0260 - Sie jagten ihn durch Florida
Der zweite Tag unseres Aufenthalts in Florida hielt ein Erlebnis bereit, das mich fast um den Verstand brachte.
Es wurde vorbereitet durch einen Sonnenstich, den ich mir am ersten Tag einhandelte. Und das kam so: Ich legte mich an den Strand, der zu unserem Hotel gehört, um mir die Sonne auf den Pelz brennen zu lassen. Phil machte unterdessen einen Stadtbummel. Ich schlief ein und wachte erst vier Stunden später wieder auf. Da war es schon passiert. Der Hotelarzt sprach unverblümt von einem leichten Sonnenstich. Ich sah Phil doppelt und für die nächsten Tage schwarz.
Ich musste sofort ins Bett, schluckte tapfer Tabletten und döste vor mich hin, während Phil im hoteleigenen Schwimmbecken herumtollte. In der Nacht schloss ich kaum ein Auge. Kopfschmerzen und ein handfester Sonnenbrand machten das Bett zu einer Hölle.
Aus diesem Grunde stand ich am nächsten Tag schon um 7 Uhr auf. Erstaunlicherweise war ich wieder einigermaßen fit. Ich wollte nach Collins Island hinüberschwimmen. Ich ging zum Strand hinunter, warf den Bademantel ab, schlüpfte aus den Sandalen und stieg ins Wasser. Mit kräftigen Stößen schwamm ich in die Bucht hinaus. Weit vorn auf den Wellen tanzte der schnittige Leib einer Luxusjacht.
Das morgendliche Bad war erfrischend. Meine Kopfschmerzen ließen nach. Langsam näherte ich mich der Jacht. Auf dem Deck leuchtete etwas Grünes. Beim Näherkommen erkannte ich eine bildhübsche junge Frau mit tizianrotem Haar. Sie trug einen knappen, lindgrünen Badeanzug. Sie winkte mir lächelnd zu.
»Hallo! Wie ist das Wasser?«
»Herrlich, Madam!«, antwortete ich und tauchte unter.
Prustend kam ich wieder hoch und kraulte am Bug der Jacht vorbei. Das bezaubernde Geschöpf an Deck kam auf die andere Seite und lehnte sich über die Reling.
»Darf ich Sie zu einem Drink einladen, junger Mann?«
Ich grinste. »Nett von Ihnen, Madam. Wenn ich mein Morgentraining beendet habe, komme ich gern an Bord.«
Ich schwamm weiter und vernahm perlendes Lachen.
Nach einer Viertelstunde erreichte ich Collins Island. Ich warf mich in die Dünen. Ich sah zur Jacht hinüber, aber sie war zu weit weg, als dass ich etwas erkennen konnte. Auf den Drink war ich nicht scharf, aber eine nette Unterhaltung mit der Nixe war verlockend.
Ich schwamm zurück. Ich näherte mich der Jacht. Von der Frau war nichts zu sehen. Ich schwamm um den Bug herum. Mittschiffs hing eine Strickleiter herunter. Ich kletterte hoch und stieg an Deck.
»Hallo, Madam?«
Keine Antwort. Das Schiff lag wie ausgestorben. Ich spürte die von der Sonne erwärmten Planken unter den nackten Füßen und sah mich um. Meine Nixe lag malerisch in einem Korbsessel am Heck. Lächelnd blieb ich vor ihr stehen. Ihre Arme hingen über die Lehnen des Sessels. Das Gesicht war mit einem riesigen Strohhut verdeckt, die tizianrote Flut ihrer Locken ergoss sich über die Rückenlehne.
»Wie ist es mit dem versprochenen Drink?«, fragte ich. Sie schwieg. Keine Bewegung verriet, dass sie mich gehört hatte. Ich beugte mich vor und nahm den Hut von ihrem Gesicht.
»Madam?«
Aber sie konnte mir nicht antworten, denn sie war tot. Es gab keine Anzeichen von Gewaltanwendung. Flüchtig durchsuchte ich die Jacht. Nichts Verdächtiges. Ich war mit der Toten allein an Bord. Viele Gedanken schossen mir durch den Kopf. Konnte die Frau an einem Herzschlag gestorben sein?
Ich beschloss, die Miami-Police zu informieren. Hastig kletterte ich die Strickleiter wieder hinunter, ließ mich ins Wasser gleiten und schwamm zurück. Der Hotelstrand war noch immer menschenleer. Mein Bademantel und die Sandalen lagen einsam im Sand.
Als ich Phils Zimmer betrat, lag er noch im Bett. Er grinste mich an.
»Na, Jerry? Du erscheinst mir ziemlich olympiaverdächtig. Hast du einen neuen Weltrekord aufgestellt?«
Ich schüttelte ernst den Kopf. »No, Phil. Ich habe nur die Einladung zu einem Drink bekommen. Von einer bildhübschen Frau an Bord einer märchenhaften Jacht. Leider kam etwas dazwischen.«
»Ein Hai?«
»No, die Frau war tot, als ich an Bord kam.«
Phil fuhr im Bett hoch. Ich erzählte ihm alles und griff nach dem Telefonbuch.
»Du willst die Cops verständigen?«
»Natürlich. Kein Mensch ist an Bord. Man kann die Frau doch nicht einfach liegen lassen.«
»Das ist mir klar, Jerry. Ich will dich nur darauf aufmerksam machen, dass keiner wissen darf, wer wir sind. Unser Auftrag muss'geheim bleiben.«
»Natürlich, Phil.«
Ich hatte die Nummer gefunden und
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