MASH
fragte Captain Pierce, als er Captain Forrest am Jeep gegenüberstand.
»Ich glaube ja«, sagte Captain Forrest.
»Dann steigen Sie ein.«
»Wer fährt?«
»Knobeln wir«, sagte Captain Pierce. Er öffnete seinen Kleidersack, wühlte drinnen herum und zog einen Golfschläger hervor, den er Captain Forrest reichte.
»Werfen Sie.«
Captain Forrest warf den Schläger senkrecht in die Luft. Geschickt griff Captain Pierce mit der Linken nach der Schlaufe des Schlägers. Captain Forrest legte seine linke Hand auf die Linke seines Gegners. Captain Pierce griff mit der Rechten zu und Captain Forrest fuchtelte mit der rechten Hand sinnlos durch die Luft.
»Pech«, sagte Captain Pierce. »Man soll immer nur den eigenen Schläger benützen.«
Mehr sagte er nicht. Sie stiegen in den Jeep. Während der ersten fünf Meilen wechselten sie kein Wort. Schließlich brach Captain Forrest das Schweigen.
»Was sind Sie denn überhaupt?« fragte Captain Forrest. »Ein Spinner?«
»Möglich«, sagte Captain Pierce.
»Ich heiße Duke Forrest. Und Sie?«
»Hawkeye Pierce.«
»Hawkeye Pierce? Was ist denn das für ein blöder Name?«
»Mein Alter hat in seinem ganzen Leben nur ein einziges Buch gelesen:
›Der letzte Mohikaner‹«, erklärte Captain Pierce.
»Oh«, sagte Captain Forrest. Dann: »Wo kommen Sie her?«
»Crabapple Cove.«
»Wo liegt denn das Drecksnest?«
»In Maine. Und Sie?«
»Forrest City.«
»Und wo liegt das Drecksnest?«
»Georgia«, sagte Duke.
»Himmel, ich muß was trinken.«
»Ich hab' was«, sagte Duke.
»Selbst gebrannt oder echt?«
»Wo ich herkomme, ist er nur echt, wenn man ihn selber brennt«, sagte Duke Forrest, »aber den habe ich bei der Yankeeregierung gekauft.«
»Dann kann man's ja mal probieren.«,
Captain Pierce fuhr an den Straßenrand und hielt den Jeep an. Captain Forrest fischte die Flasche aus seinem Kleidersack und entkorkte sie. Sie saßen schweigend nebeneinander, starrten die Straße zwischen den Reisfeldern an, auf denen jetzt der Novemberreif lag, ließen die Flasche hin und her gehen und redeten.
Duke Forrest erfuhr, daß Hawkeye Pierce verheiratet war und zwei kleine Söhne hatte, und Captain Pierce hörte, daß Captain Forrest verheiratet war und zwei kleine Töchter hatte. Sie entdeckten, daß sie ungefähr die gleiche Ausbildung und Praxis hatten und jeder stellte ungemein erleichtert fest, daß der andere sich nicht für einen hervorragenden Chirurgen hielt.
»Hawkeye, ich muß sagen, das ist wirklich erstaunlich«, bemerkte Captain Forrest nach einer Weile.
»Was ist erstaunlich?«
»Überleg doch, ich komme aus Forrest City, Georgia, und du bist ein Yankee aus diesem Horseapple ...«
»Crabapple.«
»... Crabapple Cove in Maine, und trotzdem haben wir so vieles gemeinsam.«
»Duke«, sagte Hawkeye, hielt die Flasche hoch und bemerkte, daß sie bereits halb leer war, »wir haben nicht mehr soviel gemeinsam wie zu Beginn.«
»Dann wollen wir mal«, sagte Duke.
Sie fuhren in nördlicher Richtung. Nur das Motorengeräusch des Jeep zerschnitt die Stille. Kalter Regen hatte eingesetzt und hüllte die beinahe kahlen Berge zu beiden Seiten des Tales in graue Schleier. Sie kamen nach Ouijongbu, einem kleinen, halbverfallenen Ort mit einer schlammigen Hauptstraße voll Touristenattraktionen. Die hervorstechendste lag am Nordende des Dorfes und nannte sich ›Das berühmte Autofahrerbordell‹.
Dieses Bordell lag ganz ausgezeichnet, nämlich an der einzigen Hauptverbindung zwischen Seoul und den Frontlinien. Angeblich war es sehr gut, da sämtliche Lastwagenfahrer dort einkehrten. Sein Kundendienst war einzigartig, und es trug trotz aller Gegenmaßnahmen des US-Sanitätscorps wesentlich zur Verbreitung von Geschlechtskrankheiten bei. Das Bordell bestand aus einem halben Dutzend Lehm- und Bretterbuden, über denen ein Schild mit der Inschrift hing: »Letzte Gelegenheit vor Peking.« Von der mittleren Hütte wehte stolz die amerikanische Flagge. Die winkenden Damen trugen die buntesten Gewänder, die der Sears-Roebuck-Versandkatalog zu bieten hatte. Ohne Rücksicht auf das Wetter standen sie am Straßenrand. Viele Fahrer, die häufig die Strecke zwischen Front und Etappe zurücklegen mußten, holten die Mädchen lieber zu sich in den Lastwagen, statt sich auf das schmutzige Stroh und die schmierigen Matratzen in den Hütten zu legen.
»Brauchst du was von da?« fragte Hawkeye, da Duke salutierte und nickte, während der Jeep zwischen den winkenden, rufenden
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