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gewaltsamen Vergeltungsakten ein-nehmen, zu denen auch der Krieg in Afghanistan gehört, der mit der unzweideutigen Erwartung begonnen wurde, daß er Millionen von Menschen in den Hungertod führen könne. Wir werden das, wie ich sagte, aus prinzipiellen Erwägungen heraus nie erfahren.
Oder denken wir an mindere Gewalttaten, wie die gegenwärtigen Vergeltungs-maßnahmen in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten, die, wie immer, mit Billigung der USA durchgeführt werden und darum nicht als Terrorismus gelten. Der Marsbewohner würde sicherlich auf der Titelseite berichten, daß die USA gerade jetzt den Krieg gegen den Terror als Vorwand benutzen, um den Terrorismus ihres führenden Vasallenstaats zu protegieren oder gar zu eskalieren.
Die jüngste Phase dieses Terrorismus begann am 1. Oktober 2000, gleich nach Beginn der zweiten Intifada. Israelische Helikopter griffen unbewaffnete Palästinenser mit Marschflugkörpern an, wobei Dutzende getötet und verwundet wurden. Von Selbstverteidigung war nicht einmal als Vorwand die Rede. (Nebenbei gesagt: »Israelische Helikopter« sind US-amerikanische Helikopter mit israelischen Piloten, die eine entsprechende Ausbildung genossen haben.)
Präsident Clinton reagierte sofort auf diese Gewalttaten. Schon am 3. Oktober, also zwei Tage später, sorgte er dafür, daß Israel die umfangreichste Lieferung an Helikoptern innerhalb eines Jahrzehnts erhalten sollte. Dazu kamen noch Ersatzteile für Apache-Militärhubschrauber, die im September geliefert worden waren. Die Presse kollaborierte, indem sie die Berichterstattung verweigerte - verweigerte, nicht etwa versäumte, denn die Details waren ihr sehr wohl bekannt.
Im letzten Monat hätten die Marszeitungen sicherlich Washingtons Intervention zur weiteren Beschleunigung des Terrorkreislaufs im Nahen Osten auf die Titelseiten gesetzt. Am 14. Dezember legten die USA ihr Veto gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrats ein, in der die Umsetzung der Mitchell-Vorschläge und die Entsendung internationaler Beobachter für die Deeskalation der Gewalttätigkeiten gefordert wurde. Die Resolution ging dann an die Generalversammlung, wo sie ebenfalls von den USA und Israel angefochten wurde. Auch hierüber gab es in den US-Medien keine Zeile.
Eine Woche zuvor hatte es in Genf eine Konferenz der Signatarstaaten der Vierten Genfer Konvention gegeben, die zur Durchsetzung dieser Konvention vertraglich verpflichtet sind. Sie war bekanntlich nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen worden, um die Kriegsverbrechen der Nationalsozialisten gerichtlich verfolgen zu können. Die Vierte Konvention verbietet praktisch alles, was die USA und Israel in den besetzten Gebieten unternehmen. Dazu gehören auch die Siedlungen, die mit US-amerikanischer Wirtschaftshilfe errichtet und ausgedehnt wurden. Diese Unterstützungs-maßnahmen wurden unter Clinton und Barak während der Verhandlungen von Camp David noch erweitert.
Nur Israel weist die Vorwürfe, gegen die Genfer Konvention zu verstoßen, zurück.
Als das Thema im Oktober 2000 im UN-Sicherheitsrat zur Sprache kam, enthielten sich die USA der Stimme. Offensichtlich wollten sie nicht mit der Verletzung grund-legender Prinzipien des internationalen Rechts in Verbindung gebracht werden, schon gar nicht angesichts der Umstände, unter denen dieser Verstoß stattfand. Deshalb verurteilte der Sicherheitsrat mit vierzehn gegen null Stimmen Israel zur Einhaltung der Konvention. Vor Clinton hatten die USA zusammen mit anderen Mitgliedern des Sicherheitsrats gegen die »flagrante Verletzung« der Konvention durch Israel gestimmt. Die Enthaltung paßt zu Clintons Praxis, die internationale Gesetzgebung und frühere UN-Resolutionen praktisch zu annullieren.
Den Medien zufolge sind die Araber der Auffassung, daß die Konvention für die von Israel besetzten Gebiete gelte. Das ist nicht falsch, aber zuwenig - die Araber sind dieser Auffassung und alle anderen Nationen ebenfalls. Das Treffen vom 5. Dezember 2001, auf dem sämtliche Mitgliedsstaaten der Europäischen Union anwesend waren, bestätigte die Gültigkeit der Genfer Konvention für die besetzten Gebiete und die Illegalität der Siedlungspolitik; Israel (und damit indirekt die USA) wurde aufgefordert, das internationale Recht zu beachten. Das Treffen scheiterte, weil die USA es boykottierten. Auch in diesem Fall war die Berichterstattung in den USA gleich null.
Dadurch wurde der Terrorismus im Nahen Osten erneut angeheizt, und die
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