Maurice, der Kater
als ich an jenem… Ort war, sah ich, wie eine Idee Gestalt annahm. Seit undenklicher Zeit findet ein Krieg zwischen Menschen und Ratten statt! Er muss ein Ende finden. Und zwar hier und heute, an diesem Ort, mit diesen Ratten… Ich glaube, er kann tatsächlich beendet werden. Vielleicht ist es nur jetzt und an diesem Ort möglich. Ich sehe die Form einer Idee in meinem Kopf, aber mir fallen nicht die richtigen Worte dafür ein, verstehst du? Deshalb brauchen wir Gefährliche Bohnen, denn er kennt die Karte fürs Denken. Wir müssen uns einen Weg aus dieser Sache denken. Herumlaufen und quieken – das bringt uns nicht weiter, Sardinen.«
»Ich stelle einige Gruppen zusammen, Boss. Wo sollen wir mit der
Suche beginnen?«
»Maurice war bei ihm«, sagte Sonnenbraun.
»Ist das gut oder schlecht, Chef?«, fragte Sardinen. »Du weißt ja, was
Gekochter Schinken sagte: ›Man kann sicher sein, dass eine Katze…‹« »›…immer eine Katze ist.‹ Ja, ich weiß. Ich wünschte, ich wüsste die Antwort darauf, Sardinen.«
Sardinen trat näher. »Darf ich dich etwas fragen, Chef?«
»Natürlich.«
»Was hat dir Gekochter Schinken ins Ohr geflüstert, bevor er starb? Es
war eine besondere Anführer-Weisheit, nicht wahr?«
»Es war ein guter Rat«, sagte Sonnenbraun. »Ein guter Rat.«
Maurice blinzelte. Ganz langsam kehrte seine Zunge ins Maul zurück. Er legte die Ohren an und schlich in lautloser Zeitlupe an der Ablaufrinne entlang.
Direkt unter dem Gitter lag etwas Helles. Der rote Streifen kam von weiter stromaufwärts, teilte sich und floss um das helle Objekt herum, um sich dahinter wieder zu vereinen.
Maurice griff nach dem Ding. Es war ein zusammengerolltes Stück Papier, vom Wasser aufgeweicht und voller roter Flecken. Er fuhr seine Krallen aus und zog es aus der Rinne. Als er die weiche Masse behutsam auseinander zog, sah er verschmierte Bilder aus dicken Bleistiftlinien. Maurice erkannte sie wieder. An einem Tag, als es nichts Besseres zu tun gab, hatte er gelernt, die Bilder zu deuten. Eigentlich waren sie ganz einfach zu verstehen.
»Keine Ratte soll…«, begann er. Es folgte verschmiertes Durcheinander, und darunter: »Wir sind nicht wie andere Ratten.« »O nein«, sagte er. Das würden sie doch nicht wegwerfen. Pfirsiche hatte es immer wie einen kostbaren Schatz bei sich getragen… Ob ich sie vor dir finde ?, fragte die fremde Stimme in Maurices Kopf. Oder vielleicht habe ich sie schon gefunden …
Maurice lief los und rutschte auf dem schleimigen Stein, als der Tunnel eine Kurve machte.
Wie seltsam sie doch sind, KATZE. Ratten, die denken und glauben, keine Ratten mehr zu sein. Soll ich wie du sein? Soll ich mich wie eine KATZE verhalten? Soll ich einen von ihnen am Leben lassen? FÜR EINE WEILE?
Maurice fauchte leise. Andere, kleinere Tunnel zweigten rechts und links ab, aber der rote Streifen führte weiter geradeaus. Und dort, unter einem weiteren Gitter, lag das im Wasser, von dem die rote Spur ausging.
Maurice verharrte. Er hatte… was erwartet? Aber dies… dies war schlimmer, in gewisser Weise. Schlimmer als alles andere.
Die rote Tinte stammte von Rupert Rattes roter Weste – im Wasser lag Herrn Schlappohrs Abenteuer.
Als Maurice eine Kralle durch das Buch bohrte und es anhob, lösten sich die Seiten, eine nach der anderen, und schwammen durch die Rinne davon. Gefährliche Bohnen und Pfirsiche hatten das Buch zurückgelassen. Um schneller fliehen zu können? Oder hatten sie es einfach weggeworfen? Maurice erinnerte sich an die Worte der kleinen weißen Ratte. »Sind wir einfach nur Ratten?« Es hatte so hohl und traurig geklungen…
Wo sind sie jetzt, KATZE? Kannst du sie finden? In welche Richtung willst du dich wenden?
Die Stimme sieht, was ich sehe, dachte Maurice. Sie kann meine Gedanken nicht lesen, aber wohl sehen, was ich sehe, und hören, was ich höre, und sie versteht sich gut darauf, meine Gedanken zu erraten…
Erneut schloss er die Augen.
Im Dunkeln, KATZE? Wie willst du gegen meine Ratten kämpfen? Ich meine die HINTER DIR!
Maurice wirbelte herum und riss die Augen auf. Er sah Ratten, Dutzende, manche von ihnen fast halb so groß wie er. Sie richteten starre Blicke auf ihn.
Bravo, KATZE, ausgezeichnet! Du siehst die Quieker und springst nicht! Wie hat eine Katze gelernt, keine Katze zu sein?
Die Ratten setzten sich alle gleichzeitig in Bewegung und kamen näher. Ein leises Knistern begleitete ihre Schritte. Maurice wich zurück.
Stell es dir vor, KATZE, erklang
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