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Meerestochter

Meerestochter

Titel: Meerestochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena David
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er überhaupt? Denen war das doch scheißegal.
    «Architektur», wiederholte Tom affektiert. Ihm gehörte der Segelboot- und Surfverleih, seit sein Vater einen Schlaganfall erlitten hatte und im ersten Stock des Hauses vor sich hin vegetierte. Im Moment allerdings war wenig los, Ende der Saison, und seit dem frühen Morgen nieselte es auch noch. Da schaffte seine Frau den Laden alleine. Er kratzte sich die rote Wolle auf seiner Brust. «Klingt irgendwie schwul.»
    Die anderen lachten.
    «Der Sohn vom alten John ist auch weggegangen, studieren.» Der Sprecher malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft. «Kam dann wieder und hat oben an der Tankstelle gearbeitet. Hat was mit der Frau vom Besitzer angefangen. Die sollen ihn dann ermordet haben und nach Frankreich gegangen sein.» Er rülpste. Die anderen nickten; sie kannten die Geschichte. Sie war ein gutes Beispiel dafür, dass man besser allen misstraute, die ihre Wurzeln verrieten.
    «Ist immer was faul mit Leuten, die zu weit weggehen», erklärte Patrick und zwinkerte Adrian zu. «Nichts für ungut, Ames.»
    «London is ja nich sooo weit», fügte Ned hinzu, der in vierter Generation eine der Pensionen am Ende des Hafens betrieb, das «Seaside Home». Genau wie bei seinem Vater und seinem Großvater lichtete sich sein Haar früh, und er hatte dieselbe nervöse, wichtigtuerische Art. Ned war nicht dumm, man konnte sogar ganz gut mit ihm reden, wenn es nicht gerade um Politik ging. Ihn sah Adrian häufiger, das «Seaside Home» lag direkt neben dem Haus von Maud.
    Adrian grinste. «Das wär’s jetzt, Pat, was macht das?»
    Patrick packte alles in eine Plastiktüte mit dem Aufdruck ‹Mermaid-Shop›, verlangte zwölf Pfund fünfundsiebzig und ließ die Kasse klingeln.
    «Könntest uns mal so ’n Waterpark bauen, wie sie in Paignton einen haben. Das wär was.»
    Zustimmendes Gemurmel begleitete Toms Vorschlag. «Mit ’ner Riesenrutsche.»
    «Und ’nem Steg mit Casino», fügte Pete hinzu.
    «Kannste vergessen, da macht der Denkmalschutz nich mit.» Das war typisch Ned.
    «Ein Zoo wär eh besser.» – «Ein Zoo, spinnst du?» – «Oder ein Aquarium, das haben die in Barcelona, hab ich gehört.» Die Meinungen waren geteilt.
    «Jungs», versuchte der alte Patrick für Ruhe zu sorgen. «Ihr wisst doch, das hat der Gemeinderat lange genug durchgekaut. Aber wenn die gute Rose ihren Grund nun mal nicht verkaufen will …» Er lächelte Adrian mit falscher Freundlichkeit an, während er ihm die Tüte über den Tresen reichte. Im Laden war es still geworden.
    Adrian fühlte sich beobachtet auf dem Weg zur Tür. Gleichzeitig hatte er keine Ahnung, wovon Pat da faselte. Rose besaß keinen Grund außer dem, auf dem ihr Cottage stand. Und der lag hoch auf den Klippen. Sie wollten die Rutsche doch nicht dort oben beginnen lassen, oder? Er war ehrlich irritiert, hatte aber nicht die geringste Lust nachzufragen. Es war schon komisch, Broxton war seine Heimat. Aber nirgendwo fühlte er sich schneller als Außenseiter als hier. In London hatte er manchmal Heimweh. Kaum jedoch war er hier, wünschte er sich sehnlichst wieder fort. Wenn da nicht Tante Rose wäre … und Maud natürlich. Wieso konnte man sich nicht aussuchen, woher man stammte? Wenn man alt genug war und entscheiden konnte, was wirklich zu einem passte? Auf Broxton jedenfalls wäre er niemals gekommen.
    Er hatte die Hand schon nach der Klinke ausgestreckt, als ein Blaulicht draußen seine Aufmerksamkeit erregte. Langsam und ohne Horn glitt ein Polizeiwagen die Promenade entlang und hielt fast exakt zwischen den beiden Palmen, direkt vor dem Siren’s Pub, der
Fish and Chips and other seafood
anbot. Der Regen wusch gerade die mit Kreide angeschriebenen Tagesangebote von den Schiefertafeln. Jetzt bemerkte Adrian auch die beiden Feuerwehrwagen. Sie standen am anderen Ende der Bucht, die den Hafen von Broxton bildete. Und er sah das Gewimmel der Menschen, die sich unter Regenschirmen zusammendrängten, um über das Geländer hinunter zu dem schmalen Strandstück zu schauen.
    «Was ist denn da los?», fragte er in die Runde.
    «Haste noch nich gehört? Gestern Nacht nach der Feier wurde ein Mädchen vermisst. Oder besser, vermisst haben sie es erst heute früh. Ist vielleicht ertrunken, heißt es.»
    «Oder ermordet?» Ned holte sich ein neues Bier und runzelte die Stirn. Tote Touristen waren nicht gut fürs Geschäft.
    «Ermordet, pah. Du hast zu viele Krimis gelesen. Die hat zu viel gesoffen und ist zu

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