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Weltmächte beugen sich keiner Autorität und akzeptieren insofern auch nicht die Forderung, Beweise vorzulegen oder um Auslieferung nachzusuchen. Aufgrund dieser Logik lehnten die USA eine Autorisierung ihrer Vorgehensweise durch den UN-Sicherheitsrat strikt ab, obwohl es nicht schwer gewesen wäre, diese zu erhalten.
Natürlich hat sich die US-Regierung dabei etwas gedacht, und in der internationalen Politik und Diplomatie gibt es sogar einen Terminus dafür: Man muß »Glaubwürdigkeit demonstrieren«. Es ließen sich auch andere Ausdrücke verwenden: Wir sind ein terroristischer Staat, also seht euch vor, falls ihr uns in die Quere kommt. Aber das hieße, »Terrorismus« gemäß der bereits erwähnten offiziellen Bedeutung zu verwenden, und das geht, wie ich gezeigt habe, nicht.
Eindeutige Fälle
Kommen wir noch einmal auf die moralische Binsenweisheit zurück. Gemäß der offiziellen, allgemein akzeptierten und als gerecht und bewunderungswürdig gepriesenen Lehre sind die Vereinigten Staaten dazu berechtigt, einen Terrorkrieg gegen die Afghanen zu führen, bis diese die gesuchten Verdächtigen ausliefern, oder, wie Boyce später formulierte, ihre politischen Führer auswechseln. Demzufolge müßten alle, die keine Heuchler im Sinne der Evangelien sind, den Schluß ziehen, daß Haiti das Recht zu umfangreichen terroristischen Maßnahmen gegen die USA besitzt, solange diese nicht den Mörder Emmanuel Constant ausliefern. Er führte jene Terrorgruppen an, die für den Tod von vier- bis fünftausend Haitianern verantwortlich sind, und ist bereits rechtskräftig verurteilt worden.
Die Beweise sind eindeutig, und die haitianische Regierung hat wiederholt, zuletzt am 30. September 2001, als der Krieg gegen Afghanistan bereits erwogen wurde, Constants Auslieferung beantragt. Aber in diesem Fall geht es nur um ein paar tausend tote Farbige.
Vielleicht sollte Haiti Terror in den Vereinigten Staaten ausüben. Da Bombardements nicht möglich sind, könnte man auf Bioterror oder ähnliches zurückgreifen, bis die USA ihre politischen Führer auswechseln. Schließlich sind einige US-Präsidenten verantwortlich für schreckliche Verbrechen, die im Laufe des 20. Jahrhunderts gegen die haitianische Bevölkerung verübt wurden.
Auch Nicaragua hätte das Recht, Maßnahmen gegen diejenigen zu ergreifen, die dem Terrorismus erneut den Krieg erklärt haben. Viele von ihnen tragen Verantwortung für den terroristischen Angriff auf Nicaragua, der opferreicher war als die Ereignisse vom 11. September: Zehntausende wurden getötet und das Land verwüstet.
Auch in diesem Fall ist die Beweislage eindeutig. Der Weltgerichtshof verurteilte den internationalen Terrorismus der USA, und der UN-Sicherheitsrat forderte in einer Resolution alle Staaten auf, die internationalen Gesetze zu respektieren. Niemand wurde im einzelnen genannt, aber alle wußten, wer gemeint war. Die USA legten ihr Veto ein, Großbritannien enthielt sich. Die Generalversammlung bekräftigte die Aufforderung des Sicherheitsrats in weiteren Resolutionen, die von den USA und einigen Vasallenstaaten abgelehnt wurden. Der Weltgerichtshof forderte die USA auf, den Terrorkrieg gegen Nicaragua zu beenden und umfangreiche Reparationen zu zahlen. Die USA reagierten darauf mit der von Demokraten und Republikanern gleichermaßen getragenen Entscheidung, den Angriff sofort zu eskalieren. Wie die Medien damit umgingen, habe ich bereits beschrieben. Nicaragua wurde unter Druck gesetzt, bis das »Krebsgeschwür« zerstört war und noch darüber hinaus.
Als im November 2001 - der Krieg in Afghanistan hatte soeben begonnen - in Nicaragua Wahlen abgehalten wurden, mischten sich die Vereinigten Staaten dort auf massive Weise ein, indem sie vor einem (in ihrem Sinne) falschen Ergebnis warnten und dafür auch den Grund angaben. Das Außenministerium erklärte, man dürfe Nicaraguas Rolle im internationalen Terrorismus der achtziger Jahre nicht vergessen. Gemeint war der Widerstand gegen die Angriffe, die zur Verurteilung der USA seitens der höchsten internationalen Institutionen führten.
In unserer dem Terrorismus und der Heuchelei ergebenen intellektuellen Kultur ruft das keine weiteren Kommentare hervor, aber vielleicht in der Marspresse. Auf jeden Fall kann man sehen, wie das Thema hier behandelt wurde. Oder man könnte, bei diesem unzweifelhaften Beispiel, die je eigene Lieblingstheorie vom »gerechten Krieg« erproben.
Die Domestizierung der Bevölkerungsmehrheit
Immerhin
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