Maxie und ein Fisch mit Fernweh
runter. Meine Schwester Kassia ist irgendwie nicht normal. Wie kann man mit elf Jahren bloß so vernünftig sein?
Ich selbst spüre eigentlich nur Wut auf den Typ. Mir so fies den Sonntag zu vermiesen, ist alles andere als nett. Ich würde gerne sofort etwas ganz Schlimmes machen, aus Rache. Leider fällt mir auf Anhieb nur Hasenkötel vor die Haustür legen oder Cäsar auf seine Windschutzscheibe pinkeln lassen ein. Das ist ja eher Kinderkram. Aber ich bin sicher, dass ich was Gemeineres finde, wenn ich nur lang genug an unsere neuen Nachbarn denke.
Mama nickt zustimmend. „Du hast Recht, Kassischatz. Dieser Mann benimmt sich wirklich frech.“ Sie klopft energisch mit ihrem Löffel auf den Tisch.
Plötzlich schießt mir etwas ungeheuer Wichtiges durch den Kopf. „Wenn dieser Herr Pfeffer mit seinen Kindern nebenan einzieht, dann kriegen wir die Villa ja nicht mehr!“, brülle ich los. „Wie gemein ist das denn?“
Eigentlich platzt unser kleines Haus aus allen Nähten. Jule und Kassia müssen sich sogar ein Zimmer miteinander teilen. Vielleicht ist das der Grund, warum Kassia am liebsten ganz auf den Dachboden übersiedeln würde. Anscheinend zieht sie die Gesellschaft von Fledermäusen den Pferden vor, die auf Jules Zimmerseite die Wände schmücken.
Deshalb hat Mama vor Kurzem ihr Sparbuch hervorgekramt und nachgeschaut, ob wir uns die Villa leisten könnten, wenn wir Großmutters Haus verkaufen. Mamas Traum ist schon lange eine eigene Tierklinik mit allem Drum und Dran. In der Villa hätten wir genügend Platz für uns selbst und Mamas Patienten.
Bisher sah es ziemlich gut aus. Die Villa gehörte nämlich dem Bürgermeister. Seit er in einen schicken Neubau mit Pool gezogen ist, stand sie leer. Nur ab und zu kam ein Gärtner zum Rasenmähen vorbei.
Weil sein Jagdhund auf einen rostigen Nagel getreten war, ist der Bürgermeister erst vor einer Woche in Mamas Praxis gewesen. Er war wie immer zuckersüß und hat versprochen, sich ihr Angebot zu überlegen. Ein richtiger Schleimer! Er hat mit keinem Pieps erwähnt, dass er die Villa längst verkauft hatte!
„Ich konnte den Bürgermeister noch nie ausstehen“, sagt Kassia triumphierend. „Jetzt müssen wir uns wenigstens keine Sorgen mehr machen, dass du auf sein Gesülze hereinfällst. Er findet dich ja offenbar total toll.“
Jule fängt an, wie verrückt zu lachen. Dann führt sie einen wilden Tanz in der Küche auf. Dazu kreischt sie hysterisch: „Der Bürgermeister ist verliiiebt, der Bürgermeister ist in unsere Mami verliiiiebt! Er will die Mami heiraten, er will die Mami heiraten, er will die Mami heiraten.“
Mama runzelt ärgerlich die Stirn. „Jul e – hör sofort mit diesem Quatsch auf!“ Sie schiebt entschlossen ihren Stuhl zurück. „Aber Maxie hat natürlich Recht. Das ist gar nicht nett vom Bürgermeister. Ich werde morgen ein ernstes Wörtchen mit ihm reden, wenn er mit seinem Hund zum Pfoteverbinden kommt.“ Sie geht zum Küchenfenster und schaut hinaus. „Dieser Pfeffer scheint es ernst zu meinen. Da steht jetzt auch noch ein riesiger Möbelwagen vor der Tür. Was will der mit dem ganzen Krempel?“
Sie beugt sich weiter hinaus und gibt gleich darauf ein erstauntes Krächzen von sich. Es hört sich fast an wie Herr Schiller, wenn er eine Erdnuss verschluckt hat.
Eilig gucke ich ihr über die Schulter. „Ein Klavier! Ein richtiger Flügel wie bei uns in der Schule.“ Jetzt bleibt mir aber die Spucke weg. Für so ein tolles Instrument ist in unserem winzigen Haus kein Platz. Bei uns bekäme vermutlich schon eine Blockflöte Platzangst.
„Und in Weiß. Hammer!“, sagt Kassia. Sonst sagt sie nichts. Anscheinend fehlen ihr ausnahmsweise mal die Worte, was höchst selten vorkommt.
Jule klettert wie ein Äffchen auf meinen Rücken, um nichts zu verpassen. „Oh, das ist aber schön. Wie das Klavier in dem Dornröschenfilm. Vielleicht hat der Mann ja auch noch ein Pferd in dem großen Lastwagen?“, sagt sie hoffnungsvoll.
Meine kleine Schwester liebt Pferde über alles. Aber Mami will auf gar keinen Fall ein Pferd im Garten. Sie sagt, wir hätten ja unseren Eddy und der wäre genauso prima.
Das stimmt allerdings nicht so ganz. Eddy ist zwar echt süß, aber die meiste Zeit steht er lieber einfach so herum und kaut vor sich hin, anstatt mit Jule auf dem Rücken herumzutraben. Er ist eben nur ein dickköpfiger Esel und kein richtiges Pony. Das müsste Mama eigentlich am besten wissen. Schließlich kennt sie sich mit Tieren
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