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Matti & Dornröschen 01 - Das Dornröschen-Projekt

Matti & Dornröschen 01 - Das Dornröschen-Projekt

Titel: Matti & Dornröschen 01 - Das Dornröschen-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Der Chef war gehfaul wie kaum ein Zweiter. Matti öffnete den Metallverschluss und schaute hinein, dann durchsuchte er mit der Hand die Fächer. Eine Berliner Zeitung , ein in Leder gebundenes Notizbuch, ein Flachmann. Dann stieß seine Hand auf etwas Kantiges und zog es heraus. Eine Hülle für CD s oder DVD s, er öffnete sie und sah eine unbeschriftete DVD . Er schaute sie eine Weile an, als könnte er ihr ansehen, was sie gespeichert hatte. Dann klappte er die Hülle wieder zu und hielt sie in der Hand. Er drehte und wendete sie, aber auch auf der Hülle war nicht das geringste Zeichen. Nachdem er eine Weile nachgedacht hatte, was er tun sollte, und als die Neugier die Furcht vor etwas, das er nicht beschreiben konnte, besiegt hatte, behielt er die DVD in der Hand und stellte die Aktentasche hinter den Fahrersitz. Er ging zurück zum Büro und warf, bevor er es betrat, die DVD in die Satteltasche seines Fahrrads. Dann hängte er den Schlüssel an den Haken. Ülcan war in die Sportseiten der Milliyet vertieft.
    Draußen stieg Matti aufs Rad. Dessen Sattel war zwar so weit wie möglich herausgezogen, doch fuhr er ein wenig breitbeinig aus der Ausfahrt. Am U-Bahnhof Boddinstraße kaufte er einen Sechserpack Astra-Pils. Von da waren es nur noch ein paar Minuten zur Okerstraße 34c, wo er seit vielen Jahren im vierten Stock in seiner WG lebte, fast direkt am Zaun des Tempelhofer Flughafens. Aber der lärmte nicht mehr, seit der Flugbetrieb eingestellt war. Die WG lag in einem der Berliner Nachkriegsmietshäuser, und sie war insoweit exotisch, als es in der Szene hieß, dass hier niemand wohne. Die Gegend war nicht angesagt, aber das juckte die Okerstraßen- WG nicht die Bohne.
    Matti schob das Fahrrad durch den Gang in den Hinterhof und kettete es an den Fahrradständer. Dann nahm er den Sechserpack in die eine und die DVD in die andere Hand und stieg die Treppen hoch. Das Treppenhaus war seit einigen Jahrhunderten nicht renoviert worden, die grauschwarz gesprenkelte Steintreppe war verdreckt, die Wände waren verschmiert mit mehr oder weniger obszönen Kritzeleien. Im zweiten Stock dröhnte eine Prolltalkshow, dem Geschrei nach zu urteilen. Im dritten Stock hörte Matti Nirvana, im vierten war es still. Er klemmte sich die DVD unter den Arm, an dem der Sechserpack hing, und schloss die Tür mit der eingelassenen Milchglasscheibe auf. Rechts im Flur eine Garderobe mit Haken, Buchenholzfurnier, die Matti gleich nach dem Einzug an die Wand gedübelt hatte. Die Haken waren doppelt und dreifach behängt mit Jacken und Mänteln. Vom langen Flur gingen seitlich die Zimmer von Dornröschen, Matti und Twiggy sowie das Badezimmer ab, die Tür zur Küche am Ende des Gangs stand offen. Es roch nach Zigarettenrauch und Knoblauch. Matti trug den Sechserpack in die Küche, riss ihn auf und stellte drei Flaschen in den alten Bosch-Kühlschrank, in dem diesmal genug Platz war, weil Twiggy noch nicht zurück war vom Einkaufen.
    In der Mitte der Küche stand ein Tisch mit einer rot geblümten Wachsdecke, darauf wartete das Geschirr von Twiggys und Dornröschens Frühstück, abgewaschen zu werden. Ein eiliger Blick auf den Küchenplan bestätigte Matti, dass Dornröschen dran war. Von einem unter den Tisch geschobenen Stuhl hing schlaff der schwarz-weiße Schwanz von Robespierre hinunter, unter Freunden Robbi genannt, der gerade von Thunfischkatzenfutter träumte.
    Matti füllte Kaffeepulver und Wasser in die Maschine und schaltete sie ein. Dann schaute er nach, ob genug Trockenfutter in Robbis Schälchen war, und schüttete etwas nach. Das Geräusch ließ Robbis Schwanz eine Pirouette tanzen. Matti tauschte auch das Wasser aus, setzte sich an den Tisch, hörte der Kaffeemaschine beim Blubbern zu und blätterte in der taz . Als er wieder bei Puste war, ging er in sein Zimmer und schaltete den PC ein. Während der Computer hochfuhr, schaute Matti zum Fenster hinaus, das machte er immer, wenn er bei Tageslicht nach Hause kam. Im Hof spielten Kinder. Eine Frau schob einen Kinderwagen, der mit Einkaufstaschen behängt war. Die Sonne verschwand grell hinter den Dächern. Er schaltete das Licht ein. An der Wand neben der Tür stand sein Bett, darauf eine Indiodecke, in deren Farbgemisch Rot überwog. An der gegenüberliegenden Wand die Leselampe mit dem biegbaren Hals und dem hellroten Schirm. In einer Ecke ein alter Sessel, den er auf dem Sperrmüll gefunden hatte und den sie alle drei unter Verfluchungen hinaufgeschleppt hatten. Als der PC

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