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Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry

Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry

Titel: Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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verschwand sie im Gewühl der Gäste.
    Ray Mortimer blickte ihr eine Weile nach. Dann wanderten seine Augen forschend durch das lärmerfüllte Lokal. In die schrillen Klänge des Musikautomaten mischte sich das heisere Grölen farbiger Seeleute, das Schwatzen und Gurren der Hafenmädchen, der melancholische Singsang gelber Matrosen. In einer Ecke drehten sich engumschlungen zwei verliebte Pärchen. Das war alles. Nirgends konnte Ray Mortimer einen Spitzel erkennen, nirgends einen verkappten Detektiv. Auch von seinen eigenen Leuten war niemand zu sehen.
    „Ich werde es trotzdem riskieren“, sagte Ray Mortimer still bei sich. „Heute ist die Beute noch warm. Morgen ist es vielleicht schon zu spät. Ein ,Zinker‘ darf nicht lange überlegen.“
    Er warf ein paar Münzen auf den Tisch und schlich sich unauffällig aus dem Lokal.
    Draußen gähnte ihm das Hafenviertel finster und unfreundlich entgegen. Es regnete in dünnen Fäden. Ueber der Themse stiegen bleiche Herbstnebel auf. Von weither klang das Heulen einer Schiffssirene. Ray Mortimer schlug den Kragen seines Wettermantels hoch und machte sich auf den Weg zum Kai. Aber er kam nicht weit. Eine Dame in auffallendem Pelz vertrat ihm den Weg. „Wollen Sie mich begleiten?“ fragte sie leise.
    Ray Mortimer starrte sie ärgerlich an. Die Dame entstammte unzweifelhaft dem ältesten Gewerbe der Welt. Ihre Augenlider waren violett gefärbt und ihre Lippen grellrot überpinselt. Unter dem Pelz wölbte sich herausfordernd der käufliche Busen.  
    „Bitte, kommen Sie mit“, wiederholte sie drängend.
    „Danke“, wehrte Ray Mortimer kühl ab. „Ich bin nicht auf Frauen Ihrer Sorte angewiesen. Geben Sie den Weg frei!“
    Die Dame blieb hartnäckig an seiner Seite. „Es ist nicht, wie Sie denken“, murmelte sie hastig. „Ich will Ihnen lediglich einen Zettel zustecken. Aber ich kann es nicht hier tun. Man würde .uns beobachten.“ Sie begleitete Ray Mortimer bis zur nächsten Straßenecke. In einer dunklen Toreinfahrt drückte sie ihm verstohlen den Zettel in die Hand.
    „Ich will kein Trinkgeld“, erklärte sie rauh. „Wenn Sie den Zettel gelesen haben, werfen Sie ihn weg. Mehr habe ich Ihnen nicht auszurichten.“
    Ray Mortimer stellte befriedigt fest, daß die Dame hinter ihm zurückblieb. Er war allein. Vor ihm lag der weite Hafenplatz von Woolwich an der unteren Themse.
    Im Lichtkreis einer Laterne entfaltete er den zerknüllten Zettel und entzifferte mühsam die krakelige Schrift.
    „Seien Sie vorsichtig“, las er. „Betreten Sie auf keinen Fall das Schiff. Der erste Schritt über die Bordplanken könnte Ihr Ende bedeuten.“
    Ray Mortimer zerriß den Wisch in kleine Fetzen und warf die Schnitzel in das nächste Kanalgitter.
    „Unsinn!“ knurrte er zwischen den Zähnen. „Diese ganzen Warnungen sind Unsinn. Die Burschen wollen mich nur auf die Seite drängen. Ich stehe ihnen im Weg. Das ist alles.“
    Unbekümmert bog er in den Hafenplatz ein. Am Pier schaukelten ein paar mittelgroße Kähne von mausgrauer Farbe. Dazwischen ein alter Segler und zwei plumpe Frachter. Das trübe Flußwasser raunte dumpf und geheimnisvoll. Knarrend rieben sich die Haltetaue an den Pollen. Ray Mortimer tastete heimlich nach seiner Waffe, die er in der Manteltasche trug. Sie war durchgeladen, eine Patrone steckte im Lauf. Was konnte ihm da schon passieren …
    Durch den Nebeldunst geisterten ein paar unruhige Schatten, dienstfreie Matrosen, die den Nachtlokalen zustrebten. Ihre Schritte hallten gedämpft über das Pflaster.
    Ray Mortimer wartete geduckt in einem Winkel ab, bis die Luft rein war. Dann erst schlich er lautlos auf den letzten Frachter zu. Es war ein chinesisches Schiff. An der Reling lehnte ein Gelber und starrte gelangweilt in den Nebel. Die Bullaugen waren dunkel. Nur die Positionslichter glosten trüb durch die neblige Nacht. Jetzt heißt es aufpassen, dachte Ray Mortimer wachsam. Niemand darf mich sehen, wenn ich an Bord gehe. Kein Mensch darf einen Schritt hören.
    Er verharrte geduldig am Rand der Kaimauer, bis der Gelbe sich von der Reling entfernte. Ein paar Sekunden später huschte er geschmeidig wie eine Katze das Fallreep hinauf. Hinter der Kommandobrücke warf er sich lautlos nieder. Ganz in seiner Nähe erklangen raunende Stimmen. Es waren Chinesen, die sich da unterhielten. Sie sprachen von Rauschgift und Geld und weißen Frauen. Einmal hörte er auch seinen eigenen Namen, aber noch ehe er die Worte richtig verstand, entfernten sich die leisen

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