Mein Mann der Moerder
gedacht hatte.
Sie entließ mich aus ihrer Umklammerung und klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter.
»Hör mal, Xenia, mein Schätzchen«, sagte sie im Bussi-Bussi-Jargon, der in wohl allen Agenturen üblich war. Jede Frage, jede Aufforderung, ja sogar Kritik wurden mit einem »Herzchen«, »Schätzchen« oder »Schnucki« garniert.
»Du siehst gar nicht gut aus, wenn ich das mal so offen sagen darf. Am besten du gehst jetzt sofort wieder nach Hause und ruhst dich aus, Schätzchen. Gönn dir eine Auszeit.«
»Aber, wie …«, stammelte ich.
»Keine Widerrede«, fuhr Saskia mir über den Mund. »Du bist doch völlig durch den Wind. Es ist auch besser für die Agentur, wenn du dich hier eine Weile nicht blicken lässt.« Sie zuckte entschuldigend mit den Achseln.
Ich hatte verstanden. Die Kunden lasen natürlich auch Zeitung.
Sanft schob Saskia mich in Richtung Ausgang. Vor der Glastür hielt sie inne. »So, Schätzchen, nun wünsche ich dir eine schöne Zeit. Fahr weg, versuch Abstand zu gewinnen. Und wenn wir irgendwas für dich tun können, lass es uns wissen.«
Vor Rührung brachte ich keinen Ton heraus, nickte nur stumm. Saskia winkte mir zu, als ich zur Tür hinausging. Meine Güte, wie hatte ich mich in dieser Frau getäuscht. Mit Tränen in den Augen winkte ich ihr zu, als plötzlich mein Handy klingelte.
»Hallo«, meldete ich mich mit unsicherer Stimme und betete, dass es kein Kunde war.
Es war die Kripo. Ob ich noch einmal ins Präsidium kommen könne, bat mich der Kommissar.
Ich sah auf meine Armbanduhr. Es war schon halb zwölf.
»Natürlich, äh, natürlich. Ich könnte sogar gleich kommen«, stotterte ich, eine Spur zu beflissen. Aber meine Erfahrungen mit der Staatsgewalt hatten sich bis vor Kurzem auf ein paar unspektakuläre Begegnungen bei Verkehrskontrollen beschränkt.
»Sehr gut«, antwortete der Kommissar wie ein Lehrer, der seine Schülerin lobte.
»Ich mache mich sofort auf den Weg«, versprach ich und ging die Treppen hinunter zum Ausgang.
Gerade hatte ich das Bürohaus verlassen, als hinter mir jemand meinen Namen rief. »Frau Rabe?«
Die Stimme kam mir bekannt vor. Langsam drehte ich mich um und glaubte, meinen Augen nicht zu trauen. Aus dem Café im Erdgeschoss des Gebäudes traten die beiden Journalisten von vorhin.
Ohne einen Blick nach links oder rechts zu werfen, rannte ich auf die Straße. Mein Auto stand auf der gegenüberliegenden Seite der Fahrbahn. Ein Wagen schoss auf mich zu. Der Schreck durchzuckte mich wie ein Blitz. Das Hupen, laut und wütend, dröhnte in meinen Ohren, begleitet vom schrillen Quietschen der Bremsen. Ich riss meinen Kopf zur Seite. Mein Herz hämmerte. Für den Bruchteil einer Sekunde blickte ich in die weit aufgerissenen Augen des Fahrers.
Sein Wagen war nur Zentimeter vor mir zum Stehen gekommen. Die Hitze der Kühlerhaube stieg mir die Hosenbeine hoch, das Blut pochte in meinen Ohren. Ich rannte einfach weiter. Wie ein gehetztes Tier. Fingerte mit zittrigen Händen meinen Schlüssel aus der Handtasche. Schaffte es irgendwie, die Fahrertür aufzuschließen. Einzusteigen. Den Motor zu starten. Gas zu geben.
»Journalisten sind die Pest«, sagte Hauptkommissar Wöste, ein gut aussehender Endvierziger mit kahl rasiertem Schädel, während er mir Kaffee einschenkte. Ich nickte dankbar, nahm zitternd den Becher und führte ihn zum Mund. Das heiße Getränk tat mir gut und mir fiel ein, dass ich heute noch nichts gegessen hatte.
Das Vernehmungszimmer war schlicht eingerichtet. Zwei wacklige alte Stühle, ein Schreibtisch aus den Siebzigern. Darauf stand ein Computer, der im Vergleich zur altmodischen Einrichtung geradezu surreal wirkte. Schmuddelige Wände, die mal weiß gewesen waren. Der helle Boden war verdreckt von unzähligen schwarzen Streifen, die ein bizarres Muster auf das Linoleum zeichneten. Bei der ersten Vernehmung war mir die Schäbigkeit dieses Zimmers gar nicht aufgefallen. Ich hatte damals auch nicht begriffen, was geschehen war. Die Situation war so unwirklich gewesen: Zwei Polizisten waren in der Agentur aufgetaucht, hatten mich abgeholt, weil sie mit mir »unter vier Augen« sprechen wollten. Mir war die ganze Sache peinlich gewesen. Die Kollegen hatten sich tuschelnd auf dem Flur versammelt.
»Worum geht es?«, hatte ich gefragt.
»Ihr Mann steht unter Mordverdacht. Ich denke, wir sollten das nicht hier besprechen«, flüsterte mir der Beamte zu.
Unter Schock war ich mit ins Polizeipräsidium
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