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Mein Katalonien

Titel: Mein Katalonien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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Kopp – in welcher Einheit dient er?«
    Das schreckliche Wort mußte gesagt werden: »In der P.O.U.M.-Miliz.«
    » P . O . U . M !«
    Könnte ich dem Leser nur die erschrockene Bestürzung in seiner Stimme vermitteln. Man muß sich vor Augen halten, was man in diesem Augenblick von der P.O.U.M. hielt. Die Furcht vor Spionen hatte ihren Höhepunkt erreicht. Vermutlich glaubten alle guten Republikaner ein oder zwei Tage lang, daß die P.O.U.M. wirklich eine riesige, von den Deutschen bezahlte Spionageorganisation sei. Wenn man so etwas also einem Offizier der Volksarmee sagte, war es genauso, als ob jemand nach dem Schrecken der Roten-Brief-Affäre in den Kavallerieklub gekommen wäre und sich als Kommunist bezeichnet hätte. Seine dunklen Augen musterten versteckt mein Gesicht. Nach einer weiteren langen Pause sagte er langsam:
    »Und Sie sagten, daß Sie mit ihm an der Front zusammen waren. Dann haben Sie selbst also auch in der P.O.U.M.-Miliz gedient?«
    »Ja.«
    Er drehte sich um und verschwand im Büro des Obersten. Ich konnte ein erregtes Gespräch hören. »Jetzt ist alles vorbei«, dachte ich. Wir würden Kopps Brief niemals zurückbekommen.
    Außerdem mußte ich bekennen, daß ich selbst der P.O.U.M. angehörte, und zweifellos würden sie die Polizei anrufen, damit sie mich verhafte, um so noch einen Trotzkisten zur Strecke zu bringen. Da kam der Offizier aber schon wieder heraus, setzte sich seine Mütze auf und bedeutete mir finster, ich solle ihm folgen. Wir gingen zum Amt des Polizeichefs. Es war ein langer Weg, wir mußten zwanzig Minuten gehen. Der kleine Offizier marschierte steif mit militärischem Schritt vor mir her. Auf dem ganzen Weg wechselten wir nicht ein einziges Wort. Als wir am Amt des Polizeichefs ankamen, drückte sich vor dem Tor ein Haufen recht abscheulich aussehender Halunken herum, vermutlich Polizeispitzel, Informanten und alle möglichen Spione. Der kleine Offizier ging hinein, ich hörte ein langes, erregtes Gespräch. Man konnte laute, wütende Stimmen hören, und man konnte sich heftige Gesten vorstellen, Achselzucken und auf den Tisch geschlagene Fäuste. Offenbar weigerte sich die Polizei, den Brief herauszugeben. Schließlich aber kam der Offizier wieder heraus, er war ganz rot im Gesicht, aber er hatte einen großen, offiziellen Umschlag in der Hand. Es war Kopps Brief. Wir hatten einen winzigen Sieg errungen, der aber nicht die geringste Bedeutung hatte, wie sich später herausstellte. Der Brief wurde pflichtgemäß abgeliefert, aber die militärischen Vorgesetzten konnten Kopp keinesfalls aus dem Gefängnis befreien.
    Der Offizier versprach mir, den Brief dem Obersten auszuhändigen. Was aber sollte mit Kopp geschehen? sagte ich. Konnten wir ihn nicht frei bekommen? Er zuckte mit der Schulter. Das war eine ganz andere Sache. Sie wußten nicht, warum Kopp verhaftet worden war. Er sagte mir nur, daß die geeigneten Untersuchungen durchgeführt würden. Es gab nichts mehr zu sagen, wir mußten uns trennen. Wir beide verbeugten uns leicht. Und dann geschah etwas sehr Seltsames und Erregendes. Der kleine Offizier zögerte einen Augenblick, dann trat er auf mich zu und schüttelte mir die Hand.
    Ich weiß nicht, oh ich überzeugend genug schildern kann, wie sehr mich diese Geste ergriff. Es hört sich so unwichtig an. Aber das war es keinesfalls. Man muß sich vorstellen, welche Gefühle man damals hatte – die schreckliche Atmosphäre des Mißtrauens und des Hasses, der Lügen und Gerüchte, die überall die Runde machten, die Plakate auf den Litfaßsäulen, die laut verkündeten, daß ich und jeder, der der gleichen Gruppe angehörte, ein faschistischer Spion sei. Man muß sich auch vergegenwärtigen, daß wir vor dem Amt des Polizeichefs standen, genau vor dem schmutzigen Gesindel der Kolporteure und agents provocateurs. Jeder einzelne von ihnen konnte vielleicht wissen, daß ich von der Polizei »gesucht« wurde. Es war das gleiche, als ob man während des ersten Weltkrieges in der Öffentlichkeit einem Deutschen die Hand geschüttelt hätte. Ich vermute, daß er sich wohl dazu durchgerungen hatte, daß ich wirklich kein faschistischer Spion sei. Aber es war dennoch sehr anständig von ihm, meine Hand zu schütteln.
    Ich beschreibe diese Szene, so trivial sie auch klingen mag, denn sie ist etwas typisch Spanisches – sie zeigt einen jener Augenblicke der Großzügigkeit, die einem die Spanier unter den schlimmsten Umständen entgegenbringen. Ich habe die übelsten

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