Maxie und ein Fisch mit Fernweh
aus. Esel sind Packtiere und nicht besonders scharf auf Galopp. Und wenn sie keine Lust haben, haben sie keine Lust. Dann bleiben sie einfach stehen und denken anscheinend ewig lange darüber nach, ob sie in diesem Leben überhaupt noch einen Schritt machen sollen.
Die Möbelpacker schleppen eine spannende Kiste nach der anderen in die Villa. Sosehr ich mich auch anstrenge, ich kann nicht einmal erahnen, was sie enthalten. Aber Herr Pfeffer führt sich auf, als wäre ihr Inhalt ganz schön wertvoll.
„Ich wüsste gerne, ob er noch mehr Instrumente hat. Vielleicht in den Kisten“, sage ich. „Ein Schlagzeug wäre toll.“ Ich kriege vor Aufregung kaum noch Luft.
Kassia fängt an zu kichern. „Nicht verzagen, Eddy fragen.“
Meine Schwester hat wieder einmal den Nagel auf den Kopf getroffen.
Eddy ist unbemerkt durch die Mauerreste getrabt und beschnuppert nun neugierig einige ausgeladene Kisten, die die Möbelpacker unvorsichtigerweise im Garten der Villa abgestellt haben. Einige Pappkartons sind mit Kordeln zugebunden. Geschickt kaut Eddy die Bänder mit seinen großen Zähnen durch. Dann beginnt er, die Pappe vollzusabbern, so als ob er sie aufweichen wollte.
„Esel sind die klügsten Tiere überhaupt“, schwärmt Kassia. „Bestimmt denkt er, er findet in dem Karton ein Leckerli.“
Im selben Moment kommt Herr Pfeffer aus dem Haus. „Weg da!“, schreit er los und stürzt sich auf Eddy. Doch Eddy frisst sich ungerührt weiter in das Paketinnere.
Herr Pfeffer wirft sich mit seinem ganzen Körper gegen unseren Esel. Eddy rührt sich nicht vom Fleck. Er schüttelt Herrn Pfeffer unwillig ab und schiebt ihn behutsam mit seinem nassen Maul zur Seite.
„Gib ihm was zu fressen, Papa!“, kommt der kleinere Junge seinem Vater zu Hilfe. Er holt einen roten Apfel aus seiner Hosentasche und hält ihn Eddy direkt vor das Maul. Dabei streichelt er Eddys Kopf. „Schau mal, wie lieb der Esel ist!“
Ich traue meinen Augen nicht. Der Junge steigt auf eine wackelige Holzkiste und klettert furchtlos auf Eddys Rücken.
„Gleich wirft er ihn ab“, haucht Jule atemlos in mein Ohr. „Das lässt sich mein Eddy nicht gefallen.“
Der Junge flüstert Eddy etwas in seine Lauscher. Im gleichen Moment marschiert Eddy los. Aber nicht zurück in unseren Garten, sondern die Straße hinunter, und zwar in einer ziemlichen Geschwindigkeit.
Ich wusste gar nicht, dass Eddy so schnell laufen kann. Wahnsinn! Der kleine Junge scheint überhaupt keine Angst zu haben. Im Gegenteil. Er klebt juchzend auf Eddys Rücken und bewegt sich zu Eddys Tempo auf und ab wie ein Flummi.
„Eddy! Komm zurück“, schreit Jule empört. „Der blöde Junge soll sofort meinen Eddy zurückbringen, Mami.“ Sie fängt sirenenartig an zu heulen und trampelt wütend mit den Füßen.
„Ist das ein Affentheater hier!“, ruft Mama aus. „Erst die Mauer, dann der Esel.“ Sie stürmt aus der Küche und galoppiert in Hausschuhen die Straße hinunter. „Brrrr, Eddy. Brrrrr. Brrrrrr. Eddy, brrrrrrr!“ Mama wedelt aufgeregt mit den Armen. Im Nu hat sie die Ausreißer eingeholt und umkreist Eddy wie ein spanischer Stierkämpfer. Das sieht total beeindruckend aus. Selbst Jule hat aufgehört zu heulen und guckt fasziniert zu.
„Mama ist so was von cool!“ Kassia spricht aus, was wir alle drei denken.
Unsere coole Mutter treibt Eddy ruck, zuck nach Hause zurück.
Der Junge springt von Eddys Rücken herunter und holt eine Möhre aus seiner Tasche, um ihn noch schnell zu füttern. Anscheinend hat der Winzling einen halben Obst- und Gemüsegarten in seinen Klamotten vergraben.
Es gibt noch einmal einen kurzen, aber gesalzenen Wortwechsel zwischen diesem Herrn Pfeffer und unserer Mutter. Der Junge steht die ganze Zeit grinsend daneben und streichelt Eddy. Also, jetzt reicht es aber langsam.
„Das reicht jetzt aber langsam!“, höre ich Mama in diesem Moment ganz laut sagen. Sie schickt Eddy energisch in unseren Garten und läuft barfuß heim, weil sie unterwegs einen Hausschuh verloren hat.
Wir empfangen sie mit lautem Applaus und fallen ihr um den Hals. So eine tolle Mutter hat sonst keiner, da bin ich mir sicher. Sie sieht zerzaust, aber sehr unternehmungslustig aus.
„So, jetzt habe ich dem Herrn Nachbarn noch ein bisschen die Meinung gegeigt“, sagt sie zufrieden. „Der soll gleich wissen, dass er der Familie Buntschuh nicht auf der Nase herumtanzen kann.“
Den restlichen Sonntag bleibe ich lieber in meinem Zimmer, obwohl draußen die Sonne
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