Meister Antifer's wunderbare Abenteuer
bildete schon an sich eine Gefahr – kurz, er führte alles mögliche an, was nur die Begehrlichkeit eines grundsatz-und gewissenlosen Machthabers reizen konnte.
Kamylk-Pascha legte dem allen zunächst keinen Werth bei. Er lebte in Kairo völlig eingezogen, und es mußte schwierig sein, ihm eine Falle zu stellen, in die er gegangen wäre. Wenn er Aegypten verließ, so geschah das nur, um große Reisen zu unternehmen. Dann verbrachte er sein zielloses, durch stolze Gleichgiltigkeit gegen die Menschen gekennzeichnetes Leben auf einem ihm gehörigen Schiffe, das der um fünf Jahre jüngere und ihm unter allen Umständen ergebene Kapitän Zo seinen Launen gehorsam über die Meere Asiens, Afrikas und Europas führte.
Das legt die Frage nahe, ob er den französischen Seemann, der ihn einst aus dem mörderischen Kugelregen Bonaparte’s rettete, vergessen hatte. Vergessen gewiß nicht, denn eines solchen Dienstes vergißt ja keiner. Belohnt hatte er denselben allen Anscheine nach aber auch noch nicht, ebensowenig hätte jemand zu sagen vermocht, ob Kamylk-Pascha das noch nachzuholen gedachte, wenn seine Ausflüge zur See ihn einmal in die französischen Gewässer brachten.
Etwa von 1812 ab konnte der reiche Aegypter sich jedoch nicht länger verhehlen, daß er während seines Aufenthalts in Kairo stets genau überwacht wurde. Mehrere geplante Reisen wurden ihm auf Befehl des Vicekönigs sogar direct untersagt. Infolge der Eingebungen seines Vetters erschien jetzt seine Freiheit ernstlich bedroht.
Im Jahre 1823 verheiratete sich dieser ihm übelgesinnte Verwandte unter Verhältnissen, die ihm auch keine besondre gesellschaftliche Stellung sicherten. Er hatte ein junges Fellahmädchen, fast eine Sclavin, zur Frau genommen. Es ist also nicht so verwunderlich, daß er seine heimlichen Hetzereien in der Hoffnung, Kamylk-Paschas Existenz zu ruinieren, fortsetzte, indem er den Einfluß benutzte, den er bei Mehemet Ali und dessen Sohn Ibrahim noch immer besaß.
Da begann für Aegypten eine kriegerische Periode, in der seine Waffen ruhmvoll glänzten. Griechenland hatte sich 1824 gegen den Sultan Mahmud erhoben, und dieser rief seine Vasallen zur Niederwerfung des Aufstandes zu Hilfe. Mit einer Flotte von hundertzwanzig Segeln begab sich Ibrahim nach Morea, wo er seine Streitkräfte ans Land setzte.
Jetzt bot sich Kamylk-Pascha Gelegenheit, seinem Leben wieder einigen Reiz zu verleihen, sich in gefährlichen – seit zwanzig Jahren ungeübten – Abenteuern neu zu stählen, und danach verlangte ihn desto mehr, als es sich um Aufrechthaltung der durch die Erhebung des Peloponnes bedrohten Rechte der Pforte handelte. Er wollte in die Armee Ibrahim’s eintreten – man schlug es ihm ab. Er wollte als Officier unter den Truppen des Sultans dienen – auch hier sah er sich zurückgewiesen. Offenbar war das auf eine ihm feindliche Einwirkung zurückzuführen, der daran lag, den steinreichen Mann nicht aus dem Gesicht zu verlieren.
Der Unabhängigkeitskampf der Griechen sollte diesmal zum Vortheil der heldenhaften Nation ausfallen. Nach drei Jahren, während die Freiheitskämpfer von Ibrahim’s Heeresmacht unmenschlich verfolgt wurden, zerstörte eine vereinigte englische, französische und russische Flotte die ottomanischen Kriegsschiffe in der Seeschlacht bei Navarin (1827), was den Vicekönig zwang, seine Schiffe und seine Truppen nach Aegypten heimzuführen. Ibrahim begab sich also mit Murad, der ihn begleitet hatte, wieder nach Kairo zurück.
Von diesem Tage ab verschlimmerte sich die Lage Kamylk-Paschas. Murad’s Haß gegen ihn loderte nur noch mehr auf, als jenem 1829 von der jungen Fellah ein Sohn geboren wurde. Damit erhielt wohl die Familie einen Zuwachs, nicht aber deren Vermögen. Desto begehrenswerther erschienen Murad nun die Schätze seines Vetters. Der Vicekönig würde sich ja kaum weigern, zur Beraubung des Mannes die Hand zu leihen. Dergleichen Gefälligkeiten kommen nicht nur in Aegypten, sondern auch in Ländern mit weniger orientalischer Civilisation vor.
Der Sprößling Murad’s erhielt – was der Leser gefälligst merken möge – den Namen Saouk.
Gegenüber dieser Lage der Dinge begriff Kamylk-Pascha, daß ihm nur übrig bliebe, sein Vermögen, das großentheils in Diamanten und andern Edelsteinen bestand, zusammenzuraffen und außerhalb Aegyptens in Sicherheit zu bringen. Das that er denn auch in ebenso kluger wie geschickter Weise mit Hilfe einiger in Alexandria ansässiger Ausländer, denen sich
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