Max Weber (German Edition)
gemacht haben. Alle diese Texte entstanden im Zusammenhang des Sammelwerkes Grundriß der Sozialökonomik .
Der Tübinger Verleger des Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Paul Siebeck, gewann 1909 Max Weber als Herausgeber dieses Unternehmens. Weber entwickelte einen neuen Gesamtplan, wählte den Titel und bestimmte die Mitarbeiter. Große Verzögerungen bei der Abgabe der bestellten Beiträge und ihn enttäuschende Resultate führten Weber zur Idee, seinen eigenen Beitrag erheblich zu erweitern: «Da für einige Beiträge ein Ersatz überhaupt nicht zu schaffen war, habe ich geglaubt, für das Werk, […] unter Opferung anderer, mir weit wichtigeren Arbeiten in dem Abschnitt ‹Wirtschaft und Gesellschaft› eine ziemlich umfassende soziologische Erörterung liefern zu sollen, eine Aufgabe, die ich sonst in dieser Art niemals übernommen hätte.» Bis zu seinem Tod konnte er einzig die erste Lieferung für den Druck vorbereiten, alle «vollständigen» Ausgaben sind posthum erschienen und wurden von den jeweiligen Herausgebern – beginnend mit Marianne Weber und ab 1956 Johannes Winckelmann – teilweise erheblich editorisch bearbeitet. Seit Erscheinen der Max-Weber-Gesamtausgabe ist zudem das ehemalige Buch Wirtschaft und Gesellschaft verschwunden und soll durch eine Serie von sechs Einzelbänden ersetzt werden.
Die editorische Situation dieses unvollendeten Textes macht jede Darstellung und Interpretation zur heiklen Aufgabe. Tatsache ist, dass Max Weber den (ehemaligen) Teil I erst in den Jahren 1918–1920 verfasste und bis in das Stadium der redigierten Druckfahnen selbst bearbeitete und den (ehemaligen) Teil II von Wirtschaft und Gesellschaft bis 1913 niederschrieb und dann selbst nicht mehr zur endgültigen Überarbeitung der insgesamt neun Kapitel gekommen war. Sie lassen sich mit folgenden Überschriften versehen: Wirtschaftssoziologie (Kap. II, Kap. III, Kap. VI), Soziologie sozialer und politischer Aggregate (Kap. IV), Religionssoziologie (Kap. V), Rechtssoziologie (Kap. I, Kap. VII), Politische Soziologie (Kap. VIII, Kap. IX).
Generell gilt, dass Max Weber sich darum bemühte, die erheblichen Stoffmassen aller bis dahin von ihm bearbeiteten Themen zu verwenden und zu ordnen. Unter Aussparung seiner Skizzen einer Wirtschafts-, Religions- und Rechtssoziologie sollen hier allein die Umrisse seiner Allgemeinen Soziologie und seiner Herrschaftssoziologie präsentiert werden.
Allgemeine Soziologie
Die Bezeichnung Soziologische Kategorienlehre stammt nicht von Max Weber, der den Titel Allgemeine Soziologie vorgezogen hätte, sondern von Marianne Weber. In den Soziologischen Grundbegriffen entwickelte Weber das Konzept einer sehr eigenen Soziologie, deren inhaltliche wie methodische Ausrichtung, ihre zentralen Begriffe und Konzepte und ihre Abgrenzung von anderen Wissenschaftsdisziplinen. Die 17 Paragraphen voller «unvermeidlich abstrakt und wirklichkeitsfremd wirkenden Begriffsdefinitionen» stellen keine soziologische Theorie dar, sie sollten allenfalls das begriffliche Instrumentarium seiner Vorstellung von Soziologie präsentieren. Insgesamt dokumentieren diese Manuskripte, wie er sie in seiner Münchner Vorlesung über Die allgemeinsten Kategorien der Gesellschaftswissenschaft vortrug, die Tatsache, dass Weber am Ende seines Wissenschaftlerlebens zum Soziologen geworden war. Seine Soziologie sollte eine handlungstheoretisch fundierte und Sinnbezüge nachvollziehende Wirklichkeitswissenschaft sein, deren zentraler Forschungsgegenstand das «soziale Handeln» als Teilmenge des menschlichen Handelns ist.
Ohne Umschweife begann Max Weber seine grundsätzliche Bestimmung: «Soziologie […] soll heißen: eine Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will.» Als Ausgangspunkt zur Bestimmung des Objektbereichs seiner Soziologie wählte Weber das Konzept des «Sozialen Handelns» (Abb. 2):
– Menschliches Verhalten, so lautet seine allgemeinste Bestimmung, ist «äußeres oder innerliches Tun, Unterlassen oder Dulden».
– Handeln, als ein Teilbereich davon, liegt vor, «wenn und insofern als der oder die Handelnden mit ihm einen subjektiven Sinn verbinden».
– Soziales Handeln «soll ein solches Handeln heißen, welches seinem […] gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist».
Abb. 2: Objektbereich der Soziologie Max
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