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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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hin und her ging. Sie war, in ein dickes Handtu ch gewik— kelt, aus dem Bad gekommen. Obgleich nicht sehr groß, war sie wohlproportioniert und hatte sehr schöne Beine. Dann war er wieder eingeschlafen. Ohne jede Angst.
    Der Abend war hereingebrochen. Lole trug ein schwarzes, ärmelloses Leinenkleid, schlicht, aber sehr kleidsam. Es schmeichelte ihren Formen. Er betrachtete erneut ihre Beine. Dieses Mal spürte sie seinen Blick.
    »Ich lasse dir die Schlüssel hier. Es ist noch heißer Kaffee da. Ich habe welchen nachgemacht.«
    Sie sagte nur, was offensichtlich war. Alles andere kam nicht über ihre Lippen. Er richtete sich auf und fischte eine Zigarette aus der Packung, ohne sie aus den Augen zu lassen.
    »Ich komme spät zurück. Warte nicht auf mich.«
    »Bist du immer noch Animierdame?«
    »Hostess. Im Vamping. Ich will nicht, dass du dort auftauchst und rumhängst.«
    Er erinnerte sich ans Vamping, auf der Höhe des katalanischen Strandes. Eine unglaubliche Einrichtung à la Scorcese. Die Sängerin und das Orchester hinter mit Pailletten besetzten Notenständern. Tango, Bolero, Cha-Cha-Cha, Mambo ...
    »Das hatte ich auch nicht vor.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe nie gewusst, was du vor - hast. « I hr Lächeln verbot jeden Kommentar. »Willst du Fabio treffen?«
    Mit dieser Frage hatte er gerechnet. Er hatte sie sich schon selbst gestellt. Aber er hatte die Idee wieder verworfen. Fabio war Polizist. Es war, als sei damit ein Strich unter ihre Jugend und Freundschaft gezogen worden. Trotzdem hätte er Fabio gern wieder gesehen.
    »Später. Vielleicht. Wie geht es ihm?«
    »Unverändert. Wie uns. Wie dir. Wie Manu. Verloren. Wir wussten nichts mit unserem Leben anzufangen. Ob Räuber oder Gendarm ...«
    »Du mochtest ihn gern, das stimmt.«
    »Ich mag ihn gern, ja.«
    Er fühlte einen Stich im Herzen. »Hast du ihn wieder gesehen?«
    »Seit drei Monaten nicht mehr.« Sie schnappte sich ihre Hand - tasche und eine weiße Leinenjacke. Er ließ sie immer noch nicht aus den Augen.
    »Unter deinem Kopfkissen«, sagte sie schließlich. Er konnte ihrer Miene ansehen, dass seine Überraschung sie amüsierte. »Alles andere findest du in der Schublade in der Anrichte.«
    Und ohne ein weiteres Wort ging sie. Er hob das Kopfkissen hoch. Die 9mm war da. Bevor er Paris verließ, hatte er sie Lole per Eilpost geschickt, denn in den Metros und Bahnhöfen wimmelte es von Bullen. Das republikanische Frankreich hatte beschlossen, das Land noch weißer zu waschen. Keine Einwanderer mehr. Der neue fran - zösische Traum. Falls er kontrolliert würde, wollte er keine Proble - me. Nicht dieses Problem. Falsche Papiere hatte er ohnehin.
    Die Pistole. Manu hatte sie ihm zum zwanzigsten Geburtstag geschenkt. Zu der Zeit war Manu schon auf die schiefe Bahn geraten. Er hatte sich nie von ihr getrennt, sie aber auch nie benutzt. Man bringt nicht einfach so jemanden um, nicht einmal in einer bedrohlichen Lage, was hin und wieder vorgekommen war. Es gab immer eine andere Lösung. So sah er es. Und er lebte noch. Aber heute brauchte er sie. Um zu töten.
    Es war kurz nach acht. Der Regen hatte nachgelassen, und als er aus dem Gebäude trat, schlug ihm die Hitze voll ins Gesicht. Nach einer ausgiebigen Dusche war er in eine schwarze Leinenhose, ein schwarzes Polohemd und eine Jeansjacke geschlüpft. Seine Mokas - sins hatte er wieder angezogen, aber ohne Socken. Er ging durch die Rue du Panier.
    Dies war sein Viertel. Hier war er geboren. In der Rue des Pe-tits-Puits, zwei Häuserblocks vom Geburtsort des Barockbildhauers Pierre Puget entfernt. Als sein Vater nach Frankreich kam, hatte er zunächst in der Rue de la Charité gewohnt. Sie waren vor dem Elend und vor Mussolini geflohen. Sein Vater war damals zwanzig Jahre alt und hatte zwei Brüder im Schlepptau —nabos, Nea - politaner. Drei weitere hatten sich nach Argentinien eingeschifft. Sie machten die Arbeit, für die die Franzosen sich zu schade waren. Sein Vater ließ sich für einen Hungerlohn als Hafenarbeiter anwerben. Sie wurden als »Hafenköter« beschimpft. Seine Mutter schuftete vierzehn Stunden am Tag in der Dattelfabrik. Abends trafen sich die nabos und babts, die aus dem Norden, auf der Straße. Stühle wurden vor die Tür gestellt. Man unterhielt sich von Fenster zu Fenster. Wie in Italien. Gar nicht so übel, das Leben.
    Sein Haus erkannte er nicht wieder. Es war wie die anderen renoviert worden. Er ging weiter. Manu stammte aus der Rue Baussenque. Aus einem

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