Melodie der Leidenschaft
mit ihm essen gehen wollte, dann war das sein Problem.
Allerdings habe ich widersprüchliche Signale ausgesandt, dachte sie jetzt und schauderte bei der Erinnerung daran, wie sie sich ihm hingegeben hatte. Anstatt bei der ersten Berührung zurückzuweichen, war sie ihm in die Arme gesunken.
Ella war zutiefst beschämt und wurde von Panik erfasst, als Nicolaj ihr den Finger am Hals entlang nach unten gleiten ließ, bis zum Ausschnitt ihres Kleides, wo die Wölbung ihrer Brüste begann. Ihr stockte der Atem, und sie fürchtete, er könne bemerken, wie heftig ihr Herz schlug. Eine innere Stimme riet ihr dringend, seine Hand wegzuschieben. Doch gleichzeitig wünschte Ella sich, er möge …
Sie blickte ihm ins Gesicht. Nicolaj hatte die Augenlider ein wenig gesenkt, und das Glühen in seinen Augen zeigte ihr, dass er ihre Gedanken gelesen hatte.
„Eine Weile fand ich dieses Katz-und-Maus-Spiel ja amüsant“, sagte er. „Aber nun wird es langweilig. Vielleicht erschreckt dich die heftige sexuelle Anziehung zwischen uns, Ella. Aber abstreiten kannst du sie nicht. Als wir uns geküsst haben, hast du sie doch gespürt – hier.“ Er legte ihr die Hand aufs Herz, sodass seine Finger eine ihrer Brustwarzen streiften. „Und ich auch. In dir brodelt die Leidenschaft, genau wie in mir. Da gibt es nur eins: Wir müssen ein Liebespaar werden.“
Nicolajs arrogante Annahme, Ella stehe ihm zur Verfügung und er müsse sie sich einfach nur nehmen, machte sie wütend. Und doch brachte sie die leise innere Stimme nicht zum Schweigen, die sie drängte, seinem Vorschlag zuzustimmen und sich der Leidenschaft hinzugeben, die – wie er richtig gesagt hatte – in ihr brodelte und sie zutiefst verwirrte.
Ihre Vernunft trug einen Machtkampf mit dem Leichtsinn aus, der von ihr Besitz ergriffen hatte – und gewann. Nein, ich werde nicht Nicolaj Alexandrows Gespielin werden, dachte Ella entschlossen. Sie hatte in der Zeitung von seiner Trennung vom berühmten Model Kelly Adams vor kurzer Zeit gelesen. Angeblich hatte er sie mit einer schnöden SMS abserviert. Auf dem Foto neben dem Artikel hatte die wunderschöne Rothaarige mit verweinten Augen vor dem Hotel gewartet, in dem Nicolaj seit seiner Ankunft in der Hauptstadt wohnte.
„Wo andere Menschen ein Herz haben, ist bei ihm ein Brocken Granit“, teilte sie dem Klatschblatt mit. Ihr tränenüberströmtes Gesicht hatte Ella an den schmerzlichen Gesichtsausdruck ihrer Mutter erinnert, die von Lionel Stafford häufig wegen einer seiner zahlreichen Geliebten abgewiesen worden war.
„Was genau meinst du mit ‚Liebespaar‘?“, fragte sie gelassen. „Aus der Presse weiß ich, dass du sehr oft für dein Unternehmen auf Geschäftsreise bist, und ich bin häufig mit dem Royal London Orchestra auf Konzerttournee. Wie sollen wir da eine echte Beziehung führen?“
Nicolaj war merklich irritiert. „Über eine Beziehung zu sprechen finde ich doch etwas voreilig. Ich meinte, dass wir der sexuellen Anziehung zwischen uns nachgeben sollten.“
Ja, Nicolaj Alexandrow und der selige Earl Stafford hatten eine ganze Menge gemeinsam, nicht zuletzt ihre unverbindliche Haltung zu Frauen und Beziehungen.
„Ich hätte mir ja denken können, dass ein Mann wie du nur an körperlicher Befriedigung interessiert ist.“ Ella bemühte sich, kühl und abschätzig zu klingen.
„Ein Mann wie ich?“, wiederholte Nicolaj ruhig, doch Ellas verächtliche Miene machte ihn wütend. Hielt sie ihn für unter ihrer Würde, weil er sein Leben völlig mittellos begonnen hatte, während sie als Mitglied der britischen Oberschicht von Geburt an reich und privilegiert war? Er war es gewohnt, dass Frauen Spielchen trieben und hatte Ellas kühle Distanziertheit anfangs ebenfalls für ein Spielchen gehalten. Aber war der eigentliche Grund womöglich, dass sie ihn, den Einwanderer aus dem Ostblock, für ihrer nicht würdig hielt? Es ist mir völlig egal, wie sie über mich denkt, redete er sich ein, doch zu seinem Ärger hatte Ella seinen Stolz verletzt.
„Was für ein Mann bin ich denn deiner Meinung nach?“, fragte er schroff.
Als Ella sein markantes Gesicht betrachtete, wurden uralte Erinnerungen in ihr wach. Plötzlich war sie wieder in Stafford Hall, kauerte oben auf der Treppe und linste angstvoll durch die Stäbe des Geländers nach unten in die Eingangshalle, wo ihre Mutter schluchzend und flehend auf den gut aussehenden, aber kalt und arrogant wirkenden Mann einredete.
„Du gehst wieder zu deiner
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