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Meine total wahren und ueberhaupt nicht peinlichen Memoiren mit genau elfeinhalb

Titel: Meine total wahren und ueberhaupt nicht peinlichen Memoiren mit genau elfeinhalb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Stimme: »Ich lern Bio und Englisch.«
    »Am Sonnabend?«, fragte Annalena. »Ich hab gar nicht gedacht, dass du so ein Streber bist.«
    »Ich bin kein Streber.«
    »Nur Streber lernen am Sonnabend.«
    »Wann lernen die?«
    »Heute, am Sonnabend.«
    Das Wort klang schön. Deswegen wiederholte ich es.
    »Sonnabend.«
    »Ich weiß schon«, sagte Annalena. »Ihr Bayern sagt Samstag. Und ihr sagt auch Servus und Pfiatie.«
    »Es heißt Pfüati«, sagte ich blöde.
    »Pfiatie.«
    »Pfüati.«
    »Eigentlich müsstest du Xaver heißen, oder Maxi.«
    »Wieso denn?«
    »Weil alle bayerischen Kinder so heißen.«
    Und ich sagte: »So ein Schmarrn.«
    »Schmarren mag ich«, sagte sie. »Das ist ein lustiges Wort. Sag‘s noch mal.«
    »Nein.«
    »Bitte!«
    »Nein«, sagte ich.
    »Schmarren.«
    Und ich sagte: »Das heißt Schmarrn, ohne e.«
    »Schmaan.«
    »So ungefähr.«
    Dann war es still am anderen Ende der Leitung, und ich rief: »Annalena! Annalena!«
    Sie sagte ganz ruhig: »Ich bin doch da.«
    »Gott sei Dank.«
    Jetzt lachte sie.
    Zuerst wollte ich nichts mehr sagen. Aber dann sagte meine Stimme: »Wieso lachst du?«
    »Das hat so süß geklungen. Gott sei Dank. Gott ist wichtig in Bayern, stimmt’s?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Die Bayern haben sogar einen eigenen Papst.«
    »Der Papst ist doch für alle«, sagte ich.
    »Aber für euch Bayern ganz besonders, weil er selber ein Bayer ist. Dafür sind wir die Hauptstadt.«
    Ich schaute mich um.
    Anscheinend waren meine Beine irgendwann mit mir in mein Zimmer gegangen. Ich setzte mich auf den roten runden Drehstuhl.
    Als sie mir die nächste Frage stellte, sprang ich wieder auf.
    »Warum bist du heute nicht ins Hotel gekommen?«, fragte sie. »Ich hab auf dich gewartet.«
    Ich hatte überhaupt keine Ahnung, was ich sagen sollte. »Und gestern hab ich auch auf dich gewartet«, sagte sie auch noch.
    Und ich: »Gestern.«
    Als wär ich ein Echoer.
    Ich sagte zweimal hintereinander: »Gestern.«
    »Hast du keine Zeit gehabt?«, fragte sie.
    »Doch.«
    »Und warum bist du dann nicht gekommen? Magst du mich nicht mehr?«
    »Doch.«
    »Kannst du noch was anderes sagen außer doch?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Ich glaub, du bist krank«, sagte sie.
    »Bin ich nicht.« Und dann: »Ich hab gestern was ganz Schönes erlebt.«
    Und sie sagte, und sie sagte es bloß einmal, obwohl ich gleich gespürt hab, dass einmal mindestens einmal zu wenig war: »Ohne mich?«
    Ohne mich, sagte sie.
    Ich horchte in den Hörer.
    Ich horchte in den Hörer rein.
    Es war total still da drin.
    »Entschuldigung«, sagte ich leise.
    Es war immer noch total still im Telefon. »Entschuldigung«, sagte ich noch mal und presste das Telefon ans Ohr, damit ich ja nichts überhörte.
    Das Rauschen war nicht zu überhören. Das Rauschen rauschte immer lauter. Und weil ich das nicht aushielt, sagte ich: »Deswegen ist meine Ma sauer, und ich muss daheim bleiben. Entschuldigung.« Ich wollte ihren Namen sagen. Ich traute mich nicht.
    Ich traute mich nicht, ihren Namen zu sagen.
    Ich war so ein Feigling.
    Und ich sagte: »Annalena.«
    Dann war es wieder still.
    Nach einer langen Zeit hörte ich sie sagen: »Dann darfst du morgen nicht zu meinem Geburtstag kommen.«
    Ihre Stimme klang ganz anders als vorher. Sie klang wie von jemand, der weggeht.
    »Doch«, sagte ich schnell. Ich wollte nicht, dass sie wegging, wenn auch bloß vom Telefon.
    »Okay«, sagte sie.
    »Okay«, sagte ich.
    Mir tat das Ohr schon weh, so fest presste ich das Telefon dagegen.
    Das war total unwichtig. Mein Ohr war total unwichtig. Ich drückte noch fester drauf. Noch fester. Fester.
    Tuut tuut tuut tuut.
    Erst als ich den Schmerz nicht mehr aushielt, konnte ich wieder zuhören.
    Tuut tuut tuut tuut.
    Ich schaute das graue Telefon an. Ich schaute es an, als wäre es ein Gesicht, das aufgehört hat zu sprechen, das Gesicht, das bloß noch tutete.
    Ich legte das Telefon aufs Bett, es tutete weiter.
    Ich legte mich neben das Telefon, es tutete weiter. Ich fing an zu heulen, das Tuten ging weiter.
    Ich heulte und heulte.
    Eigentlich heule ich ganz selten.
    Eigentlich nie. Außer, irgendwas tut mir monstermäßig weh. Ein Zahn. Oder der Bauch. Aber sonst heule ich nicht.
    Männer heulen nicht.

Zweiundzwanzig
    Immer noch Samstag
    Meine Haut war grau und verschrumpelt. Ich war älter als mein Opa, tausend Jahre älter. Das stimmt nicht. Ich war fünftausend Jahre älter. Und ich wurde jede Minute um tausend Jahre älter.
    Außerdem schrumpfte ich

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