MASH
Koreafront waren kaum Schüsse gefallen. Verletzungen gab es nur durch Unfälle mit Jeeps oder wenn Soldaten auf der Suche nach Fasanen und Rotwild in die Minenfelder liefen. Hawkeye und Duke hatten die unteren Extremitäten und Unterleibsverletzungen der Jäger mit gewohnter Überlegenheit behandelt. Hatten sie es jedoch mit Brustbeinfrakturen und mehrfachen komplizierten Rippenbrüchen der Jeepfahrer zu tun, dann bedauerten beide ihre mangelnde Erfahrung in der Thoraxchirurgie.
»Richtig«, sagte Duke zum Colonel. »Sie sollten uns wirklich einen Lungenflicker bestellen.«
»Macht euch keine Illusionen. Trinkt lieber euer Bier«, sagte Henry.
»Wir haben uns gedacht, Sie könnten vielleicht zwei oder drei medizinisch verbildete Stümper, die sich hier 'rumtreiben, gegen jemand eintauschen, der sich auch im Sperrfeuer in der Lungenanatomie auskennt«, sagte Hawkeye.
»Wissen Sie, was mir der General auf einen solchen Vorschlag antworten würde? ›Bildet ihr euch ein, am Walter Reed Hospital zu sein?‹« sagte der Colonel.
»Wir tasten uns durch wie die Blinden«, sagte Hawkeye.
»Bisher hatten wir einfach Glück«, sagte Duke.
»Reden wir nicht mehr davon«, sagte Henry. »Wie schmeckt das Bier?«
»Lenken Sie nicht ab«, sagte Hawkeye. »Wir haben hier mehr Fälle von Thoraxtraumen als jedes Spital in den Staaten, Und wir brauchen jemand, der ehrlich was davon versteht. Wir lernen zwar ständig dazu, aber es reicht nicht. Das wissen Sie genausogut wie wir.«
»Richtig«, sagte Duke.
»Reden wir nicht mehr davon«, sagte Henry. »Wenn übrigens Hobson nicht mehr in Ihrem Zelt ist, könnten Sie sich mehr um die Kranken in der Vorbehandlung kümmern.«
Es war üblich, daß sich die diensthabenden Chirurgen, wenn sie nicht eben operierten, im Vorbehandlungszelt aufhielten. An ruhigen Tagen war das überflüssig. Die Ankunft von Verwundeten war immer im voraus bekannt. Da sich niemand weiter als dreihundert Meter vom Lager entfernen konnte, war jeder Arzt in wenigen Minuten zur Stelle.
Major Hobson allerdings hatte das nie begriffen. Da er formell der Leiter der Tagesschicht war, hatte er den Captains Pierce und Forrest den sinnlosen Bereitschaftsdienst aufgebürdet, als sie seinem Turnus zugeteilt worden waren. Hawkeye und Duke waren nie zum Dienst erschienen, sondern hatten verkündet, daß sie zumeist beim Pokern im Zelt des Schmerzlosschinders anzutreffen seien. Dort standen Captain Waldowski aus Hamtramck, Michigan, und das Zahnärztliche Corps allen Besuchern Tag und Nacht mit Karten, Bier und schmerzlosen Extraktionen zur Verfügung.
»Ich weiß nicht, Henry«, sagte Hawkeye jetzt. »Das ist ziemlich viel verlangt, aber wenn Sie uns den Lungenflicker beschaffen ...«
»Raus!« sagte Henry. »Trinkt aus und verschwindet!«
Wenn sie nicht pokerten, waren Hawkeye und Duke meist in ihrem Zelt.
An jenem Nachmittag herrschte knapp nach dem Lunch Ruhe. Hawkeye war beim Pokern, aber Duke hatte sich ins Zelt zurückgezogen, das ihnen jetzt allein gehörte. Er lümmelte auf seiner Pritsche, balancierte eine Schreibunterlage auf den Knien und schrieb den täglichen Brief an seine Frau. Er war völlig in diese mühevolle Tätigkeit vertieft, als Major Hobson ins Zelt stürmte und Captain Forrest unverzüglich in die Vorbehandlung befahl.
»Sind denn Patienten dort?« fragte Duke.
»Das spielt keine Rolle«, versetzte der Major streng.
»Wenn es keine Patienten gibt, bleibe ich hier.«
»Sie gehen sofort in die Vorbehandlung!« brüllte der Major. »Das ist ein Befehl.«
»Scheren Sie sich 'raus«, sagte Duke friedfertig.
Der Major stürzte sich wie ein rächender Engel auf ihn. Duke war ein geübter Fußball-Verteidiger. Er schnellte hoch und im nächsten Augenblick lag Major Hobson eineinhalb Meter vor der Zelttür im Schneematsch.
»Was Dümmeres hätte dir nicht einfallen können«, sagte Hawkeye, als er von dem Zwischenfall erfuhr. »Das setzt Stunk.«
Wie erwartet, tauchte Minuten später Colonel Blake auf und knallte die Tür hinter sich zu.
»Jetzt reicht es mir aber!« brüllte er, hochrot im Gesicht und zutiefst über die Befehlsmißachtung erbittert. »Ich bringe Sie vors Kriegsgericht.«
»Henry«, sagte Hawkeye, »ich hatte damit nichts zu tun. Das hat der beschränkte Südstaatler ganz allein verbrochen. Allerdings beteilige ich mich liebend gern an den Folgen. Wo findet denn das Kriegsgericht statt?
In Tokio oder vielleicht in San Francisco?«
»San Francisco, das könnte Ihnen so
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