Media Control
war Nicaragua den terroristischen Angriffen der USA nicht völlig schutzlos ausgeliefert, denn es besaß eine Armee, die auf Seiten der Sandinisten stand. In den anderen mittelamerikanischen Staaten gehörte die Armee zu den Terrorgruppen, die von den USA und ihren Vasallen bewaffnet und ausgebildet wurden, so daß die Greueltaten ein viel größeres Ausmaß annahmen. Aber in diesem Fall war das Opfer nicht der Staat, und so gab es niemanden, der sich an den Weltgerichtshofoder den Sicherheitsrat wenden konnte, auch wenn deren Urteile und Resolutionen von den USA auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen wurden. Der Terror in Mittelamerika hatte weitreichende Folgen. In den Vereinigten Staaten ist man - völlig zu Recht - besorgt über die Auswirkungen des Terrorangriffs vom 11. September. So fragt z. B. die New York Times (am 22. Januar 2002) in einem Aufmacher auf der Titelseite nach den Menschen, die Opfer der Tragödie geworden sind. Das würde natürlich auch für die Opfer viel schlimmerer terroristischer Verbrechen gelten, aber davon erfährt man höchstens auf dem Mars.
So könnte man etwa versuchen, den Bericht über eine Konferenz salvadorianischer Jesuiten zu finden, die vor einigen Jahren stattfand. Diese Jesuiten hatten mit dem US-Terrorismus besonders gravierende Erfahrungen gemacht. Ihre Bemerkungen 6 zur »Kultur des Terrorismus« betonen vor allem deren längerfristige Auswirkungen, wozu auch die Domestizierung des Erwartungshorizonts der Bevölkerungsmehrheit gehört, die einsehen muß, daß es besser ist, sich den Anordnungen des führenden Terrorstaats und seiner lokalen Agenturen zu fügen, um nicht erneut den von den US-amerikanischen Tauben empfohlenen »mittelamerikanischen Verhältnissen« unterworfen zu werden.
Hierzulande blieb der Bericht unerwähnt, aber vielleicht bekommt er auf dem Mars ein paar Schlagzeilen.
Begeisterte Partner
Der Marsreporter könnte noch weitere interessante Ähnlichkeiten zwischen der ersten und der zweiten Phase des Terrorkriegs bemerken. 2001 schlossen sich alle möglichen Terrorstaaten eifrig der Koalition gegen den Terrorismus an. Die Gründe dafür sind nicht schwer zu finden.
Die Russen waren begeistert, weil sie sich von den USA Unterstützung für ihre terroristischen Aktivitäten in Tschetschenien erhofften.
Noch enthusiastischer reagierte die Türkei. Sie bot als erstes Land die Entsendung von Truppen an, denn man war, wie der Premierminister erklärte, den USA für umfangreiche Waffenlieferungen dankbar - zur Zeit der Regierung Clinton kamen achtzig Prozent der türkischen Waffen aus den Vereinigten Staaten -, mittels derer man die ethnischen Säuberungsaktionen der neunziger Jahre durchführen konnte. Da die USA der einzige Lieferant waren, zeigte sich die Türkei ihnen gegenüber besonders verpflichtet. Natürlich galten die Aktionen gegen die kurdische Bevölkerung nicht als Terrorismus.
Ähnliche Zusammenhänge lassen sich in der ersten Phase des Antiterrorkriegs beobachten. So war die von mir bereits zitierte Ankündigung von Admiral Boyce eine Paraphrase von Äußerungen des bekannten israelischen Politikers Abba Eban aus dem Jahre 1981. Er rechtfertigte israelische Greueltaten im Libanon, die, wie er zugab, ziemlich schrecklich waren, aber dem Ziel dienten, »die Bevölkerung so zu beeindrucken, daß sie Druck ausüben würde, der zur Einstellung der Feindseligkeiten führen könnte«. 7 Auch dies ist eine lehrbuchmäßige Illustration für internationalen Terrorismus in der offiziellen Bedeutung des Wortes.
Die Kampfhandlungen, auf die Eban sich bezog, fanden an der israelisch-libanesischen Grenze statt. Sie gingen zumeist von Israel aus, oftmals wurde noch nicht einmal ein Vorwand angegeben, aber die Vereinigten Staaten unterstützten dieses Vorgehen, das mithin konventionellerweise nicht zum Terrorismus und seiner Geschichte zählt. Damals bombardierte Israel den Libanon, um Rechtfertigungsgründe für eine geplante Invasion zu finden. Das gelang zwar nicht, aber die Israelis marschierten dennoch in den Libanon ein, wobei an die 18 000 Personen den Tod fanden, und hielten den Südlibanon weitere zwanzig Jahre besetzt, doch all das zählt nicht als Terrorismus, weil die USA Israel Rückendeckung gaben.
Preiswürdige Greueltaten
Das Jahr 1985 bildete den Höhepunkt der US-amerikanischen und israelischen Greueltaten im Südlibanon. Die von Premierminister Schimon Peres ins Werk gesetzte Operation »Eiserne Faust« bestand aus
Weitere Kostenlose Bücher