Memo von Meena (German Edition)
unter den Nacken. "Und jetzt solltest du dieses Schundblatt zur Seite legen und versuchen, ein bisschen zu schlafen."
"Mit dem Schundblatt , wie du es so charmant nennst, verdiene ich mein Geld, falls du es vergessen hast." Sie schob sich mit den Händen ein kleines Stück hoch. "Außerdem hat der Arzt nur was von Bettruhe und Schonung gesagt, nichts vom Ausschalten des Verstandes."
"Mit einem verkürzten Gebärmutterhals ist nicht zu spaßen. Und wenn du denkst, dass du –"
"Mama, bitte!" Meena hob abwehrend die Hand. "Verschon mich mit deiner Überfürsorglichkeit und der tausendsten Predigt."
"Auch wenn es dir nicht passt, meine Liebe, aber wenn ich schon für dich sorge, dann erwarte bitte nicht von mir, dass ich mein Herz ausschalte."
Viola nahm die leere Tasse vom Nachtschrank und stellte sie neben den Teller auf das Tablett, um sie nach unten zu tragen. Sie bei dieser Tätigkeit zu beobachten weckte den Ansatz eines schlechten Gewissens in Meena.
"Tut mir leid, Mama." Sie bemühte sich um ein Lächeln. "Ich bin dir wirklich sehr dankbar dafür, dass du dich so um mich kümmerst. Vor allem in dieser schwierigen Zeit. Aber ich kann mich einfach nicht an den Gedanken gewöhnen, dass Raja allen Ernstes einen Mann zu meinem Nachfolger ernannt hat. Das ist nicht nur unpassend, sondern auch unglaublich dumm. Die Leute werden es merken. Die Leute werden sich verarscht fühlen – und zu Recht. Ich meine, gab es unter all den unzähligen arbeitslosen Frauen da draußen denn keine, der sie diesen Job zugetraut haben? Was soll ich mir dabei denken, wenn mir jemand sagt, dass ich in Zukunft von einem Mann ersetzt werde? Ich meine, das ist … das ist einfach …"
"Das ist nichts, was dich aufregen sollte", sagte Viola, während sie das Tablett auf das Fußende stellte und sich auf die Bettkante setzte. "Im Grunde kannst du sogar froh sein, dass sie einen Mann eingestellt haben. So besteht wenigstens nicht das Risiko eines Zickenkriegs, wenn du wieder zurückkommst."
"Zickenkrieg? Mit mir? Soll das heißen, du traust mir zu, dass ich eine von denen bin, die sofort Konkurrenz wittern, wenn eine andere Frau den Raum betritt?"
"Wenn du nach mir kommst, ganz sicher." Sie puffte ihr lächelnd in die Seite und auch Meena konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.
Trotzdem wollte das Entsetzen über die Tatsache, durch einen Mann ersetzt worden zu sein, nicht abflachen. Noch immer lag ihr das Telefonat mit Raja im Gedächtnis. Seitdem sie die erste Kolumne ihres Nachfolgers gelesen hatte, war die Verwirrung jedoch perfekt. Sein Stil war interessant, ohne Zweifel, aber war Raja ernsthaft der Meinung, dass er nach ihr klang? Dass die Leserinnen ihm abnehmen würden, dass er sie war?
Andererseits, wer rechnete schon damit, dass jemand anderes als sie selbst die Kolumne schrieb? Niemand wusste von ihrer Schwangerschaft, und selbst wenn, wer sollte ahnen, dass sie ans Bett gefesselt war?
"Eigentlich könnte ich doch auch von hier aus schreiben. Ich meine, so schwer kann das doch nicht sein. Ich könnte mir den Laptop ins Bett holen. Oder ich nehme einfach meine Kolumnen auf und schicke sie Raja."
"Das sind wir doch schon tausendmal durchgegangen, Liebes. Du brauchst Ruhe." Viola legte die Hand auf ihren Arm. "Absolute Ruhe. Außerdem wirst du eh keine Zeit mehr dafür haben, sobald das Kind da ist."
"Irgendwann wird mir die Ruhe noch aus den Ohren kommen." Ihr Blick wanderte zum aufgeschlagenen Magazin, das noch immer auf der anderen Betthälfte lag. Wenn man das Jammern bezahlt bekäme. Der Titel gefiel ihr sogar fast. Es war eindeutig, dass der Artikel auf einer ihrer Aufnahmen basierte, dennoch wollte der Ärger über den Satz "Solange ich genügend Freunde in meinem Adressbuch habe, geht es mir gut" einfach nicht abflachen. Sollte man sie wirklich für eine von denen halten, die ihr Lebensglück über unzählige oberflächliche Freundschaften definierte? Und die fast noch wichtigere Frage: War dies tatsächlich der Eindruck, den sie bei einem Fremden hinterlassen hatte, ohne ihm je begegnet zu sein? Ein Eindruck, der allein auf unstrukturierten Memos basierte, die einst unter dem Vorsatz aufgenommen worden waren, als ganz persönliche Gedächtnisstütze zu dienen? Und zwar ausschließlich als persönliche Gedächtnisstütze. Nichts, das für fremde Ohren bestimmt war.
Fast bereute sie es, Raja die Aufnahmen übergeben zu haben.
"Weißt du denn irgendetwas über diesen Mann?", fragte Viola.
"Nur, dass er
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