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Maxwell 03 - Nur du hast den Schluessel

Maxwell 03 - Nur du hast den Schluessel

Titel: Maxwell 03 - Nur du hast den Schluessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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meine Liebe, und wir kommen und holen Sie. Wir wollen doch nicht, daß Sie sich an all diesem Schutt weh tun.«
    »He, hat sie etwa geplündert?« wollte der Soldat wissen. »Dafür könnte sie glatt erschossen werden. Zeug aus einem ausgebombten Haus klauen!«
    »Keiner wird Mrs. Tachyon erschießen«, sagte der Sergeant. »Wir kennen sie gut. Erst gestern hat sie in einer unserer Zellen übernachtet.«
    »Was hat sie denn angestellt?«
    »Gar nichts. Wir lassen sie auf dem Revier schlafen, wenn es nachts kalt ist und wir eine Zelle frei haben. Ich hab ihr gestern erst sechs Pennies gegeben und ein paar alte Stiefel von meiner Mutter. Sehen Sie doch nur: Sie ist alt genug, um Ihre Großmutter zu sein, die Arme.«
    Mrs. Tachyon blieb stehen und beobachtete mit ihrem Eulenblick, wie die beiden sehr, sehr vorsichtig auf sie zukamen.
    Der Soldat sah eine weißhaarige kleine Frau, die so etwas wie ein Abendkleid trug, mit mehreren Schichten anderer Kleider darüber, und eine Wollmütze mit einem Bommel. Sie schob eine Drahtkarre vor sich her. An der Karre hing ein Blechschild.
    »Tes-co«, sagte er. »Was ist denn das?«
    »Keine Ahnung, wo sie ihr Zeug herkriegt«, murmelte der Sergeant.
    Der Einkaufswagen schien voll schwarzer Tüten zu sein. Aber noch andere Dinge darin glitzerten im Mondlicht.
    »Wo sie
das da
her hat, weiß ich jedenfalls«, murmelte der Soldat. »Das hat sie aus der Gurkenfabrik geklaut.«
    »Ach, da hat sich doch heute schon die halbe Stadt bedient«, meinte der Sergeant. »Ein paar Gürkchen weniger werden schon keinem weh tun.«
    »Ja, aber so was sollte einfach nicht passieren. He, Sie! Misses! Lassen Sie mich mal sehen – «
    Er streckte die Hand nach dem Wagen aus.
    Eine Art Dämon, nur Zähne und glühende Augen, schoß hervor und fetzte die Haut vom Handrücken des Soldaten.
    »Verdammt! Hier, helfen Sie mir mal – «
    Aber der Sergeant war zurückgewichen.
    »Das war Satan«, sagte er. »Ich würde es an Ihrer Stelle lieber bleibenlassen.«
    Mrs. Tachyon gackerte vergnügt.
    »Die Vögel sind aufgeflogen!« kicherte sie. »Ausgerechnet Bananen? Das
glaubste
vielleicht, mein Schatz.«
    Sie riß den Einkaufswagen herum und trabte davon, den Wagen hinter sich herzerrend.
    »He, bleiben Sie da weg!« rief der Soldat.
    Die alte Frau zerrte den Wagen über einen Ziegelhaufen. Hinter ihr stürzte ein Stück Mauer ein.
    Der letzte Ziegel fiel auf etwas, das weiter unten lag und
Boing!
machte.
    Der Soldat und der Polizist erstarrten.
    Der Mond verschwand wieder hinter einer Wolke.
    Im Dunkeln konnte man ein Ticken hören. Es klang weit entfernt, aber in der plötzlichen Stille hörten die Männer es deutlich, das ganze Rückgrat hinauf.
    Der Sergeant – er war mitten in einem Schritt erstarrt – setzte vorsichtig den Fuß auf.
    »Wie lange dauert es noch, wenn es angefangen hat zu ticken?« flüsterte er.
    Es war niemand mehr neben ihm. Der Soldat war längst davongerannt.
    Der Polizist rannte hinter ihm her und war schon halb die ehemalige Paradise Street hinunter, als die Welt hinter ihm plötzlich sehr aufregend wurde.
     
    Neun Uhr abends.
    Im Schaufenster eines Elektroladens in der High Street von Blackbury zeigten neun Fernseher dasselbe Bild. Neun Fernseher flackerten leer.
    Eine Zeitung wurde über den Bürgersteig geweht, bis sie sich um die Pflanzen in einem Blumenkübel wickelte. Der Wind fing sich eine leere Bierdose und rollte sie über das Pflaster, bis sie im Rinnstein landete.
    Der Stadtrat von Blackbury nannte die High Street eine Einkaufs- und Freizeitzone, obwohl niemand so recht wußte, was man dort in seiner Freizeit anfangen sollte. Vielleicht sich auf eine der Bänke setzen, die mit viel Scharfsinn so entworfen waren, daß es niemand lange darauf aushielt und deshalb auch keine Zeit hatte, Unordnung zu machen. Oder sich die Blumenkübel ansehen, aus denen jedes Jahr aufs Neue die widerstandsfähigen winterharten Chipstüten sprossen. Mit den Zierbäumen konnte es wohl kaum zusammenhängen. Sie hatten auf den Entwürfen des Architekten groß und üppig ausgesehen, aber bei all den Kürzungen der öffentlichen Gelder in den letzten Jahren war niemand dazu gekommen, sie überhaupt zu pflanzen.
    Die Straßenbeleuchtung ließ die Nacht eiskalt aussehen.
    Die Zeitung segelte weiter und wickelte sich um einen gelben Mülleimer, der die Form eines fetten Hundes mit aufgerissenem Maul hatte.
    Etwas landete in einer Gasse und ächzte.
    »Tick Tick Tick! Ticketi-tick! Aua!

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