Maxie und ein Fisch mit Fernweh
Dunkeln auf sie gelegt, wäre der Krabbeleffekt noch viel doller gewesen.
Aber, na ja. Anscheinend hat er sich auch so ordentlich erschrocken.
„Und wo ist die Käferhorde nun?“, bohre ich nach. Seltsamerweise kann ich nämlich keinen einzigen entdecken.
„Ein Käfer ist tot. Er stinkt wie die gammelige Maus in unserer alten Wohnung. Die anderen sind geflüchtet.“ Lukas zeigt mit der Fußspitze auf einen dunklen Klecks auf dem Fußboden.
„Ihhh, hat dein Vater den Käfer zerquetscht? Das darf man aber nicht“, mischt sich Jule ein. „Das sind alles Lebewesen mit einer Seele“, setzt sie altklug nach. „Stimmt’s, Mama?“
Unsere Mutter nickt. „Du hast natürlich Recht, Jule. Aber manchmal hat man vor etwas so große Angst, dass man nicht nachdenkt.“
Herr Pfeffer schüttelt heftig den Kopf. „Das war Notwehr, reine Notwehr. Diese Biester haben mich angegriffen und eines hat zugebissen.“
Mama lächelt milde. „ … und manchmal ist die Panik so riesig, dass man sogar harmlose Käfer für gefährliche Monster hält. Erinnerst du dich, Jule, als sich die kleine Blindschleiche in deinen Puppenwagen verirrt hatte? Du hast im Kindergarten erzählt, dass wir eine Würgeschlange im Haus gefunden haben, und deshalb hat die Kindergärtnerin sogar die Polizei zu uns geschickt. So ähnlich ist das auch, wenn man sich vor Käfern und Spinnen fürchtet. Manche Menschen flüchten sogar vor Schmetterlingen. Herr Pfeffer kann nichts für seine Angst.“
Sie drückt Lukas das mit Nacktschnecken gefüllte Wasserglas in die Hand. „Such ihnen ein schattiges Plätzchen draußen im Garten.“
Lukas stürmt eifrig los. „Mach ich, Frau Buntschuh!“
Jule düst ihm hinterher.
Mama wirft Herrn Pfeffer einen aufmunternden Blick zu. „Sie können jetzt ruhig wieder vom Tisch herunterklettern“, sagt sie. „Ist doch ungemütlich. Ich habe hier alles im Griff.“
Herr Pfeffer stößt einen heiseren Laut aus. „Nichts haben wir im Griff, liebe Frau Buntschuh, gar nichts. Bevor der Kammerjäger nicht hier ist und diese Invasion ausgeräuchert hat, komme ich nicht runter.“ Er wischt sich den Schweiß von der Stirn.
Jetzt hat unsere Mutter den gleichen Gesichtsausdruck, wie wenn sie winselnde Welpen beruhigt. So viel Trost hat der Pfeffermann echt nicht verdient.
„Herr Pfeffer, das ist ein Altbau. Da gibt es immer mal ein paar Spinnen unter den Betten. Und die unglücklichen Baumwanzen haben sich vermutlich durch das offene Fenster hereinverirrt.“
Irgendwie haben Jonas und ich Pech. Ohne Mamas Einsatz hätte Herr Pfeffer bestimmt schon die Umzugsfirma angerufen.
Ich muss dringend mit Jonas alleine konferieren. Sehr viel mehr Untiere braucht es nicht mehr, dann ist Herr Pfeffer so weich gekocht wie Kartoffelbrei mit Spiegelei.
„Kann ich mal aufs Klo?“, frage ich und gucke Jonas beschwörend an.
Er kapiert meine Bitte sofort. „Klar, ich zeig dir das Badezimmer“, sagt er eilig und kommt aus seiner Ecke raus.
Ich gebe Kassia ein Zeichen, dass sie Mama und Herrn Pfeffer im Auge behalten soll. Sicher ist sicher.
Wir rasen gemeinsam die Treppe hinunter.
„Das war einsame Spitze“, gluckst Jonas. „Papa hat vor Angst gebrüllt wie ein Affe im Dschungel.“ Er führt einen wilden Indianertanz auf vor Freude.
„Kann ich mir vorstellen.“ Ich grinse. „Leider spielt meine Mutter gerade einmal wieder Supernanny. Wir müssen also so schnell wie möglich nachlegen, bevor er sich wieder beruhigt. Hast du die Mausefallen vernichtet?“
Jonas nickt eifrig. „Klar, schon gestern. Sind bereits alle entschärft.“
Ich denke angestrengt nach. „Dann müssen jetzt Mamas dressierte Springmäuse ran. Habt ihr Waffen im Haus? Nicht, dass dein Papa auf sie schießt.“
Jonas schüttelt energisch den Kopf. „Quatsch. So etwas findet mein Vater doof. Er wollte Luki sogar seine Dinosaurier-Wasserpistole abnehmen. Hast du schon einen Plan, wo wir die Mäuse einschleusen?“
Ich lächle ihn zufrieden an. Finde ich gut, dass er mich als Chefin sieht. Nur dumm, dass ich momentan keine zündende Idee parat habe.
„Schlag du doch auch mal was vor“, sage ich, um Zeit zu gewinnen. „Ich will ja nicht immer alles alleine bestimmen.“
Jonas grinst. „Ich wüsste schon was Gute s …“ Er kriegt einen ganz roten Kopf vor Aufregung.
„Na, los. Spuck es aus“, fordere ich ihn ungeduldig auf. „Wir haben nicht ewig Zeit. Irgendwann wird meine Mutter es schaffen, deinen Vater vom Tisch herunterzulocken.
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