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Matti & Dornröschen 02 - Tod in Kreuzberg

Matti & Dornröschen 02 - Tod in Kreuzberg

Titel: Matti & Dornröschen 02 - Tod in Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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im Kofferraum die alte Lederjacke, die er auf dem Flohmarkt gekauft hatte. Aber sie lag nicht drin. Er fuhr zum Taxistand in der Bevernstraße, am U-Bahnhof Schlesisches Tor. Fünf Wagen warteten vor ihm. Er kramte in der Mittelablage. Unter dem zerfledderten Konfuziusband lag das Büchlein mit Texten von Laotse, das er für einen Euro im Antiquariat in der Wrangelstraße gekauft hatte. »Lass fahren die Klügelei, verwirf die Spitzfindigkeit«, las er. Und: »Wer in sich ruht, macht das Trübe rein.« Offensichtlich ruhe ich nicht in mir, ich blicke nicht mehr durch, dachte Matti. Und genauso offensichtlich will hier niemand Taxi fahren. Er zündete den Diesel und fuhr in die Skalitzer Straße, Richtung Mehringdamm.
    Eine Frau winkte vor dem Que Pasa an der Kreuzung mit der Manteuffelstraße. Sie war jünger als er, hatte kurz geschnittenes braunes Haar und trug nur Jeans und T-Shirt. Als sie einstieg, roch er ihr Parfüm, dezent, frisch. Als er sie fragte, wohin es gehen sollte, sah er im Rückspiegel ihre Sommersprossen und blickte in große schwarze Augen.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Wie weit kommt man für zwanzig Euro?« Sie hatte eine klare Stimme, aber sie klang traurig.
    Matti lachte.
    »Weißt du es nicht?«, fragte sie.
    »Wohin du willst.«
    »Gut, wenn das so ist.«
    »Und wo willst du hin?«
    »Nach Paris.«
    Matti lachte.
    »Siehst du«, sagte sie.
    »Überall in Berlin«, sagte er.
    Hinter ihm hupte es. Ein Riesenlastwagen mit Anhänger, Matti sah nur einen Teil des Kühlers im Spiegel.
    Und ihr Gesicht.
    »Du bist ein seltsamer Taxifahrer«, sagte sie.
    »Das stimmt.« Er rollte ein Stück vor auf die Skalitzer und fand eine Lücke am Rand.
    »Was kann man für zwanzig Euro noch machen?«
    »Ins Kino gehen. Spaghetti essen. Aufs Badeschiff.«
    »Wie heißt du?«
    »Matti.«
    »Matthias also.«
    »Ja.«
    »Warst du immer Taxifahrer?«
    Ein Kleinbus schlich vorbei, dahinter wütende Autofahrer. Am Steuer des Busses saß eine Frau im Tschador, neben und hinter ihr wimmelten Kinder.
    »Ich hab’s Studium abgebrochen.«
    Sie sahen sich lange an im Spiegel.
    »Das ist schlecht.«
    »Weiß nicht«, sagte Matti.
    Sie schwiegen, nur ihre Augen unterhielten sich.
    »Wohnst du in Berlin?«
    »Oppelner«, sagte sie. »Neben der Kuchenkiste .«
    »Die Kuchenkiste ist die beste Konditorei weltweit«, sagte Matti.
    »Stimmt.« Sie lächelte.
    »Für zwanzig Euro kriegen wir dort ein paar Stücke Himbeerschokotorte.«
    Sie überlegte. »Gut.«
    Matti fuhr ein Stück Richtung Kotti und wendete unter der Überführung der U 1. Sie standen eine Weile im Stau, dann krochen zwei Autos nebeneinander vor ihnen her. Sie hatte sich in die Mitte der Rückbank gesetzt und nach vorn gebeugt. Er hörte sie atmen.
    »Wo wohnst du?«
    »Okerstraße«, sagte er. »Neukölln, nahe am Flughafen Tempelhof. Wie heißt du eigentlich?«
    »Lara.«
    Der Name passte wie angegossen.
    »Gefällt er dir?«
    »Ja.«
    »Matti ist aber auch gut.«
    Er fuhr rechts ab in die Wrangelstraße, bremste auf Schrittgeschwindigkeit ab, dann rechts hinein in die Oppelner, eine Allee, deren Bäume das Vormittagslicht brachen. Er fand einen Parkplatz nahe der Kuchenkiste , sie stiegen aus. Sie streckte sich, als wären sie Stunden unterwegs gewesen.
    Vor der Kuchenkiste stand ein großes Spielzeug-Feuerwehrauto. Hinter dem Steuer saß ein Knirps von vielleicht drei Jahren. Zwei Frauen hatten einen Tisch neben dem Eingang belegt. Drinnen warteten hinter dem Tresen ein Mann, keine Vierzig, und eine jüngere Frau. Neben dem Tresen war die Tortenauslage, mehrstöckig hinter Glas.
    Lara lächelte die Frau an, die lächelte zurück. »Zwei Stücke Himbeerschoko und zwei Milchkaffee«, sagte Lara und ging hinaus. Eine Frau mit zerrissener Strumpfhose stolzierte hochhackig vorbei.
    Sie setzten sich. Ein Sonnenstrahl fand Laras Gesicht.
    »Wo wolltest du hinfahren?«
    »Weiß nicht«, sagte Lara.
    Warum ist sie aufgetaucht? Er erinnerte sich an Lily, ein ähnlicher Typ, sein Typ. Auch Lily war zufällig aufgetaucht, und dann hatten sie sich gar nicht zufällig wiedergetroffen. Das verfolgte ihn manche Nacht. Aber woher konnte Lara wissen, dass er an der Ecke vorbeifahren würde? Er hatte es am Morgen selbst noch nicht gewusst. Scheißmisstrauen.
    »Was machst du so?«
    Lara lächelte. »Die Frage war jetzt dran.«
    Es war ihm, als hätte sie ihn zurechtgewiesen. »Stimmt.«
    »Es interessiert dich wirklich?«
    »Ja.«
    Ein zweifelnder Blick aus schwarzen

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