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Schattengesicht (quer criminal) (German Edition)

Schattengesicht (quer criminal) (German Edition)

Titel: Schattengesicht (quer criminal) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Wagner
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I - Nummer 13
    Eine Jeans, ein Pullover, ein T-Shirt, eine Wetterjacke.
    Drei Schlüpfer, drei Unterhemden, zwei Paar Socken.
    Ein Paar Freizeitschuhe, ein Paar Hausschuhe.
    Drei Handtücher, ein Geschirrtuch, zwei Taschentücher.
    Ein Teller, eine Schüssel, eine Tasse, eine Kanne, ein Salzstreuer, eine Frischhaltedose, ein Satz Besteck.
    Ein Kissen, ein Kissenbezug, zwei Wolldecken, ein Bettlaken, ein Bettdeckenbezug.
    Ein Schlafanzug.
    „Unterschreiben Sie hier!“
    - - -
    In Flugzeugen gibt es keine dreizehnte Reihe. Die Deutsche Bahn hat keinen Waggon mit der Nummer 13. Und in keinem der Hotels, in denen ich gearbeitet habe, gab es ein Zimmer 13. Auf das zwölfte folgte gleich das vierzehnte.
    Wie seltsam also, dass – als ich von der Kammer komme, wo ich meine Sachen abgegeben und neue bekommen habe, einen ganzen Arm voller fremder Sachen – ich vor einer Tür mit der Nummer 13 stehe. Dass man mir aufschließt. Ich trete ein, die Tür fällt ins Schloss, ich bin allein. Ich werfe die Sachen aufs Bett und gehe sofort hinüber zum Fenster.
    Man sieht den Hof, den Rasen, die Wäscherei und die angrenzenden Wirtschaftsgebäude. Darüber der Himmel wie ein aufgehängter Lappen. Kein ruhiges, gleichmäßiges Grau, sondern so ein Drecksgrau. So ein Waschmaschinenabwassergrau, wenn es aus dem Schlauch ins Waschbecken schießt.
    Ich drehe mich um. Der Blick hat nicht viel Platz zum Herumstreifen. Zwei mal vier Meter. Ein Bett, ein Tisch, ein Stuhl, ein schmaler Metallschrank, ein Standregal. Der Boden ist gefliest. Die Fliesen haben die gleiche Farbe wie die Haut starker Raucher.
    Polly ist nicht hier. Wäre sie jetzt da, würde sie zuerst die kleine runde Plastikplakette mit der eingestanzten schwarzen 13 von der Tür abmontieren und stattdessen mit Tesa einen Zettel rankleben: 12 A.
    Polly fehlt mir. Sie fehlt mir wie verrückt. Ich halte mich am Fensterbrett fest und lege die Stirn gegen die Scheibe. Schließe die Augen. Polly. Polly. Polly.
    - - -
    Als es klopft, zucke ich zurück und fahre herum. Ich habe nicht einmal Zeit, meinen Gesichtsausdruck zu wechseln, schon geht die Tür auf, und eine Frau, die ich nicht kenne, steht im Raum. Ich wische mir kurz übers Gesicht.
    „Milana Helmholz?“
    Ich sage nichts, nicke auch nicht, ich sehe sie einfach an.
    „Ich bin Frau Hartwig.“ Sie kommt auf mich zu, hebt mir ihre Hand entgegen, drückt meine. „Frau Klemm und Frau Zenker zeigen Ihnen die Bücherei, die Waschküche und die Kantine. Kommen Sie.“
    - - -
    Der Gang ist beige. Rechts gehen Türen ab. Sie sind klinkenlos und aus Stahl. Es riecht nach Sagrotan.
    Die Bücherei besteht aus einer Regalwand. Das Holz ist rissig. Man bleibt mit dem Ärmel hängen, wenn man zu dicht daran vorbeigeht. Die Bücherei ist einmal wöchentlich geöffnet.
    Es stehen nur Schmöker drin. Zerlesene Taschenbücher und alte, schwere Schinken. Ich lasse meinen Blick über die Kategorien streifen, die jemand mit Kuli auf gelbe Zettelchen geschrieben und an den Regalbrettern befestigt hat: Heimat. Liebe. Natur.
    „Ich bin wegen Betrug hier“, sagt die, die Ilka heißt. Sie erzählt es, ohne dass ich danach gefragt habe. „Sandra wegen schwerer Körperverletzung.“
    Ich sehe kurz auf Sandra. Sie ist vielleicht einsfünfundsechzig, hat schwarze Locken, schulterlang, ein fleischiges Gesicht, ihre Augen sind wach und beweglich. Ihr Körper wirkt zusammengestaucht, dicht, schwer. Sandra sieht so aus, als würde da, wo sie hinschlägt, so schnell nichts nachwachsen.
    „Es war Notwehr“, sagt Sandra. „Er hat es so hingebogen, als ob ich ihn absichtlich angegriffen hätte.“
    „Und … hast du?“, frage ich.
    „Erst als sie keine Luft mehr bekommen hat“, sagt Ilka.
    An der Leichtigkeit, mit der sie die Sätze hin- und herspringen lassen, merke ich, dass sie dieses Gespräch nur für mich führen. Sie wissen all diese Dinge längst voneinander. Es ist ihre Art, sich vorzustellen. Ihre Art, mich aufzunehmen. Es mir zu erleichtern, hier anzukommen .
    Ankommen – das Wort klingt nach einer Reise, die nach Strapazen und Abenteuern endlich dahin führt, wo man hinwollte. Kurz geht mein Blick aus dem Fenster, in den zerwühlten Himmel, rutscht ab und prallt gegen die Mauer, die unser Gelände hier umzieht. Früher war es ein Klostergelände. Aus irgendeinem Grund denke ich Heimat, Liebe, Natur, drehe mich um und sage: „Okay, jetzt die Waschküche.“
    Später haben sie mir noch die Kantine gezeigt. „Drei von uns können

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