Mariannes Traenen
Stadler ?“, fragte sie erneut.
Rudolf nahm einen Schluck Wein. Dann setzte er sich auf und schlug die Beine übereinander, wie in einer Geschäftssitzung. Sein Blick ruhte für einen Moment in dem Weinglas, das er in Händen hielt. „Ich bin Ingenieur“, sagte er mit dem ihm eigenen Gleichmut.
„ Ingenieur?“, fragte Kathrin mit erstaunten, runden Augen. Und es klang zugleich ein wenig Enttäuschung in ihrer Frage mit.
„Na ja, so eine Art Ingenieur jedenfalls.“ Er schwenkte nachdenklich den Wein in seinem Glas, bevor er einen weiteren Schluck trank. „Ich habe einen Abschluß in Chemie und einen in Biologie“, erklärte er. „Und ein bißchen Ahnung von Elektronik auch.“
„ Oh! Und wo arbeitest du?“
„Ich arbeite nicht “, erklärte Rudolf lächelnd. „Ich lebe von dem Geld, das ich für meine Erfindungen bekomme.“
„Wie geht das denn ?“, wollte Konrad wissen. „Bist du freischaffender Erfinder? So eine Art Daniel Düsentrieb?“
Lachend schüttelte Rudolf den Kopf. „Ne in-nein, ganz so romantisch ist es leider nicht. Ich habe ein paar interessante Sachen erfunden und sie mir rechtzeitig patentieren lassen. Die Nutzungsrechte an den Patenten habe ich gegen Renten auf Lebenszeit an große Pharma-Unternehmen verkauft.“ Er sah auf zu Marianne. „Ich bin nicht reich, aber ich kann sehr gut davon leben.“
„Woher weißt du so genau, wie du eine so spröde und selbstbeherrschte Frau wie meine Mutter dazu bringen kannst, vor Lust zu winseln und sich vor uns allen aufzuführen wie eine rollige Katze?“
„ Kathrin!“, kam augenblicklich der Protest Mariannes. Konrad lachte laut auf, und auch Rudolf lächelte amüsiert. Aber Kathrin verzog keine Miene. Mit ihren großen, ernsten Augen schaute sie ihn an.
„Woher weißt du so gut mit einer Peitsche umzugehen? Wie konntest du Mama dazu bringen, diese …“, sie atmete tief durch, „diese ganze … Scheiße über sich ergehen zu lassen, ohne daß ihr eine Sicherung durchgeknallt ist? Ich meine …“
„Kathrin !“, unterbrach ihre Mutter sie erneut, doch diesmal auf sanft Weise. „Bitte, Liebes, tu Dir das doch nicht an.“
„Wieso nicht ?“, fragte Kathrin. „Ich mußte da gerade einmal durch, und war danach tagelang neben der Spur. Wie konnte er“, sie wies mit ausgestrecktem Arm auf Rudolf, „dich dazu bringen, das über eine Woche lang auszuhalten?“
„Kathrin!“ Marianne ließ ihre Bitte unausgesprochen. Stattdessen schlug sie den Blick zu Boden und kaute verlegen an ihrer Unterlippe.
„Und nach all dem, was diese … diese … Scheißkerle mit dir gemacht haben, läßt du dich nun von ihm anleinen, durch die Wohnung scheuchen wie ein Hund, und gehst dabei ab wie ein rotes Moped.“
Sie mußte selbst lachen über ihren albernen Vergleich. Die anderen stimmten ein, und auch über Mariannes Gesicht huschte ein zögerndes Lächeln.
„Stimmt doch “, protestierte Kathrin schließlich belustigt. „Mal ehrlich – du bist doch so schamlos geworden wie deine Tochter. Wie macht er das?“ Sie sah Rudolf an. „Wie machst du das, Rudolf Stadler? Wo hast du gelernt, so mit Frauen umzugehen?“
Rudolf bemerkte, daß nun auch Marianne ihn fragend ansah. Er schluckte und räusperte sich. „Oh je“, sagte er nur und kratze sich verlegen im Bart.
„Wo hast du gelernt, so mit Frauen umzugehen, Rudolf Stadler?“ Kathrin ließ nicht locker. „Hast du auf einer sauteuren, englischen Privatschule studiert, wo sie den Jungs nebenbei zeigen, wie man eine Frau schlägt?“, feixte sie.
Rudolf lachte und wand sich verlegen in seinem Sitz.
„Nun sag schon!“ Kathrin blitzte ihn an.
„Es war keine englische Privatschule “, erklärte er unter leisem Lachen. Er beugte sich vor, stellte sein Glas auf den Boden und stützte sich mit den Ellenbogen auf seine Knie. „Es stimmt, ich habe vorher schon andere Frauen gepeitscht. Und ich war über zehn Jahre mit einer Masochistin verheiratet.“
„Wieso war ? Bist du geschieden?“
„Kathrin, bitte! Sei doch nicht so indiskret !“, mischte sich Marianne vorsichtig ein, als fürchte sie sich vor der Antwort.
„ Indiskret?“, fragte Kathrin. „Also, indiskreter als er uns beide schon gesehen und erlebt hat, geht ja wohl kaum. Was heißt hier schon indiskret ?“
„Das hier ist … ist etwas anderes …“, wollte Marianne erklären, aber Rudolf fiel ihr ins Wort.
„Nein , Marianne. Laß sie nur fragen.“ Er sah sie an. „Du willst es ja auch wissen,
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