Meine Kriegsfahrten mit U-35
Maschinentelegraphposten Ober-Funken-Telegraphisten-Gast Plate.
Und so kam der letzte Anlauf. Schraubengeräusche nähern sich. Tiefer gehen. Wieder hoch. Vor mir die schwarze Wand des Dampfers. „Erstes Bugrohr los!" Und der Torpedo braust ab. Ich lasse beschleunigt auf Tiefe steuern und sage noch nach unten in die Zentrale: „Etwas nahe dran. Hoffentlich fällt er nicht auf uns." Da ertönte die wohlbekannte Detonation und von unten ein Hurra, das in einem fürchterlichen Krachen und Bersten über mir erstickt. Die Sehrohre schlottern durcheinander. Das Licht erlischt. Gleichzeitig legt sich der Kasten schwer nach Backbord über, Wassermassen stürzen über uns in den Turm, und nur langsam richtet er sich wieder auf. Und dazwischen hinein hört man um uns herum das Krachen der Wasserbomben.
Das eben torpedierte Schiff muß im Sinken auf uns gefallen sein, ist mein erster Gedanke. Da ein so schnelles Sinken eigentlich selten vorkommt, muß der Dampfer durch Granat-löcher schon viel Wasser gesogen haben.
Das Licht geht wieder an. Die Pumpen werden angestellt. Der Zeiger des Tiefenmanometers wandert unablässig tiefer. Immer stärker wird der Wasserschwall, der durch die Lecks in der Turmdecke und durch das aufgesprungene Turmluk auf uns herabstürzt. Der Wasserspiegel im Sehrohrschacht steigt langsam höher. „Die Pumpen schaffen das Nasser nicht mehr," meldet der „Leitende", Marine-Oberingenieur Fechter, aus der Zentrale. Also sinken wir. Der absackende Dampfer reißt uns mit in die Tiefe! Bei 1000 Meter Wassertiefe keine angenehme Aussicht! Die Haare standen mir zu Berge bei diesem Gedanken. Bleibt nur die andere Möglichkeit, unser letztes Mittel: mit Preßluft nach oben und unser Leben so teuer wie möglich verkaufen. Bestenfalls winkt einem Teil meiner Männer die Gefangenschaft. Einen ganz kleinen Hoffnungsschimmer habe ich doch noch. „Der Leitende Ingenieur in den Turm." — „Wir werden mit Preßluft das Schiff an die Oberfläche bringen. Gelingt dies, so werden wir sofort wieder tauchen, aber nur so tief gehen, daß nur wenige Zentimeter Wasser über der Turmdecke sind. Und dann will ich versuchen, mich so aus dem Schlamassel herauszuziehen." Es folgen die Kommandos: „Preßluft auf alle Tanks!" — „Beide Maschinen alle Fahrt voraus!" — „Auftauchen!"
Meine Augen saugen sich am Tiefenmanometer fest. Wird das Schiff gehorchen? Werden diese letzten Mittel wirken? Einige bange Sekunden folgen, jetzt steht der Manometerzeiger auf 40 Meter, dann hebt über unseren Köpfen ein fürchterliches Rucken, Reißen, Schleifen, Schurren an, als ob etwas von unserem Turm abgleitet. Unser Schiff legt sich einen Augenblick nach Steuerbord über. Und plötzlich steigen wir hoch wie ein Ballon. Der Wassereinbruch läßt langsam nach. Man konnte aufatmen, wenn auch um uns herum noch Wasserbomben krachten. Jetzt durchstießen wir die Oberfläche, nun schleunigst wieder herunter, unser Schiff abfangen, Schnellentlüftungen auf. — Auf 10 Meter gehen! — Endlich konnten die Pumpen das eindringende Wasser halten. Die Sehrohre hingen durcheinander, waren unbrauchbar. Wir waren blind. — Eben unter der Wasseroberfläche schlichen wir von dannen, jeden Augenblick gewärtig, von einem der herumtosenden Wachfahrzeuge über den Haufen gerannt zu werden. Langsam verstrich Minute um Minute. Die Detonationen der Wasserbomben wurden immer schwächer und hörten schließlich ganz auf. Nach einer Stunde tauchten wir auf. Tiefe Nacht umfing uns, Gott sei Dank! Nichts war zu sehen, nur im Süden, da wo wir herkamen, fingerten einige Scheinwerfer durch die Nacht.
Jetzt konnten wir unser Schiffchen etwas näher besehen. Die Brückenaufbauten waren Zertrümmert, die Einbeulung des Dampferbugs genau erkennbar. Das Oberdeck verbeult. Das Turmluk verbogen, ließ sich nicht öffnen, und das Schlimmste: alle drei Sehrohre waren umgebogen und hingen herunter wie abgebrochene Spargel. Das ganze Oberdeck war übersät mit Granatsplittern und Schrapnellkugeln. — Vor mir stand die bange Frage: wie sollte ich unseren U-Kreuzer mit seinen braven Männern in diesem Zustand heil nach Hause bringen? Würden wir je wieder herauskommen an den Feind bei der gegenwärtigen Kriegslage? Wir alle mußten erst mal schlafen jetzt. Dann wollte ich weiter sehen. ,
Der nächste Tag sah schon freundlicher aus. Er brachte uns gleich morgens einen kleinen Segler. Darauf fanden wir ein Faß Zement, mit dem es dem Leitenden Ingenieur Fechter und
Weitere Kostenlose Bücher