Mein schwules Auge
man musste auf einen Stuhl steigen, sich recken und das Gerät anschalten.
In dieses Zimmer brachte ich auf den Klippen aufgestöberte jugendliche Fischer, sie fuhren mit mir im Küstentaxi und liefen, wenn ich ihnen sagte, wir müssten jetzt aussteigen, laut zum Fahrer hin „La parada!“
Auch war neben “Tu y yo“ eine Konditorei, und einmal ging ich absichtslos dort hinüber, trank, mir gar nichts denkend, nebenbei den Schlüssel des sturmfreien Zimmers schwenkend, einen Kaffee und trat nach einer Viertelstunde mit zwei neugierigen Jungen ins Zimmer, kein Wort war gesprochen worden.
Dann kam der Papst. Sein Eintreffen kündigte sich schon Tage vorher dadurch an, dass diese kleinen Flaschen Bier mit dem Namen POLAR, auf denen ein Eisbär abgebildet war und denen die Leute schon am Morgen eifrig zusprachen, plötzlich nicht mehr verkauft wurden. Kein Bier wurde ausgeschenkt, kein Wein, kein Likör. In Venezuela war in diesem Jahr ein italienisches Lied der große Hit, und das sangen sie nun alle beim Mineralwasser:
„Apri una botttglia di vino,
apri, apri, apri …“
In der Zeitung war zu lesen, dass eine Ley seca verabschiedet worden sei, ein trockenes Gesetz. Man sah Wirte und Lebensmittelhändler, scheu um sich blickend, Bier in Limonadeflaschen schütten. Andere verweigerten dies händeringend: “El papa, el papa! …“
Ein Deutscher, der sich mit schlecht ausgesprochenen italienischen Brocken verständigte, erhob sich in einer Bar daraufhin vom Stuhl und verlautbarte langsam und prononciert: „Il papa è un idiota.“
Derjenige Junge, der mir am Tag der Ankunft des Papstes zugezwinkert hatte und sozusagen an diesem Tag dran war, hieß Jesus. Jesús. Er folgte mir vom Dorf zur Küstenstraße, die man soeben abzusperren vorbereitete. Denn der Flughafen von Carácas liegt an eben jener Küstenstraße längs der Kordillere, ganz nah bei den Fischerdörfern.
Jesus hängte eine Plastiktüte mit ein paar Fischen, die er mit hatte, an die innere Klinke meiner Tür und stellte sich mit einem “El papa!“ auf den Stuhl, um gegenüber dem Bett den Fernseher einzuschalten.
Sofort erschien auf dem Bildschirm der Glaskasten, in dem der Papst stand. Live übertragen, fuhr er die Küstenstraße entlang und hätte an der Pension Tu y Yo “La parada!“ verlangen können. Huldvoll winkte er uns beiden im Bett zu.
Als der Knabe ging, nahm er die Plastiktüte von der Klinke und fragte: “Fisch hatten Sie nicht vielleicht kaufen wollen?“ Die Straße war schon wieder frei für die Sammeltaxis.
Nachdem er gegangen war, trank ich ein Bier, das man mir mittags in einer Milchflasche verkauft hatte.
Waswo X Waswo IF I WERE HINDU
aus Mein Schwules Auge 6
If I were Hindu
I would worship Shiva,
draw three white lines
parallel
across my brow
There is something to be said
for a pot-smoking god,
a god who can be bath male and female,
who has been intimate
with both women and men.
I could be a sadhu ,
standing naked and ash-smeared,
pounding a mean nagara
in the smoke-filled temple
of a Shiva cave.
I could live
on sugar prasaad and bhang lassi ,
making music,
chanting poems,
worshiping a stone phallus under a
blackened moon.
Damn those Christians
who stole Shiva’s trident,
twisted it
with starched-shirt religion
and made of it a pitchfork.
Tonight I will scratch three straight lines
on the beach, above the frath-spitting
waves.
I will share a chillum of charas
with the moon-stung Hindu boy
and let Shiva enter me, through him.
The climax wasn’t during sex,
it was after:
even after the moments
I dawdled lovingly at your side
stroking tremulous fingers
over your spent/quivering stomach.
Yau told me of how you fished,
one month at a time,
an a sea-rocked boat
in the dead of the night.
I imagined you holding a silver barracuda
in a tossing, rain swept ocean,
strongly heaving the salty nets
that glittered with twitching mackerel
I saw you in a blood-sloshed hold
that reeked of guts and, even, glory,
slamming a knife to the board
and fish to the ice.
Tonight,
you slept so peaceful,
wrapping me
in your tough-guy sweet exhaustion,
the full Sri Lankan moon
turning our sandy bodies blue.
The climax wasn’t during sex.
It was when the sea turtles, after midnight,
plodded past us as we slept.
They hid their eggs
where we will never know.
We were too busy dreaming
of distant worlds,
our separate selves
like far-off galaxies,
impossibly merging.
Martin
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