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 Mein spanisches Dorf

Mein spanisches Dorf

Titel: Mein spanisches Dorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Schwaiger
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Schwester her. Wie sie etwas herschenken kann, was ihm gehört.
    Aber ich bin doch zwei Stunden lang auf dem harten Sessel gesessen, daß mir das ganze Kreuz noch heute weh tut, sagt die Schwester.
    Und die Mutter, der Vater und die Schwester und sogar der jüngere Bruder fallen über den Sepperl her: Wie kannst du dem Onkel das antun? Wie stehen wir denn da, wenn du dich so benimmst?!
    Der Onkel muß das Bild zahlen oder zurückgeben, sagt der Sepperl.
    Also gut, hat der Onkel am Telefon zu seinem Bruder, dem Sepperl seinem armen Vater, gesagt. Ich gebe das Bild zurück, aber es hat schon einen schönen Rahmen, und wenn der Sepperl das Bild zurückhaben will, dann muß er mir den Rahmen zahlen.
    So ist das Bild beim Onkel geblieben, weil der Sepperl einsehen hat müssen, er kann jetzt nicht zu seinem Vater gehen und ihn um einen Fünfhunderter bitten für den Rahmen. Und diese peinliche Geschichte vergißt man nicht so schnell, und der Vater ist ins Zimmer vom Sepperl und hat das Fenster aufgemacht und alles, was da herumgestanden ist an sogenannten Kunstwerken, und die Pinsel und die Terpentinflaschen und die schmutzigen Leinenfetzen, das hat er auf die Straße geworfen, daß es alle Leute, die vorbeigegangen sind, sehen haben können, und dann hat er der Mutter gesagt, sie soll dem Sepperl mitteilen, es ist ein für allemal Schluß mit dem Firlefanz, und der Sepperl soll das Haus verlassen und sehen, wie er weiterkommt. Der Sepperl ist gegangen, aber das Zeug auf der Straße hat er liegenlassen. Irgendwie muß er mit jemandem per Autostopp nach Linz gefahren sein. Und dort verliert sich jede Spur.
    Möglich, daß der Sepperl jetzt irgendwo verkommt in sogenannten Künstlerkreisen, vielleicht in Wien. Es gibt Gerüchte, daß er auf der Straße steht, an der Wiener Opernkreuzung, und Zeichnungen verkauft.
    So weit kann einer herunterkommen, der nach der Matura seinem Vater ein Jahr lang auf der Tasche gelegen ist, weil er geglaubt hat, er wird ein Künstler.
    Der Vater hat ein für allemal festgelegt, daß der Name Sepperl in der Familie nicht mehr fallen darf. Er existiert nicht mehr, hat er gesagt, weder für mich noch für euch, und wir müssen uns eben damit abfinden, daß sich die Spreu vom Weizen sondert, und wenn man gewußt hätte, was man da großzieht, dann muß man manchmal wirklich denken, es wäre besser, keine Kinder in die Welt zu setzen.

Liebes Tagebuch
     
     
    Heute, am 21. September 1964, habe ich Dich gekauft, und ich hoffe, es wird nie jemand lesen, was ich Dir anvertraue! Gerade ist meine blöde Mutter hereingekommen und hat gefragt, wann ich ins Bett gehe. Ich habe schnell das Lateinbuch über Dich gelegt, sonst will sie wieder wissen, was ich mache, und es ödet mich einfach an, dauernd kontrolliert zu werden. Du mußt entschuldigen, wenn ich so ordinär über meine Mutter schreibe, aber es ist einfach die Wahrheit. Sie versteht mich überhaupt nicht, und mein Vater sowieso nicht, der sagt immer nur: Mit Ehrgeiz kommt man voran, oder ich soll Sport betreiben. Und wenn ich etwas erzähle, dann fragen sie immer gleich, wer seine Eltern sind, und jedesmal fragt er mich, wie alt ich bin, und wenn ich sage fünfzehn, dann sagt er: So jung! Wie wenn ich etwas dafür könnte, daß sie mich so spät gezeugt haben. Außerdem sehe ich aus wie achtzehn, das sagen alle. Und Smolka Rudi hat mir «Ulysses» geborgt vom James Joyce. Das ist ein Buch, da sind oft keine Beistriche drin und keine Punkte. Ich habe es ihm zurückgegeben und ehrlich gesagt, daß ich es nicht verstehe. Da hat Smolka Rudi sich herabgelassen zu einer Bemerkung meine Intelligenz betreffend. Und zwar positiv, leider weiß ich sie nicht mehr. Jetzt ist es schon dreiviertel elf, und ich erzähle über Smolka Rudi! Anstatt endlich das auszusprechen, was mich bewegt. Aber dazu müßte ich ganz von vorne anfangen. Nur so viel: Ich habe geliebt, und habe eine bittere Enttäuschung erlebt. Morgen muß ich mit meinem Vater nach Linz fahren, wegen der Lodenmäntel. Aber übermorgen werde ich Zeit haben, mir das Herz auszuschütten. Ich denke immer nur: Trug, Trug, alles ist Trug.
     
     
    Freistadt, am 22. September 1964
    In genau zwei Monaten wird es genau ein Jahr, daß John F. Kennedy erschossen wurde. Daran muß ich an jedem 22. in jedem Monat denken. Das ist komisch. Weil ich es noch immer nicht glauben kann und so viel geweint habe beim Begräbnis im Fernsehen. Was ist da schon mein Schmerz um Lothar dagegen? Obwohl, ich habe mir

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