Mea Suna: Seelensturm Band 1 (German Edition)
sogar von dir träume und ich ständig in deiner Nähe sein will. Ich kann mir das alles nicht erklären. Bei keiner Illustris vor dir ist es mir je so ergangen.«
Das Kribbeln, das er mit seinen Worten in mir auslöste, nahm mich völlig ein und ich fühlte mich zu ihm hingezogen. Er gefiel mir. Er war ein Taluri, gefährlich, stark und geheimnisvoll. Und obwohl mir klar war, dass er meine Schwester töten will, war ich fasziniert von ihm. Hinzu kam, dass er auch noch fantastisch aussah, was meinen Verstand lähmte. Nach allem, was ich von ihm wusste, sollte ich Angst vor ihm haben und schreiend davon rennen. Doch eigentlich trauerte ich sogar um die Tatsache, dass ich mich ihm nie würde nähern können.
»Ich wollte dir das sagen, bevor ich gehe.«
Ich nickte stumm und schweigend sahen wir uns abschätzend an. Mein Herz klopfte laut und am liebsten wäre ich näher zu ihm gelaufen, doch das durfte ich nicht.
Sein Blick war finster, fast Angst einflößend. Vielleicht ärgerte er sich über sein Geständnis. Oder dachte er, ich würde ihn für seine Ehrlichkeit auslachen? Er offenbarte mir seine Schwachstelle. Er vertraute sie mir an. Warum tat er das, wenn nicht aus Zuneigung?
»Du magst mich wirklich«, erkannte ich flüsternd.
Zaghaft wurde sein Blick sanfter, ein zartes Lächeln erschien auf seinen Lippen und er nickte leicht.
»Jetzt noch, Mea Suna.«
Wir sahen uns lange an. Sein Blick war intensiv und ich konnte Sehnsucht darin erkennen. Auch wenn einige Meter zwischen uns standen, verursachten seine Worte und seine melodische Stimme ein Ziehen in meiner Brust. So gern hätte ich die undurchsichtige Mauer zwischen uns eingerissen. Er würde fortgehen und als Monster wiederkommen. Es wäre besser, wenn ich ihn vergaß. Sein Lächeln und seine braunen Augen würde ich nicht vergessen. Kurz schloss er sie und verschwand so leise, wie er gekommen war.
Luca war fort. So durcheinander wie ich war, setzte ich mich auf den Boden und trank meine Wasserflasche aus. Ich wollte nicht, dass er ging und doch war seine Information unsere Chance, die wir jetzt ergreifen mussten, um endgültig zu fliehen. Ich fühlte mich allein. Sehnsüchtig sah ich zum Hinterausgang und hoffte, er würde wieder kommen. Würde ich ihn je wiedersehen? Natürlich würde ich das, doch dann wäre er nicht mehr er selbst. Er war kein Monster, zumindest nicht in diesem Augenblick. Vielmehr würde er wieder der Mörder sein, wenn er zurückkam. Er gab mir die Chance, abzuhauen. Und genau das sollte ich nun nutzen. Ich verbot mir sämtliche Gefühlsduseleien, verdrängte meine Gefühle und beschloss, ihm nicht mehr länger nachzutrauern, auch wenn ich es doch im Grunde meines Herzens tat. Egal, wie sehr er mich irritierte. Meine sentimentalen Gefühle hatten hier nichts verloren. Er war ein Taluri und er war mein Feind.
Wenn die beiden Taluris abgezogen wurden, war es die Gelegenheit, zu verschwinden, ohne Spuren zu hinterlassen. Ich stand auf und beschloss, endlich Mr. Chang auf meine Seite zu ziehen. Nur er konnte auf Onkel Finley genug Druck ausüben, dass er mit Amy von hier verschwand, während Mr. Chang und ich die Taluris verwirrten. Als ich das Licht in der Halle gelöscht und die Tür hinter mir zugezogen hatte, lief ich den Kiesweg entlang, vorbei an unserem Tennisplatz. Links zwischen den Bäumen konnte ich von Weitem erkennen, dass in Mr. Changs kleinem Gästehaus noch Licht brannte. Es war zwar noch nicht spät, aber ich wusste, dass er sich immer früh schlafen legte. Es war sogar eher ungewöhnlich, dass er heute noch auf war. Das Gästehaus, das er seit ein paar Monaten bewohnte, war nicht sehr groß, aber es war modern und komfortabel eingerichtet. Mr. Chang schimpfte oft über den neumodischen Kram, den vor allem Amy ständig mit sich herumtrug. Handy, I-Pod oder Tablet-PC - davon hielt er nicht viel. Er war ein Mann, der die Natur als den größten Besitz der Menschheit betrachtete. Für mich gab er das typische Bild eines Japaners ab, der seine Kultur und Bräuche liebte. Als ich den kleinen Weg zu seinem Haus entlang lief, wurden meine Schritte langsamer. Ich war erstaunt, als ich sah, dass seine Haustür halb offen stand.
»Mr. Chang?«, rief ich ihn und trat die drei Stufen hinauf. Jetzt stand ich direkt vor seiner Tür und spähte hinein. Niemand war zu sehen, ich hörte keine Geräusche. Merkwürdig! Ich sah mich noch einmal in der Dunkelheit nach ihm um, bevor ich ein zweites Mal nach ihm rief. »Mr. Chang?
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