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Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Titel: Memento - Die Überlebenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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plündern geht. Es ist viel zu gefährlich, nach draußen zu gehen , hat er gesagt. Mein Herz verträgt das nicht mehr .
    Beide kennen die Gerüchte, was mit denen passiert, die sich an ihrem sechzehnten Geburtstag nicht freiwillig in der Zentrale der OSR melden. Sie werden abgeholt, mitten im Schlaf aus dem Bett gerissen. Oder gekidnappt, während sie allein durch die Trümmerfelder wandern. Sie kommen und holen dich, ganz gleich, wie viel du wem bezahlst – nicht, dass ihr Großvater genug Geld hätte, um irgendwen zu bestechen.
    Wenn du dich nicht selbst meldest, kommen sie dich holen. Das ist nicht nur ein Gerücht. Das ist die Wahrheit. Man munkelt, dass sie dich in die Outlands hochbringen, wo sie dich das Lesen vergessen machen – falls du es jemals gelernt hast, heißt das, wie Pressia. Ihr Großvater hat ihr die Buchstaben erklärt und ihr die Botschaft gezeigt: Wir wissen, dass ihr hier seid, Brüder und Schwestern … (Niemand spricht mehr von dieser Botschaft. Ihr Großvater hat sie irgendwo versteckt.) Es gibt Gerüchte, dass sie lehren zu töten, indem sie einem lebendige Ziele vorsetzen. Und es gibt Gerüchte, dass man entweder lernt zu töten, oder – wenn man durch die Explosionen zu sehr verformt wurde – als lebendiges Ziel benutzt wird, und das ist dann das Ende.
    Was wohl mit den Kids im Kapitol passiert, wenn sie sechzehn werden? Vermutlich ist es für sie wie im Davor, Kuchen und in buntes Papier eingeschlagene Geschenke und Stofftiere voller Süßigkeiten an der Decke, auf die mit Stöcken eingeschlagen wird.
    »Kann ich zum Markt?«, fragt sie. »Wir haben fast keine Wurzeln mehr.« Pressia ist eine talentierte Köchin, was Wurzeln angeht – Wurzeln sind ihr Hauptnahrungsmittel. Außerdem will sie raus, an die Luft.
    Ihr Großvater starrt sie besorgt an.
    »Bis jetzt steht mein Name nicht mal auf der Liste«, sagt sie zu ihm. Die offizielle Liste mit den Namen derer, die sich bei der OSR zu melden haben, ist überall in der Stadt angeschlagen – Namen und Geburtsdaten in zwei ordentlichen Spalten, von der OSR gesammelte Informationen. Die Gruppe war kurz nach dem Bombardement aufgetaucht – zunächst als »Operation Suche und Rettung«, eine Art technische Hilfsorganisation, die medizinische Einrichtungen wieder in Gang brachte, Listen mit den Namen der Überlebenden und Toten anfertigte sowie eine Miliz bildete, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Doch die damaligen Führer wurden gestürzt, und aus der OSR wurde die »Operation Sakrale Revolution«. Die neuen Anführer regieren durch Angst und sind entschlossen, eines Tages das Kapitol niederzureißen.
    Bis dahin verfügt die OSR die Registrierung sämtlicher Neugeborenen, oder die Eltern werden bestraft. Sie führt willkürliche Razzien durch. Die Leute ziehen so oft um, dass es sinnlos ist, ein Adressenregister zu führen. Abgesehen davon gibt es ohnehin keine Adressen mehr – nichts als Trümmer, umgestürzte Schilder, ausgelöschte Straßennamen. Es fühlt sich immer noch so unwirklich an, ohne ihren Namen auf der Liste. Pressia hofft, dass er dort nie auftauchen wird. Vielleicht haben sie vergessen, dass es Pressia gibt, haben einen Stapel Unterlagen verloren, und ihre waren darunter.
    »Außerdem brauchen wir Vorräte«, sagt sie. Sie muss so viel Nahrung sichern wie nur irgend möglich, bevor ihr Großvater die Ausflüge zum Markt übernimmt. Sie kann besser feilschen als er – konnte es schon immer. Sie fragt sich, was passieren wird, wenn er erst das Essen organisiert.
    »Okay, einverstanden«, sagt er. »Kepperness schuldet uns noch was für die Naht am Hals seines Sohnes.«
    »Kepperness«, wiederholt Pressia. Kepperness hat seine Schulden vor einer Weile bezahlt. Manchmal erinnert sich Großvater nur an das, woran er sich erinnern will. Sie geht zum Sims unter dem zersplitterten Fenster, wo eine Reihe kleiner Figuren steht, die sie aus Metallstücken gebastelt hat – alten Münzen, Knöpfen, Scharnieren, Federwerken. Kleine Aufziehspielzeuge, hüpfende Hühner, krabbelnde Tausendfüßler, eine Schildkröte mit einem kleinen schnappenden Schnabel. Am liebsten mag sie die Schmetterlinge. Sie hat ein halbes Dutzend Schmetterlinge gebastelt. Der Rumpf besteht aus den Zinken alter schwarzer Kämme, die Flügel aus Stücken weißer Kittel. Sie flattern, wenn man sie aufzieht, aber es ist ihr nie gelungen, einen zum Fliegen zu bringen.
    Sie nimmt einen der Schmetterlinge und zieht ihn auf. Die Flügel erzittern,

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