Mein Afrika-Tagebuch
s in Afrika bezeich n et wird. Bestürzt m uss ich zur Kenntnis neh m en, dass Straßenkinder von an A m peln wartenden Autofahrern Geld verlangen und wenn sie keins kriegen, ihren Opfern Kugeln aus m enschlichen Exkre m enten ins Gesicht sch m ieren.
Diese Infor m ation enthalte ich m e i nen neuen Gefährten keineswegs vor und wir küren Dan, unseren Gruppenführer, zum »Einsch m ierkandidaten der W oche«. Es fügt sich gut, dass er gerade auf der Toilette ist, als wir die Angelegenheit erörtern; die Beschlussfassung erfolgt einstim m ig. Um ihm die Freude an Nairobi nicht zu verderben, beschließen wir darüber hinaus, ihm unsere Entscheidung erst dann m itzuteilen, wenn Kinder im An m arsch sind.
W i r landen nachts auf dem Jomo K e nyatta-Flughafen, es ist angenehm kühl. Kentice Tikolo, eine ungeheuer launige kenianische D a m e aus dem CARE-Büro in Nairobi, holt uns ab und verfrac h tet uns in wartende Taxis. In Jenseits von Af ri ka ist Nairobi ein sonniges Landstädtchen, doch zu m ei n er Enttäuschung m uss ich nun feststellen, dass m an diesen hübschen Ort irgendwann in den letzten fünfzig, s echzig Jahren ausgerechnet durch O m aha ersetzt hat. Nairobi ist eine x-beliebige m oderne Großstadt m it A m peln, Hochhäusern und Plakatwänden, auf denen für S a msung-Fernseher und dergleichen geworben wird. Unser Hotel ist ein Holiday Inn – sehr hübsch und beque m , aber kaum eine Residenz, aus der es » W illkommen in Afrika, Bwana!« ertönt.
»Sie werden schon noch genug von Afrika sehen«, versichert m i r Kentice, a l s wir uns zu einer Runde gesundheitsfördernder Flüssigkeitsaufnah m e in der Bar treffen. » W ir zeigen Ihnen jede Menge exotischer Dinge. Haben Sie schon m al K a m el gegessen ? «
»Nur in der Mensa m einer Highschool, und da hieß es Lamm«, erwidere ich. Als Dan zumTresen geht, nutze ich die Gele g e n heit und f r a ge sie nach den Straßenkindern, von denen ich auf d e m Flug gelesen habe.
»Ach, das lassen Sie m al Ihre geringste Sorge sein«, lacht sie. »Viel schlim m er ist es, wenn Ihnen das Auto geraubt wird. Da geht’s m anch m al ganz schön gewalttätig zu.«
» W ie tröstlich.«
»Aber keine Bange«, fährt sie fort, legt m i r beruhigend die Hand auf den Arm und w i rd ernst. »Wenn etwas passiert – wir haben hervorrag e n d e Klini k en in N airo b i.«
W i r gehen früh schlafen, denn am nächsten Morgen wollen wir früh aufstehen. Betrübt sehe ich, dass kein Moskitonetz an m ein e m Bett i s t. Nicht ahnend, dass es in Nairobi keine Malaria gibt, s p rühe ich m i ch großzügig m it Insektenspray ein und klinge die ganze Nacht jedes m al, wenn ich m i ch im Bett u m drehe, wie ein Kl e tt v erschl u ss, der aufgeri s sen wird. Außerdem träu m e ich Schreckliche s : Dschungel-Jim jagt m i ch m it tatkräftiger Hilfe eines weißen Pyg m äenst a mms durch die Straßen von O m aha und wirft m i t Kotkugeln nach m i r.
Über 70 0 .0 0 0 Mens c hen leb e n in Kibe r a bei N a ir o b i, d e m gr ö ß t e n S lu m i n A f r i ka.
Bill Brys o n in Ki b era
E i n M äd c h e n i n Ki be r a .
Offe n e A b fl ü sse u n d se h r sch l ech t e sa n it ä re A n la g e n s i nd an d e r Ta geso r d nu n g
E i ne der t yp i s c hen H ü tt en i n K i bera
Sonntag, 29. September
Morgens fahren wir nach Kibera, ein Meer von Blechdächern, das sich etwa eine Meile an einem dunstigen Berghang im Süden der Stadt entlangzieht. Kibera ist der größte Slum in Nairobi, wahrscheinlich der größte in Afrika. Nie m a nd we i ß, wie viele Menschen dort leben. Mindestens 700.000, vielleicht aber auch eine Million oder noch m ehr. Nicht weniger als 50.000 Kinder dort sind A I DS - W aisen und m i ndestens ein Fünftel der Bewohner HIV-positiv, es könnte aber auch die Hälfte sein. Keiner weiß es. An K i bera ist n i chts sicher und offiziell, nicht ein m al seine Existenz. Es erscheint a u f keiner Karte. Es ist nur da.
Als Fre m d e r kann m an nicht einfach hineinspazieren. Gut, m an kann, aber m an würde nicht wieder herauskom m en. Kibera ist gefährlich. W ir werden zu Fuß vom Distriktkom m i ssar Nashon Opiyo, ein e m liebenswürdigen Riesen, und dreien seiner Stellvertreter heru m geführt. Sie wohnen alle in Kibera und sind, obwohl Kibera offiziell gar nicht existiert, von der Regierung angestellt, um das Gan z e ein bisschen im Auge und sicher auch im Griff zu behalten.
Wenn m an in den Slum hine i ngeht,
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