«).
Schöffe Nr. 2: ein Macbook-Hipster mit Bart und Palästinensertuch (kleines Pils), sitzend auf der groÃen Oma-Couch vor dem Klavier.
Schöffin Nr. 3: die Barfrau.
1. Aufruf der Sache, Personalien
Mir geht der Anfang aus Kafkas Der Prozess durch den Kopf: »Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.« Die Rolle des Ungeziefers aus der Novelle Die Verwandlung ist ja leider schon besetzt. »Name, Familienstand, Beruf?«, schallt es mir entgegen. Ich gebe mich ebenfalls als Jurist zu erkennen. Das hätte ich mal besser nicht tun sollen.
Das Sams fängt an zu überlegen. Sie legt den Kopf schief. Denkt sie jetzt etwas? Jedenfalls bewegt sich ihr mit Make-up zugegipstes Gesicht hinter der Maske ein wenig. Dann hellt sich die Maske auf. Sie fasst sich an den Kopf und ruft: »Krass!«, und »Das hätte ich jetzt nicht gedacht«, und »Das kann ich ja gar nicht glauben, dass du auch Jurist bist!«
GroÃer Tumult im Gerichtssaal (dem Schöffen Nr. 2 ist gerade das Bier auf die Tastatur gekippt).
2. Verlesung der Anklageschrift
Ich nehme einen Schluck aus dem Bierglas. Meine Verhörsperson bietet mir eine Zigarette an. »Du hast bei mir eine Zigarettenflatrate«, sagt sie und lächelt. Und: »Echt krass, kann das immer noch nicht glauben.« Verdammt, denke ich. Das machen gute Cops auch immer, wenn sie an Informationen wollen.
Dann wird mir der Tatvorwurf eröffnet: »Krass, dann kennst du ja die gleichen Leute wie ich, wenn du auch Referendar bist. Das hätte ich jetzt nicht gedacht! Okay, und mit wie vielen Kolleginnen hast du schon geschlafen?«
Da wird mir Gentleman der alten Schule und ehemaÂligem Messdiener doch tatsächlich schon wieder die massenweise Verführung von Kolleginnen zur Last gelegt.
3. Beweisaufnahme
»War natürlich mit allen im Bett«, sage ich ihr. Ein Geständnis im frühen Verfahrensstadium sollte meine SituaÂtion doch merklich verbessern, denke ich. Leider FehlÂanzeige. Jetzt will sie es ganz genau wissen: »Jetzt sag schon, wie viele? Und mit wem?« Dass es auf dieser Welt aufregendere Sachen geben könnte, als Sex mit angeÂhenden Juristinnen zu haben, die bei dem Paragrafenzeichen â anders als ich â sicher nicht an die Löffelchenstellung denken, scheint ihr nicht in den Sinn zu kommen. »Juristinnen haben doch Prinzipien. Die würden sich mit jemandem wie mir gar nicht einlassen. Kennst doch die Leute. Du warst jedenfalls noch nicht dabei. Glaube ich.« Ich versuche, mich mit einer Ehrenrettung für die Spezies aller aufstiegswilligen Mittelstandsmädchen mit Perlohrringen aus der Affäre zu ziehen.
4. Eine überraschende Wendung
Es gibt einen Grund, warum ich ungern Juristinnen treffe. Das Problem liegt darin, dass die meisten sich für ziemlich geistvoll halten, ihr Juristendasein aber nicht ablegen können. Letzteres ist aber absolute Grundvoraussetzung, um ein anregendes Gespräch zu führen. Denn wer in Tatbestand und Rechtsfolge denkt, kann sich nicht auf ein Gespräch einlassen, das von Andeutungen, doppelten Böden, Ironie, neckischem Nachfragen usw. lebt. Oder wie Balzac schreibt: »Krämerseelen können das elegante Leben nicht begreifen.«
Wer Jura studiert, will den Dingen auf den Grund gehen. Man lernt, jedes Wort
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