Matti & Dornröschen 01 - Das Dornröschen-Projekt
Frau«, murmelte Matti, der es nun als Männerkumpel versuchte. Ülcan war unzufrieden, Matti tauschte Schichten, machte blau, mit und ohne Entschuldigung, was Ülcan aber egal war, er war schließlich nie krank. »Ich hol’s nach«, murmelte Matti demütig.
Ülcan war verblüfft, so kannte er Matti nicht. Es war also was Ernstes, eine Frau eben, das hieß Stress, Streit, Gezicke, die Sache mit dem verehrten Kemal Atatürk hatte auch ihre Kehrseite. Ülcan fühlte sich fast geschmeichelt, dass Matti einen Grund für seine Unzuverlässigkeit andeutete. Eine Frau, wenn Matti das rausrückte, dann steckte er in einer schweren Krise, ausgelöst durch die peinigende Macht der Frauen über die Männer. Die Welt war voller Ungerechtigkeit, aber die größte war, dass Männer Frauen begehrten und sich nicht dagegen wehren konnten. Das machte sie zu Spielbällen weiblicher Launen, Ülcan kannte das zu gut. Er saß ja nicht immer so lange in seiner Bude, weil er arbeiten musste. Vielleicht arbeiteten Männer wie er nur deswegen so viel und starben nur deswegen früher als die Frauen, weil sie ewig auf der Flucht waren und doch immer wieder zurückkommen mussten, als wären sie mit unsichtbaren Stahlseilen an die Frauen gekettet. So genau hatte er die Sache noch nie durchdacht, und er war Matti dankbar, ihn auf diese Spur gesetzt zu haben. »Bring das in Ordnung, bald«, brummte er. Aber dann zeigte sich gegen seinen Willen doch ein mildes Lächeln in seinem Gesicht. Ein paar Augenblicke nur.
Matti rief sie aus dem Taxi an, und sie verabredeten sich im Schwarzen Café in der Kantstraße. Er parkte das Taxi direkt vor dem großen Fenster mit dem bunten Neonpapagei. Sie saß schon in der Ecke, als er hineinkam und sich erst einmal an die Dämmerung gewöhnen musste, die nur Kerzen auf den Tischen und ein paar funzlige Lampen an den Wänden aufhellten. Es war ziemlich voll, viele Typen mit Bärten und wilden Haaren. Künstler, Schriftsteller und solche, die es sein wollten.
Sie blieb sitzen, als er sie mit einem Kuss auf den Mund begrüßte. Ihr Mund war kalt und blieb geschlossen. Kaum saß er, sagte sie: »Ich mach mir Sorgen.«
»Warum?«
Die Kellnerin stand am Tisch. Er bestellte einen Milchkaffee, sie einen Chianti. Als die Kellnerin abgezogen war, sagte sie mit ernster Miene: »Du machst irgendeinen Scheiß, stimmt’s?«
»Wie kommst du darauf?«
»Du oder ihr seid immer noch hinter diesem … Entenmann her.«
»Nein«, sagte Matti. Irgendwie stimmte es auch, wenigstens ein bisschen. Denn jetzt würde der Typ vielleicht wieder hinter ihnen her sein. Je nachdem, wie er sich entschied, wie er die Beweise bewertete, die sie tatsächlich oder angeblich hatten.
»Lüg mich nicht an!« Über ihrer Nase vertiefte sich eine Falte.
Warum war sie plötzlich so energisch? »Was ist denn los?«
»Das ist gefährlich.«
Er zögerte. »Nicht so schlimm.«
»Aber ich darf dich nicht besuchen?«
»Du darfst mich besuchen.«
»Stell dich nicht dumm, ich hatte die ganze Zeit … Wohnungsverbot.«
»Ist aufgehoben.«
»Seid ihr wieder in der Okerstraße?«
Die Kellnerin brachte die Getränke.
»Ja. Ich habe doch gesagt, Twiggy und Dornröschen hatten beschlossen, dass absolut niemand diese andere Adresse kennen durfte. Die Ausweichwohnung stand unter Quarantäne oder so.«
»Und daran hältst du dich?«
»Klar, ist die Mehrheit.«
»Du lässt dir also Besuch verbieten, sogar den von deiner Geliebten.«
Er zögerte. Irgendwie hatte sie recht. Und dass er log, bedrückte ihn. Aber er musste sie aus der Sache heraushalten. Sie konnte ihren Job verlieren, wenn sie mit hineingezogen würde, wenn auch nur der Verdacht aufkam, sie sei in diesen Mist verwickelt. Sie konnte sogar mehr verlieren als ihren Job. Ihm wurde flau, er trank von seinem Kaffee, und ihm wurde noch flauer.
»Wenn du das so sehen willst. Es ist eine gefährliche Sache. Die Typen haben Norbi und Konny ermordet, und man könnte auf die Idee kommen, die Bullen schützen die, denn von Norbi hört man nichts mehr, und Konny soll aus Spaß in ein Auto gelaufen sein.«
»Dann hört auf. Lasst es sein. Die sind stärker als ihr, und wenn die sogar die Bullen auf ihrer Seite haben, dann habt ihr keine Chance. Die bringen euch auch um.«
»Das geht nicht mehr«, sagte Matti.
»Was heißt, das geht nicht mehr.«
»Wenn einem von uns was passiert, dann steht der Erpel in der Zeitung und im Internet.«
»Ihr erpresst ihn also.«
»Wir haben ihm ein Geschäft
Weitere Kostenlose Bücher