Matti & Dornröschen 03 - Ein Mörder kehrt heim
mit Georg und anderen was unternommen?«, fragte Dornröschen.
Matti wurde es warm. Da war etwas, das er verdrängt hatte. Er nickte.
»Und was?«, fragte Anja.
Matti suchte die Fetzen zusammen.
Im Treppenhaus schrie ein Kind, gleich begann die Mutter zu schimpfen. Irgendwer schrie: »Ruhe!«
Matti fand Bilder. Georg und er in der Pizzeria.
»Linksdruck ist pleite«, sagte Georg.
Matti reagierte nicht. Die waren schon hundertmal pleite gewesen.
»Diesmal wirklich«, sagte Georg.
»Und warum?«
»Weil die lieben Genossen ihre Rechnungen nicht bezahlen. Und weil wir manchen gar keine Rechnung schicken. Wir sind wie die Scherben, nur machen wir keine Musik. Alles umsonst, sind ja Genossen. Und am Ende wundern sich alle, dass wir keine Kohle haben.«
»Und nun?«
»Die Papierlieferanten haben uns eine Frist gesetzt. Der Gerichtsvollzieher war schon da. Wenn wir in einer Woche die Kohle nicht haben, ist es aus.«
»Scheiße.«
Wie ging es weiter? Die anderen schauten Matti beim Denken zu. Anja streichelte ihm den Rücken. Wie ging es weiter?
»Aber wir wehren uns«, sagte Georg. »Machst du mit?«
»Klar«, sagte Matti.
»Wir treffen uns mit Martin und Pfeifen-John, dann bereden wir die praktischen Sachen.« Georg beobachtete die Umgebung. Aber da waren nur drei Studentinnen in der anderen Ecke, die so laut waren, dass sie nichts mitkriegten. Der Wirt stand hinterm Tresen, aber der würde sowieso niemanden verpfeifen.
Robbi zerrte an Anjas Hose. Twiggys Blick verfinsterte sich.
»Und was habt ihr dann bekakelt?«, fragte Dornröschen. Sie gähnte und sagte: »Ich ahne es. Au Backe.«
Als Erster kam Pfeifen-John zum Treffen in Georgs WG -Zimmer. Pfeifen-John hieß in Wahrheit Hans, aber er hatte meistens eine Pfeife im Mund und einen England-Fimmel. Ohne Queen, versteht sich. Ihm hatte es die Bergarbeitergewerkschaft und deren Chef angetan, beinharte Jungs. Außerdem hatte er passenderweise rote Haare. Martin bewies, dass er pünktlich sein konnte, wenn es um große Projekte ging. Er schlüpfte mehr, als dass er ging, in den Raum. Wahrscheinlich hätten sie die Tür gar nicht öffnen müssen, weil das Schlüsselloch gereicht hätte. Beide waren im Linksdruck-Kollektiv.
»Wir machen die Sparkasse in der Fasanenstraße«, sagte Georg. »Ich hab mir die angeguckt. Gute Fluchtwege.«
»Das merken die doch. Heute sind wir pleite. Morgen bezahlen wir alle Schulden. Und zwischen heute und Schulden blechen liegt ein Banküberfall.« John zog an seiner Pfeife, stopfte nach und schüttelte missmutig den Kopf.
»Nee«, sagte Georg. »Wir machen doch diese Spendensammlung. Die läuft gar nicht schlecht. Plötzlich kriegt einer mit viel Kohle ein schlechtes Gewissen und spendet einen Batzen.«
»Ein anonymer Spender, genial«, sagte Martin. »Was meinst du dazu, Matti?«
Der saß auf dem Bett. An der Wand stand Lenin auf einem Lastwagen und redete. Der Schreibtisch war überladen mit Büchern und Zeitschriften. Viele waren auch auf dem Flokati verstreut. Die Bude stank nach Rauch und Joints. In einem anderen Zimmer lief Paper Sun von Traffic.
»Klingt gut«, sagte Matti.
»So, so«, sagte Anja. »Matti der Bankräuber.«
Der hob die Hände. »Wart’s ab.«
»Die Geschichte kenn ich noch nicht«, sagte Twiggy.
»Damals kannte ich euch nicht.«
»Kaum lässt man ihn mal was allein entscheiden«, sagte Dornröschen.
Matti grübelte. Er holte alles aus großer Tiefe heraus. In ihm sträubte es sich. Eine Stimme sagte ihm: Lass es in Ruhe versinken. Doch er bohrte tiefer.
»Wir brauchen Knarren«, sagte Martin.
»Klar«, erwiderte Georg. Er öffnete die Schublade einer Kommode und nahm drei Pistolen und einen Revolver heraus.
»Aber wir laden die nicht«, sagte Matti. Eine Sache kam näher, die er nicht mehr kontrollieren konnte. Wenn du mal eine Waffe in der Hand hast.
»Nur auf Bullen«, sagte Georg.
Martin nahm den Colt. Er sah riesig aus in seiner kleinen Hand. Er drehte die Trommel, blickte ins Patronenlager, spannte den Hahn und drückte ab. Es klickte. »Geil!«
Georg legte ein Papier auf den Teppich. Es war eine Strichzeichnung. Georg erklärte: »Hier ist der Eingang.« Er tippte mit dem Bleistift drauf. »Da liegt die Kasse. Es gibt zwei Kassierer, manchmal ist nur die eine Seite besetzt. Am wenigsten ist morgens los, kurz nach der Öffnung, und nachmittags, kurz vorm Schließen.«
»Es werden aber Kunden da sein«, sagte John.
»Wir müssen mit Leuten rechnen. In der Bank arbeiten maximal
Weitere Kostenlose Bücher