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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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gebeten, heute Abend alles in die Wege zu leiten. Ohne Babettes Meinung abzuwarten.
    Er lachte.
    »Internet, sagst du.«
    »Jeder wird sie lesen können, die verfluchten Listen.«
    »Schnauze, Idiot. Die Originale sind wo?«
    Ich zuckte die Schultern.
    »Sie hatte keine Zeit, es mir zu sagen, Blödmann. Deshalb waren wir hier.«
    Erneut Schüsse dort oben in den Felsen. Béraud lebte. Noch, zumindest.
    »Ja.«
    Er kam heran. Jetzt war er nur noch vier Schritte von mir entfernt. Seine Knarre direkt auf mich gezielt.
    »Du hast dein Messer wohl bei meinem alten Kumpel abgebrochen.«
    Er lachte wieder.
    »War es dir lieber, wenn ich dich auch aufschlitze, du Idiot?«
    Jetzt, sagte ich mir.
    Mein Finger auf dem Abzug.
    Schieß!
    »Lasst ihr mich ihn umbringen ... Ihr?«
    »Schieß, Herrgott noch mal!«, brüllte Mavros. Sonia stimmte ein. Und Félix. Und Babette. »Schieß!«, schrien sie. Fonfon, Wut im Blick. Honorine, die mich mit traurigen Augen ansah. »Zu Ehren der Überlebenden ... Schieß!«
    Montale, verdammt noch mal, bring ihn um! Bring ihn um!
    »Ich werde ihn umbringen.«
    »Schieß!«
    Sein Arm fiel langsam herab. Straffte sich. In Richtung auf meinen Schädel.
    »Schieß!«
    »Enzo!«, rief ich.
    Und ich schoss. Leerte das ganze Magazin.
    Er brach zusammen. Der namenlose Killer. Die Stimme. Die Stimme des Todes. Der Tod selbst.
    Ich begann zu zittern. Die Hand um den Griff der Knarre geklammert. Beweg dich, Montale. Beweg dich, bleib nicht dort. Ich stand auf. Ich zitterte immer mehr.
    »Montale!«, rief Béraud.
    Er war nicht mehr sehr weit. Wieder ein Schuss. Dann Stille.
    Béraud verstummte.
    Ich ging auf das Boot zu. Schwankend. Ich betrachtete die Waffe, die ich in der Hand hielt. Manus Waffe. Mit einem kräftigen Schwung schleuderte ich sie weit von mir, ins Meer. Sie fiel ins Wasser. Mit demselben Geräusch oder fast, aber in meinem Kopf machte sie dasselbe Geräusch wie die Kugel, die sich in meinen Rücken bohrte. Ich spürte die Kugel, aber den Schuss hörte ich erst später. Oder umgekehrt, zwangsläufig.
    Ich machte ein paar Schritte im Wasser. Mit der Hand fuhr ich über die offene Wunde. Das warme Blut an meinen Fingern. Es brannte. Innen. Der Brand. Wie das Feuer in den Hügeln gewann es Land. Die Hektare meines Lebens, die sich verzehrten.
    Sonia, Mavros, Félix, Babette. Wir waren verkohlte Wesen. Das Böse breitete sich aus. Der Weltenbrand ergriff den Planeten. Zu spät. Die Hölle.
    Aber ja, alles klar, Fabio? Alles klar, oder? Ja. Es ist nur eine Kugel. Ist sie wieder rausgekommen? Nein, verdammt. Es scheint nicht so, nein.
    Ich ließ mich ins Boot fallen. Der Länge nach. Der Motor. Losfahren. Ich fuhr los. Jetzt nach Hause. Ich würde nach Hause fahren. Es ist vorbei, Fabio.
    Ich griff nach der Flasche Lagavulin, entkorkte sie und setzte den Hals an meine Lippen. Die Flüssigkeit ging mir runter. Heiß. Das tat gut. Man konnte das Leben nicht festhalten, man konnte es nur leben. Was? Nichts. Ich war müde. Erschöpfung. Ja, schlafen. Aber vergiss nicht, Hélène zum Essen einzuladen. Sonntag. Ja, Sonntag. Wann ist Sonntag? Fabio, nicht einschlafen, verflucht. Das Boot. Steuer das Boot. Zu dir nach Hause, dort drüben. Les Goudes.
    Das Boot glitt aufs offene Meer. Jetzt war alles gut. Der Whisky tropfte mir vom Kinn auf den Hals. Ich konnte mich nicht mehr fühlen. Weder im Körper noch im Kopf. Ich hatte keine Schmerzen mehr. Überhaupt keine Schmerzen. Keine Ängste. Keine Angst.

    Jetzt bin ich der Tod.
    Das hatte ich gelesen ... Sich jetzt daran erinnern.
    Der Tod bin ich.
    Lole , willst du die Vorhänge nicht vor unserem Leben herunterlassen? Bitte. Ich bin müde.
    Lole , bitte.

Anmerkung des Autors

    Es muss wieder einmal gesagt werden. Nichts von dem, was Sie gelesen haben, hat jemals stattgefunden. Natürlich außer dem, was wahr ist und was man in der Zeitung lesen oder im Fernsehen sehen kann. Wenig, alles in allem. Und ich hoffe aufrichtig, dass die hier berichteten Geschichten an ihrem Platz bleiben: auf den Seiten dieses Buches. So weit, so gut. Nur die Stadt ist wirklich. Marseille. Und alle, die dort leben. Mit all ihren Leidenschaften. Was ich von meiner Stadt Marseille, immer auf halbem Weg zwischen Licht und Dunkel, berichte, ist einfach nur und immer wieder Widerhall und Erinnerung.
    Die in Solea vorgelegte Analyse der Mafia beruht hauptsächlich auf offiziellen Dokumenten, insbesondere auf dem Report »Vereinte Nationen, Weltgipfeltreffen über soziale

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