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Mein bis in den Tod

Mein bis in den Tod

Titel: Mein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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dabei wie Eliza Doolittle in
My Fair Lady
vorgekommen – oder, wie Ross es bevorzugt hätte, in Shaws
Pygmalion
, das ebenfalls auf der Liste stand. Er legte Wert darauf, dass sie an jedem Dinner-Tisch eine gute Figur abgab.
    Im Stillen hatte sie sich oft gefragt, wieso er sich eigentlich in sie verliebt hatte. Er hatte ihr Gesicht verändert, die Brüste, die Nase, die Stimme, und sie einem Umerziehungsprogramm unterzogen. Und manchmal hatte sie gedacht, dass vielleicht genau dies der Grund war: Ross hatte sich zu ihr hingezogen gefühlt, weil sie formbar war. Möglicherweise hatte er sie als
Tabula rasa
betrachtet, auf die er das Bild seiner idealen Frau malen konnte. Vielleicht brauchte der Kontrollfanatiker in ihm ja genau das.
    Jetzt beobachtete er sie. Er saß an dem großen runden Tisch ihr schräg gegenüber, neben einem Mann mit perfekter Sonnenbräune und noch perfekteren Zähnen, der auf ihn einredete und seine Sätze mit einer Seitwärtsbewegung seiner Hand unterstrich. Rechts von ihm saß eine Frau mit toupiertem, gebleichtem Haar, die ein Face-Lifting zu viel hatte machen lassen. Ihre Haut schien der Schwerkraft zu trotzen und stieg von den Gesichtsknochen und -muskeln nach oben, was ihr einen leicht irren, starrenden Blick verlieh und den Mund zu einem humorlosen Dauerlächeln streckte. Ausgeschlossen, dass Ross etwas anderes als ein berufsmäßiges Interesse an ihr entwickeln könnte.
    Schade
.
    Als Faith sich nach vertrauten Gesichtern umsah, erblickte sie einen Mann, der sie schon einmal beobachtet hatte und nun wieder zu ihr herüberschaute. Sie blickte ihn an, aber er war in ein Gespräch vertieft, dann sah sie noch einmal zu ihm hin. Ihre Blicke trafen sich. Er lächelte. Geschmeichelt wandte sie sich ab, unterdrückte ein schuldbewusstes Lächeln. Es war schon lange her, dass sie mit jemandem geflirtet hatte, aber es war ein schönes Gefühl, getrübt nur durch die Aussicht auf Ross’ Zorn, den er später an ihr auslassen würde, wenn er es bemerkte.
    Sie blickte erneut zu dem Mann hin, und er sah sie noch immer an. Diesmal senkte sie hastig den Kopf.
    »Dann hab ich sämtliche Toleranzen ausgeschöpft – Aufhängung, Stoßdämpfer, Bremsen –, wir haben das alles rausgerissen und ganz von vorne angefangen. Im Grunde haben wir eine Rennwagen-Plattform gebaut …«
    Sie ignorierte ihren Tischnachbarn abermals, dann warf sie einen flüchtigen Blick auf den Tisch neben ihrem. Da sich ihr Bewunderer mit einem Asiaten zu seiner Linken unterhielt, bot sich ihr die Möglichkeit, ihn sich genauer anzusehen. Er war ungefähr so alt wie Ross, Mitte bis Ende vierzig, doch etwas unterschied ihn von allen anderen Gästen, wenn sie auch nicht sofort wusste, was.
    Er saß da, mit geradem Rücken, groß gewachsen und schlank. Die Brille mit Metallgestell war modisch, das Gesicht unter dem grauen Haarschopf wirkte ernsthaft und intellektuell. Er trug eine größere, weniger perfekte Schleife als die adretten kleinen schwarzen Seidenfliegen, die hier offenbar üblich waren.
    Wer bist du? Du siehst wirklich gut aus.
    Er könnte Wissenschaftler sein – vielleicht arbeitete er in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der pharmazeutischen Gastgeberfirma.
    Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen. Ein Zeremonienmeister in Livree verkündete: »Sehr geehrte Lords, Ladies und Gentlemen, bitte erheben Sie sich zum Toast.«
    Nachdem alle wieder Platz genommen hatten, zog Ross ein Röhrchen aus seiner Innentasche, schraubte den Deckel ab und schüttelte eine große Havanna heraus. Sein trockenes, humorloses Lächeln, mit dem er sie ansah, drückte aus: »Ich sehe, dass du ihn anschaust, Sonnenschein. Ich sehe, dass du ihn anschaust.«

[home]
    5
    D as Haus war in zwei Wohnungen unterteilt. Auf der Rückseite befand sich eine Feuerleiter, zu der man von der Küchentür mit Glaseinfassung in die Wohnung im ersten Stock gelangte.
    Jetzt stieg der Junge die Feuerleiter hinauf und mühte sich unter dem Gewicht des Benzinkanisters, während er in seinen Turnschuhen leise auf die gusseisernen Stufen trat. Er war elf, groß für sein Alter, aber ein flüchtiger Betrachter hätte ihn für sechzehn halten können. Niemand würde von einem Sechzehnjährigen Notiz nehmen, der um elf Uhr abends durch die ruhigen Straßen im Süden Londons radelte. Niemand würde den Kanister bemerken, den er, unter der Windjacke an die Brust gebunden, bis hierher transportiert hatte.
    Noch immer lief der Song »Love Me Do«, von dieser neuen

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