Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Auge ruht auf dir - Thriller

Mein Auge ruht auf dir - Thriller

Titel: Mein Auge ruht auf dir - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
Jahren fürchterlich angespannt war, weil er eine Affäre mit Lillian Stewart gehabt hat, der Professorin, die er an der Columbia University kennengelernt und die unser aller Leben verändert hat.
    Mariah erinnerte sich noch gut an ihre Bestürzung, als sie eineinhalb Jahre zuvor nach Hause gekommen war und ihre Mutter Fotos in der Hand hielt, die zeigten, wie Lillian und ihr Vater sich umarmten. Ich war so wütend, schließlich war klar, dass das schon seit fünf Jahren so ging, weil Lily ihn bei allen archäologischen Ausgrabungen in Ägypten und Griechenland und Is rael oder weiß Gott wo begleitet hat. Ich war so schrecklich wütend, weil sie ebenfalls immer hier war, wenn er seine Freunde Richard, Charles, Albert und Greg zum Essen eingeladen hat.
    Es hat sie offensichtlich nicht gestört, dass mein Vater zwanzig Jahre älter war als sie, dachte Mariah verbittert. Ich habe versucht, gerecht zu sein und sie zu verstehen, aber ich verabscheue diese Frau aus tiefstem Herzen.
    Mit Mom ist es seit Jahren bergab gegangen, und ich weiß doch, wie schlimm es für Dad war, dass er das alles hat miterleben müssen. Aber sie hat auch immer noch ihre guten Tage. Und immer noch spricht sie oft von diesen Fotos. Es hat sie sehr verletzt, dass Dad eine andere Frau hatte.
    Ich will nicht daran denken, sagte sich Mariah und wandte sich vom Fenster ab. Ich möchte, dass mein Vater wieder lebt. Ich möchte ihm sagen, wie leid es mir tut, dass ich ihm erst letzte Woche höhnisch die Frage hingeworfen habe, ob die gute Lily ihm auch bei der letzten Exkursion nach Griechenland eine gute Reisegefährtin gewesen ist.
    Sie ging an ihren Schreibtisch und betrachtete das zehn Jahre alte Bild ihrer Mutter und ihres Vaters. Wie liebevoll sie damals miteinander umgegangen sind, dachte Mariah. Sie hatten geheiratet, als sie noch nicht einmal mit dem Studium fertig waren.
    Und erst fünfzehn Jahre später bin ich gekommen.
    Mit einem traurigen Lächeln erinnerte sie sich an ihre Mutter, die ihr gesagt hatte, sie hätten zwar lange warten müssen, aber Gott habe sie mit einem perfek ten Kind gesegnet. Da hat Mom etwas übertrieben, dachte sie. Ihre beiden Eltern waren äußerst attraktive Menschen mit viel Charme. Als Kind war ich sicherlich keine Augenweide. Lange, glatte, schwarze Haare, viel zu groß für mein Alter und so dürr wie eine Bohnenstange, dazu Zähne, die für mein Gesicht damals noch viel zu groß waren. Aber glücklicherweise bin ich dann doch noch eine ganz anständige Mischung aus meinen beiden Eltern geworden.
    Dad, Daddy, bitte sei nicht tot. Sitze bitte am Frühstückstisch, wenn ich ins Zimmer komme, mit der Kaffeetasse in der Hand und der Times oder dem Wall Street Journal vor dir. Ich schnappe mir dann die Post und blättere zum »Vermischten«, und du wirfst mir über die Brille diesen Blick zu, mit dem du mir zu verstehen gibst, dass man sich mit so etwas überhaupt nicht abgeben sollte.
    Ich will nichts essen, ich werde nur einen Kaffee trinken, beschloss Mariah, öffnete die Tür und ging durch den Flur zur Treppe. Auf der obersten Stufe blieb sie stehen und lauschte, hörte aber keinen Laut aus den beiden miteinander verbundenen Zimmern, in denen ihre Mutter und Rory schliefen. Was hoffentlich heißt, dass sie unten sind, dachte sie.
    Im Frühstückszimmer aber war von ihnen nichts zu sehen. Sie ging in die Küche zu Betty Pierce, der Haushälterin. »Mariah, Ihre Mutter wollte nichts essen. Sie ist im Arbeitszimmer. Ich glaube nicht, dass Ihnen gefällt, was sie anhat, aber sie besteht auf das blau-grüne Leinenkostüm, das Sie ihr zum Muttertag geschenkt haben.«
    Mariah wollte schon protestieren, hielt dann aber inne: Was in Gottes Namen machte es schon? Sie nahm von Betty die Kaffeetasse entgegen und ging damit ins Arbeitszimmer. Dort fand sie eine äußerst bekümmerte Rory vor, die, ohne dass sie gefragt werden musste, nur mit dem Kopf zur Schranktür wies. »Sie erlaubt nicht, dass ich die Tür offen lasse«, sagte sie, »und sie will mich auch nicht bei sich haben.«
    Mariah klopfte an die Schranktür, öffnete sie langsam und murmelte dabei den Namen ihrer Mutter – seltsamerweise reagierte sie darauf manchmal eher als auf das »Mom«, mit dem Mariah sie üblicherweise ansprach. »Kathleen«, sagte sie also, »Kathleen, es ist Zeit für eine Tasse Tee und ein Zimthörnchen.«
    Kathleen Lyons kauerte ganz hinten auf dem Boden des großen begehbaren Wandschranks, der zu beiden Seiten mit Regalen versehen

Weitere Kostenlose Bücher