Mein Herz schlaegt fur uns beide
berührte ihr silbernes Medaillon.
Ich: Alles ergibt einen Sinn.
Ich sah, wie eine Träne über ihre Wange lief, aber sie lächelte. Dann fischte sie in ihrer riesigen Handtasche, grub den Hausschlüssel aus, und als wir unser kleines Haus betraten, fühlte ich mich mit einem Mal anders. Ich fühlte mich irgendwie neu. Ich fühlte mich, als ob ich sehr lange einen schrecklich kratzigen Pullover getragen hätte, den ich jetzt endlich ausziehen durfte. Ich fühlte mich wieder wohl.
Beim Schlafengehen
Ich lag noch ewig wach, aber ich wartete nicht auf sie. Das brauchte ich nicht mehr. Ich wusste es einfach. Ich spürte es. Ich wusste, dass sie da war. Ich wusste, sie war in meiner Nähe und würde es immer sein.
Stimme: Möchtest du wohl über Sterne springen?
Ich: Mit Mondstrahlen um die Wette singen?
Stimme: Und es im Leben ganz weit bringen?
Ich: Oder wärst du gern ein Fisch?
Ich hörte ein leises Kichern und ich lächelte. Es war ein so dusseliger Text. Ob ich gern ein Fisch wäre? Eigentlich nicht. Wünschte ich mir, dass Laura noch am Leben war? Sehr und jeden Tag, aber irgendwie war es jetzt nicht mehr so schlimm.
26. Kapitel
In diesem Jahr habe ich einen neuen Geburtstag. Mein neuer Geburtstag ist am 5. Juli, aber frag mich nicht, warum. Das ist wirklich eine lange Geschichte. Heute regnet es. Es regnet jetzt schon fast eine ganze Woche, und ich glaube langsam, dass mein neuer Geburtstag sehr nass und matschig sein wird. Mum hat mir versprochen, dass wir etwas Aufregendes unternehmen werden, aber sie will mir nicht sagen, was, und Lexi will das auch nicht. Lexi kann Geheimnisse wahnsinnig gut für sich behalten, und sosehr ich sie auch löchere, sie will es mir einfach nicht sagen. Ich habe gebettelt und gefleht, aber sie hält sich nur den Finger an die Lippen, als ob sie einen Reißverschluss zuzieht. Ich habe versucht, zu raten und ihr die Antwort anzusehen. Kino? Kino und Pizza? Kino, Pizza und ein wuscheliges Kätzchen? Kino, Pizza, ein wuscheliges Kätzchen und Übernachten? Aber sie schüttelt nur den Kopf und lacht. Ich habe auch Opa eingeladen, aber Dad sagt, der ist dann in Spanien oder so. Gestern Abend habe ich meiner Tante Shelly eine Mail geschickt, um zu fragen, ob sie denn kommt, aber Mum meint, sie muss arbeiten. Und jetzt freue ich mich zwar auf meine Geschenke, denke aber, dass mein Geburtstag eine große Enttäuschung werden kann.
Beim Schlafengehen, Mittwoch, 3. Juli
Mum: Was liest du denn da?
Ich hielt mein Buch hoch: Tom Flemming und der gemalte Himmel .
Mum: Ah, das zweite Buch von J. J. Knightly.
Ich sah den Namen der Autorin an und dann nahm Mum mir das Buch aus den Händen und setzte sich aufs Bett.
Mum: Du weißt doch, dass das ganz besondere Bücher sind, nicht wahr?
Sie drehte das Buch um, schlug es hinten auf und hielt es mir vors Gesicht.
Mum: Hast du das schon mal gesehen?
Hinten im Buch gab es ein kleines Schwarz-Weiß-Foto einer Frau, die sich die Haare zu einem Knoten hochgesteckt hatte. Ich sah mir das Foto noch einmal an. Es kam mir bekannt vor, aber ich wusste nicht, warum. Ich hatte bisher nie hinten im Buch nachgeschaut und deshalb hatte ich das Foto noch nie gesehen. Ich drehte das Buch wieder um. Das Titelbild zeigte einen mondhellen Himmel und ein stürmisches Meer. Ein großes Segelboot mit geblähten Segeln. Ein großes Segelboot, das hin und her geworfen wurde. Ein Boot, dessen Namen in goldenen Buchstaben geschrieben war: Oberon.
Auch das war mir noch nie aufgefallen.
Ich sprang aus dem Bett, lief hinüber zum Bücherregal und nahm das erste Buch heraus. Warum hatte ich das noch nie gesehen? Ich sah das Titelbild an. Da war es wieder. Die Oberon! Ich schlug das Buch hinten auf und sah das kleine schwarz-weiße Foto. Sie war es! Es war die Frau, von der ich auf Opas Hausboot ein Foto gesehen hatte. Die Frau mit der Brosche an ihrer Bluse. J. K. Dieselbe Frau mit ihrem Haarknoten und zwei sehr vertrauten Grübchen. Ich drehte mich zu Mum um und hielt mir das Buch vors Gesicht.
Ich: Stimmt das?
Mum lachte.
Mum: Was meinst du denn?
Ich: Ist das Opas Mum? Ist J. J. Knightly meine Urgroßmutter?
Mum: Das ist sie allerdings. Als ich klein war, haben alle ihre Bücher verschlungen.
Ich dachte an meine eigenen, dummen Geschichten, die Laura immer so gerne gehört hatte.
Ich: Meinst du, ich könnte das auch, du weißt schon – Geschichten schreiben, wenn ich groß bin?
Mum stand vom Bett auf und nahm mich in die Arme.
Mum: Ich meine, dass du
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