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Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry

Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry

Titel: Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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kam, und wußte auch nicht, wohin er gehen sollte. Meist saß er auf irgendeiner Bank im Hospitalgarten und brütete schweigsam vor sich hin. Er ließ die Verhöre der Polizei und der Zeitungsreporter geduldig über sich ergehen. Doch man brachte nichts Vernünftiges aus ihm heraus. Er beantwortete jede Frage mit ,Nein‘ oder ,ich weiß es nicht'.
    Das blieb so bis zu dem Tage, an dem Ray Mortimer entlassen werden sollte. Der Oberarzt war persönlich zum Abschied erschienen. Er blickte besorgt auf den Mann, den er den Fängen des Todes entrissen hatte.
    „Was soll nun werden, Mr Mortimer?“ erkundigte er sich zögernd. „Haben Sie irgendwelche Pläne für die Zukunft? Wollen Sie in London bleiben? Oder werden Sie nach Singapore zurückkehren?“
    „Keine Ahnung“, murmelte Ray Mortimer bedrückt. „Ich werde wohl der öffentlichen Fürsorge zur Last fallen. Wenigstens für die ersten Monate. Wer will schon einen Mann beschäftigen, der nicht einmal ein Zeugnis oder einen Geburtsschein besitzt. Ich werde nicht so rasch einen Arbeitsplatz finden. Die Menschen sind hart geworden, Doc.“
    „Die kirchlichen Organisationen werden sich um Sie kümmern“, meinte der Oberarzt tröstend. „An Ihrer Stelle würde ich gleich mal zur Adventistengemeinde gehen. Die guten Leute haben, soviel, ich weiß, für Sie gesammelt. Sie brauchen doch Geld, Mr. Mortimer. Sie haben ja keinen Shilling in der Tasche!
    Und noch etwas: Versäumen Sie nicht, zum Polizeipräsidium zu gaben. Sie werden dort einen vorläufigen Ausweis bekommen. Tun Sie das schon morgen. Sie wissen doch, ein Mensch ohne Papiere ist heute weniger als eine Null.“
    „Danke, Doc“, murmelte Ray Mortimer zerstreut. „Ich werde mich nach Ihren Ratschlägen richten. Haben Sie Dank für alles. Werde Sie bei Gelegenheit mal wieder besuchen. Vielleicht weiß ich dann etwas mehr als heute.“
    „Soll ich Ihnen nicht eine Schwester mitgeben?“ rief ihm der Arzt noch nach.
    Ray Mortimer wehrte mit mattem Lächeln ab. „Ich werde mich schon allein zurechtfinden, Doc. Auf Wiedersehen!“
    Ein paar Minuten später schritt Ray Mortimer durch das Hauptportal des Krankenhauses ins Freie. Das Stadtviertel Clerkwell lag vor ihm. Lange Häuserreihen taten sich vor ihm auf. Er glaubte sie nie vorher gesehen zu haben. Er fühlte sich völlig fremd in der großen Stadt. Verwundert betrachtete er die zweistöckigen Autobusse und die Station der U-Bahn. Er stand hilflos vor dem Hospital und wagte sich kaum von der Stelle. In einer Ecke sah er zwei kleine Jungen mit einem Fußball spielen. Er blickte grübelnd zu ihnen hin.
    Ob ich wohl auch einen solchen Jungen habe, der seit vielen Wochen vergebens auf seinen Vater wartet, überlegte er bedrückt. Gibt es vielleicht irgendwo eine Frau, die um ihren vermißten Mann trauert? Oder stehe ich tatsächlich ganz allein auf der Welt? Mechanisch tat er die ersten Schritte auf die Old Street zu. Kurz vor der Fahrbahn trat ihm eine junge Dame in den Weg. Sie reichte ihm weder die Hand, noch zeigte sie ein freundliches Lächeln zur Begrüßung. Sie meinte lediglich: „Hallo, Ray! Ich hörte vom Pflegepersonal, daß du um diese Stunde entlassen werden solltest. Da bin ich gleich losmarschiert, um dich abzuholen. Denke, es ist am besten so, wie?“  
    Ray Mortimer wußte keine Antwort. Er blickte die junge Dame forschend und unsicher an. Dabei hatte er ständig das beklemmende Gefühl, ihr noch nie in seinem Leben begegnet zu sein.
    „Wer sind Sie?“ fragte er ratlos.
    „Na, nun mach aber einen Punkt“, spottete das Mädchen. „Ich dachte, deine Kopfverletzung sei ausgeheilt? Na also. Dann müßtest du dich eigentlich erinnern, daß ich Mara Revell bin. Oder willst du mich absichtlich nicht mehr kennen?“
    Ray Mortimer warf ihr einen gequälten Blick zu. Er wäre am liebsten in die sichere Obhut des Hospitals zurückgeflüchtet, aber dann sagte er sich, daß ihm das Mädchen vielleicht gute Dienste leisten könnte. Er musterte sie eindringlich von oben bis unten.
    Sie war nicht gerade elegant gekleidet, aber doch von recht hübschem Aussehen. Über ihrem Gesicht lag der glutvolle Hauch einer Zigeunerschönheit; die Augen glühten dunkel und unergründlich. Die schwarzen Haare bewegten sich leicht im Wind.
    „Warum hast du dich nicht auf die Aufrufe hin gemeldet?“ fragte Ray Mortimer mißtrauisch. „Die Polizei ließ doch mein Photo in allen Zeitungen veröffentlichen. Warum bist du nicht ins Hospital gekommen, um mich zu

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