Die Wanderapothekerin 2: Aufbruch (German Edition)
1.
R umold Just hieb mit der Faust auf den Tisch. »Das ist unmöglich! Wann hätte man je davon gehört, dass eine Frau als Buckelapothekerin auf Wanderschaft gegangen wäre? Mit mir ist das nicht zu machen!«
»Dann wirst du dem Amtmann mitteilen müssen, dass du den ausdrücklichen Wunsch Unseres allergnädigsten Fürsten missachtest«, antwortete sein Sohn mit einem feinen Lächeln.
»Rumold, ereifere dich nicht!«, bat Magdalena.
»Ich ereifere mich, wann ich will!«, gab der Laborant grimmig zurück. »Es ist ein Unding, einer Frau, noch dazu so einem unreifen Ding wie Klara Schneidt, eine Strecke anzuvertrauen, die zu den profitabelsten überhaupt gehört. Außerdem kann keine Frau das Reff über so viele Meilen tragen. Punkt!«
»Seine Hoheit Ludwig Friedrich hat es so bestimmt«, wandte sein Sohn ein.
Tobias passte es zwar ebenfalls nicht, dass Klara sich auf eine so anstrengende und gefährliche Wanderschaft begeben wollte. Aber insgeheim amüsierte er sich über seinen Vater, der sich den ganzen Winter über nicht um die Entscheidung des Fürsten gekümmert hatte. Nun, da der Tag bevorstand, an dem seine Wanderapotheker aufbrechen mussten, tat er so, als habe er eben erst davon erfahren.
»Was kannst du denn dagegen tun, Rumold – wenn es doch der Wunsch des Fürsten ist?«, fragte Tobias’ Mutter.
»Ich werde …«, setzte ihr Ehemann an und brach mit einem verärgerten Schnauben ab. Ihm war klar, dass er sich den Zorn des Fürsten zuzog, wenn er Klara von ihrer Wanderung abhielt.
»Es ist eine Schande, dass die Menschen dieses Landes der Laune eines einzigen Mannes ausgeliefert sind, für den nicht mehr spricht, als dass er als Sohn eines bestimmten Vaters geboren wurde«, sagte er grollend.
»Das solltest du nicht laut sagen«, warnte Tobias. »Man würde dich sonst noch als Aufrührer ansehen und verhaften!«
»Ein Aufrührer! Ich? Diese Klara ist eine Aufrührerin, weil sie glaubt, gegen die göttliche Ordnung löcken zu können. Ich dachte, es wäre nur eine vorübergehende Laune von ihr, und war sogar bereit, einen anderen Wanderapotheker auf die Reise zu schicken, bis ihr Bruder alt genug ist, um selbst aufbrechen zu können. Doch dieses Biest wagt es, mich aufzufordern, alle Heilmittel und Tinkturen für sie vorzubereiten, damit sie zusammen mit den anderen Wanderapothekern losziehen kann.«
Zornentbrannt packte Just seinen Krug und wollte ihn gegen die Wand schmettern.
Im letzten Augenblick hielt Magdalena Just seine Hand auf. »Bitte, Rumold! Jetzt beruhige dich doch! Du darfst den Befehl des Fürsten nicht missachten. Also lass alles für Klara herrichten. Vielleicht bewältigt sie ihre Strecke ja sogar.«
»Gar nichts wird die bewältigen! Ich sage dir, was sie tun wird. Nach zwei oder drei Tagen wird ihr das Reff mit all seinen Tiegeln und Töpfen zu schwer, und dann wird sie alles stehen und liegen lassen und nach Hause zurückkehren.«
»Das bringt dir doch keinen Verlust, denn sie hat genug Geld vom Amtmann erhalten, um nicht nur ihre Schulden zu begleichen, sondern auch die Ware bezahlen zu können, die sie mitnehmen will«, erklärte Tobias.
»Aber ich verliere die Kunden auf der Strecke, weil sie behaupten werden, der Laborant Just sei zu unzuverlässig, um weiterhin bei ihm kaufen zu können!« Rumold Just verfluchte in Gedanken das Mädchen, das den Fürsten beschwatzt hatte, so einen Unsinn zu befehlen.
»Ich wollte, sie wäre dem Köhler nicht entwischt«, entfuhr es ihm.
»Rumold, sag so etwas nicht! Nicht, dass der Herrgott dich dafür straft«, rief Magdalena Just erschrocken.
»Ich meine das doch nicht ernst. Es ist nur gut, dass dieser Schurke seine gerechte Strafe erhalten hat. Aber hätte diese kleine Nervensäge sich nicht etwas anderes wünschen können, denn als Wanderapothekerin gehen zu dürfen? Der Fürst und der Amtmann tun sich leicht damit, es ihr zu erlauben. Der Einzige, der den Schaden hat, bin ich!« Just schnaubte kurz und musterte dann seinen Sohn mit einem schwer zu deutenden Blick.
»Ich werde jedoch zu verhindern wissen, dass meine Geschäfte deswegen schlechter laufen. Du hast mir im Herbst angeboten, Martin Schneidts Strecke zu übernehmen, bis dessen jüngerer Sohn dazu in der Lage ist. Bei Gott, ich werde auf dein Angebot zurückkommen!«
»Und wie willst du Klara daran hindern, dass sie selbst geht?«, fragte Tobias mit einem spöttischen Auflachen.
Magdalena Just sah den sich anbahnenden Streit zwischen ihrem Mann und ihrem
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