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Marx, my Love

Marx, my Love

Titel: Marx, my Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CHRISTINE GRÄN
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Hauptrolle. Ein Unternehmen, dessen grandioses Scheitern programmiert ist. Wissen Sie, was Rosi dazu gesagt hat? Nur über meine Leiche. Sie erschien mir so verdammt unsterblich, dass ich es immer noch nicht fassen kann.«
    Anna reichte ihm ihre Visitenkarte. »Wenn Sie mal eine Detektivin brauchen…«
    »Dann ruf ich Sie an«, rief Mackeroth ihr nach, als sie bereits ausgestiegen war. Dann gab er Gas und fuhr ein paar Meter bis zum nächsten Auto, das ihn zum Bremsen zwang.
    Das Motorengeräusch erschreckte ein kleines Mädchen in einem Kinderwagen. Es begann zu weinen. In das Geheul mischten sich die Klänge eines Presslufthammers. Anna wechselte die Straßenseite und ignorierte das wütende Hupen eines Autofahrers. Sie war ein schlechtes Vorbild für Kinder. Ihr beschwingter Gang und die rote Mähne erregten die Aufmerksamkeit von Bauarbeitern, die ihr hinterherpfiffen. Sie drehte sich um und lächelte. Noch war nicht alles verloren. Acht Tage blieben ihr noch, um der Welt zu sagen, dass sie irgendwie, irgendwo auf der falschen Seite der vierzig gestrandet ist. Das Eat the Rich war ein paar Schritte entfernt, als sie Sibylle sah, die aus einem Taxi stieg. Sie wirkte wie eine Traumwandlerin und nahm Anna erst zur Kenntnis, als diese laut ihren Namen rief.
    Jetzt sitzt Anna Marx in der Toilette, in der Rosamunde starb. Ein großer Raum, der Platz für mindestens zwei Menschen bietet. Die Toilettenbürste hatten sie durch ein Nullachtfünfzehn-Modell ersetzt, allerdings auch in edlem Grau wie die Fließen und die Klobrille. Alles, was es an Blut gab, war spurlos entfernt worden. Und es muss viel gewesen sein. Wäre der Täter nicht blutbespritzt an den Tisch zurückgekommen?
    Anna hat die Tür verschlossen und festgestellt, dass das Schloss ein wenig klemmt. Rosi ließ die Tür offen, vielleicht aus diesem Grund. Aber es waren ja auch andere Frauen im Lokal, und sie konnte nicht sicher sein, dass sie allein blieb. Die Toilette ist eines dieser modernen Konstrukte, bei denen der Spülknopf so gut getarnt ist, dass man ihn erst nach längerem Suchen entdeckt. Möglich, dass Rosi gerade spülte, als der Täter herein kam. Sie hörte ihn nicht. Oder sie…
    Anna kniet vor die Toilette und schließt die Augen. Im Vorraum, der mit Blumen geschmückt und edlen Toilettenartikeln ausgestattet ist, liegt ein dicker, grauer Teppich. Er hat die Schritte gedämpft. Dann öffnete jemand diese Tür. Hat sie sich umgedreht? Noch etwas gesagt? Er oder sie muss sich gebückt und an ihr vorbeigegriffen haben, um die Toilettenbürste zu fassen. Wenn sie da stand, wo das Ersatzmodell heute ist. Rosi hätte aufspringen, sich wehren können. Dass sie es offenbar nicht tat, spricht dafür, dass sie die Person kannte. Sich vor ihr weder fürchtete noch sich schämte. Was für eine Frau spräche.
    Anna kann sich nicht vorstellen, dass man sich in eine Toilettenschüssel erbricht, während ein Mann zusieht. Außer wenn es der Ehemann ist, den man so verachtet, dass nichts mehr peinlich ist. Faust. Der Tragödie letzter Teil.
    Danach ging er zurück an den Tisch. Die Tat ist alles, nichts der Ruhm.
    Sie hat Jacob Lenz in einer dieser Talkshows gesehen, in der er ausgiebig Faust zitierte. Unsäglich eitel, und nur noch übertroffen von dem Moderator, der vor Mitgefühl beinahe sabberte. Am Ende sangen sie gemeinsam Rosamundes Lieblingssong: My Way von Frank Sinatra. Und Anna hatte das dringende Bedürfnis nach einem großen Glas Whisky, um den schlechten Geschmack hinunterzuspülen. Ein Schmierenkomödiant. Ein Mörder? Sie wünscht es sich beinahe, doch die Fakten stimmen selten mit Annas Sehnsüchten überein.
    Wenn es jemand war, der nicht zur Tischgesellschaft gehörte, war es ein Leichtes, durch die Hintertür zu verschwinden. Sie hat Mackeroths Angaben überprüft, dieses Mal war die Tür nach draußen sogar offen, weil gerade eine Lieferung anstand. Harry, der die Gelegenheit ergriff, seine gesammelten Niederlagen in einen Sieg zu verwandeln?
    In den Zeitungen schreiben sie, dass die Polizei einige »heiße Spuren« verfolge. Was gar nichts heißen muss. Der »Toilettenmord« war ein gefundenes Fressen für die Journaille, Rosi Stark wurde post mortem zur größten Produzentin aller Zeiten, und das Lokal boomt wie nie zuvor. Der köstliche Hauch des Todes, den sie einatmen, wenn sie aufs Klo gehen. Der entzückende Schauer, noch einmal davongekommen zu sein…
    »Wollen Sie hier übernachten?«
    Jemand rüttelt am Türschloss, und Anna

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