Tante Dimity und der unerhoerte Skandal
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MAN SAGT, DASS drei Wünsche nie genug sind, und vielleicht ist das wahr. Es gab einmal eine Zeit, wo ich mir angesichts eines wohlwollenden Flaschengeists nichts sehnlicher gewünscht hätte als einen Job, den ich nicht hasste, und eine Mietwohnung in dem Stadtteil Bostons, der mich an England erinnerte, ein Land, das ich seit meiner Kindheit liebe.
Mein dritter Wunsch – zweifellos das Ergebnis einer trostlosen Ehe und einer noch trostloseren Scheidung – wäre eine mehr oder weniger stabile Beziehung mit einem Mann gewesen, der kein völliges Arschloch war und der mir wenigstens so oft die Wahrheit sagte, wie er seine Socken vom Boden aufhob. Damals konnte mir niemand nachsagen, dass ich überzogene Erwartungen hatte. Damals waren meine kühnsten Träume so zahm, dass sie praktisch jedem aus der Hand gefressen hätten.
Aber als Tante Dimity starb, wurden alle meine Wünsche wahr, und zwar auf eine Art und Weise, wie ich sie mir nie hätte erträumen können. Tante Dimity hinterließ mir ein honigfarbenes Cottage, ein Häuschen, das tatsächlich in England stand, und so viel Geld, dass ich nie mehr arbeiten musste. Sie hatte auch dafür gesorgt, dass ihr Testament von einem Mann vollstreckt wurde, der nicht nur rücksichtsvoll in Bezug auf seine Socken war, sondern auch ehrlich und zudem bis über beide Ohren in mich verliebt.
Dank Tante Dimity war es eine Romanze wie im Märchen, einschließlich eines gemütlichen honiggelben Schlosses und eines Märchenprinzen – denn so kam Bill Willis mir vor, obwohl er weder ein Prinz war noch schön. Und die Romanze endete, indem er mich um meine Hand bat. Es war alles so schnell und so mühelos passiert, dass ich Bill liebte, noch ehe ich so recht wusste, wer er überhaupt war. Und vielleicht war das mein Fehler.
Denn das Dumme an Märchenhochzeiten ist meist das, was danach kommt. Ich war zwar vorher schon einmal verheiratet gewesen, also war ich nicht völlig ahnungslos – ich wusste schon, dass die See manchmal rau sein würde –, aber ich hätte nie erwartet, dass mein geliebter Bill versuchen würde, das Schiff zu versenken.
Ich hatte gedacht, dass ich alles über ihn wüsste.
Während unserer gemeinsamen Zeit in Tante Dimitys Cottage hatte ich stets darauf gewartet, dass sich ein verhängnisvoller Fehler zeigen würde, wie ihn jeder Märchenprinz zweifellos haben musste, aber er zeigte sich nie. Trotz seines bizarren Humors war Bill Willis ein ausgeglichener, liebevoller Gesellschafter gewesen, ein wirklich anständiger Kerl. Und das blieb er – solange wir in England waren.
Das Problem lag darin, dass ich Bill nie in seiner normalen Umgebung erlebt hatte. Ich hatte ihn nie hinter seinem Schreibtisch bei der Arbeit gesehen.
Als ich ihn kennen lernte, hatte er so etwas wie Urlaub, eine lange Abwesenheit von der Rechtsanwaltskanzlei seiner Familie – das war eine Bedingung in Tante Dimitys Testament gewesen –, so dass wir unsere erste Zeit zusammen an einem uns fremden und sehr romantischen Ort verbrachten.
Es war idyllisch gewesen, aber es hatte mich überhaupt nicht auf das Leben vorbereitet, das ich führen würde, wenn wir wieder in den Vereinigten Staaten wären, wo mein ausgeglichener und unbeschwerter Verlobter sich in einen arbeitswütigen und ständig abwesenden Ehemann verwandelte.
Selbst unsere Hochzeitsreise wurde von einer endlosen Reihe von Faxen aus der Firma begleitet.
Damals fand ich das noch lustig, aber im Nachhinein sehe ich es als eine Ankündigung dessen, was mich erwartete.
Bills natürliche Umgebung war schließlich kein gemütliches Cottage auf dem Lande. Er war in einer imposanten Familienvilla aufgewachsen, einem stadtbekannten historischen Gebäude im nobelsten Teil von Boston. Zusammen mit Bills Vater, William Willis senior, bewohnten wir den Westflügel und den Mittelteil des Gebäudes, der Ostflügel war den Büroräumen von Willis & Willis vorbehalten, einer der ältesten und angesehensten Rechtsanwaltskanzleien in New England. Die Kanzlei Willis
& Willis konnte ihre Wurzeln bis in die Zeit vor der Revolution zurückverfolgen, genau wie die meisten ihrer Klienten – ein muffiger Haufen alter Bostoner Familien, deren Rechtsstreitigkeiten der Familie Willis zu Reichtum und Ansehen verholfen hatten.
Bills Aufgabe war es, einer anspruchsvollen blaublütigen Klientel zu dienen, und sobald wir wieder in Boston waren, stürzte er sich in ein Pensum aus endlosen Telefonaten, Konferenzen, Mittagessen, Empfängen und dem
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