Memoiren 1945 - 1987
geschworen, geht es an die Memoiren. Inzwischen hatte ich mich entschlossen, sie eigenhändig zu schreiben. Vorher wollte ich durch eine Kur in Ischia mir etwas Linderung der Schmerzen verschaffen. Aber eine wirkliche Besserung brachte auch sie nicht. Deshalb fuhr ich noch einmal zu Dr. Block, wo ich mich jedesmal nach einer Frischzellen-Behandlung wohler fühlte. Auch dieses Mal trat nicht nur eine Besserung meines Befindens ein, ich bekam auch Auftrieb für meine Arbeit.
Hexenjagd
D er Erfolg, den ich mit meinen Büchern hatte, der sich auch in den ganz ausgezeichneten dtv-Taschenbuchausgaben fortsetzte, und die zunehmende Anerkennung meiner Arbeiten veranlaßten meine alten Gegner, wieder massiv aktiv zu werden. Einige Bildreportagen von meinem 80. Geburtstag, die in vielen Zeitschriften erschienen, und die aus Paris kommende hervorragend gedruckte Broschüre «Double Page», in der die schönsten meiner Nuba-Fotos wiedergegeben waren und über die der französische Schriftsteller Jean-Michael Royer schrieb: «Leni Riefenstahl, der moderne Plato und Michelangelo der Leica ...», mögen dazu beigetragen haben. Man bereitete eine neue Verleumdungskampagne vor, die ich wegen ihrer besonderen Bösartigkeit und Verschlagenheit erwähnenswert finde.
Meine Erfahrungen mit Live-Sendungen warnten mich, noch einmal im Fernsehen zu erscheinen. Die Schweizer Fernseh-Gesellschaft «Radio Television Suisse Romande» blieb hartnäckig. Über ein Jahr versuchte der Programmleiter Jean Dumur ein Treffen mit mir herbeizuführen. Als er mich dann besuchte, änderte ich meine Absicht. Ich gewann einen so guten Eindruck von ihm, daß ich meine Bedenken zurückstellte. Es gelang ihm, mein Vertrauen zu gewinnen. Nachdem ich mündlich wie schriftlich die Zusicherung erhalten hatte, es würde nur über meine Arbeit berichtet und Geschehnisse, die mit dem Dritten Reich in Verbindung stehen, nicht berührt werden, sagte ich zu. Einige Male filmte das Fernsehteam in meinen Arbeitsräumen. Die Beteiligten waren mir sympathisch. Marc Schindler, der Regisseur, versprach, daß er sich selbstverständlich an die Vereinbarungen halten würde, so daß sogar Horst sein Mißtrauen ablegte. Die Fernseh-Gesellschaft erwarb Material aus meinen Filmen, filmte Interviews mit einigen meiner früheren Mitarbeiter und drehte sogar bei meiner Geburtstagsfeier. Sie wünschten, sagte der Regisseur, die volle Wahrheit zu bringen und mich zu rehabilitieren. Vielleicht wußten die Leute des Aufnahmeteams gar nicht, was ihr Produzent vorhatte.
Kurz vor meiner Abreise zu der Live-Sendung nach Genf riefen mich Freunde an. Sie warnten mich und berichteten von Extrablättern einer Schweizer-Fernsehzeitung, die an den Zeitungskiosken auslagen und mich in einem Foto auf der Titelseite zeigten, darunter in großen Lettern: «Leni, die Nazifilmmacherin». Ich war erschrocken und beschloß, nicht nach Genf zu fahren. Sofort teilte ich dies telefonisch den maßgebenden Leuten der Fernseh-Gesellschaft mit, die mir nachdrücklich versicherten, sie hätten mit dieser Veröffentlichung nichts zu tun und bedauerten diese. In ihrem Film wären keine politischen Aufnahmen enthalten. Das Gespräch ist auf Band aufgezeichnet. Ohne Gegenbeweise wollte ich nicht vertragsbrüchig werden. In Genf wurde ich vom Flughafen abgeholt, im «Richmond» war eine Suite reserviert. Alle bemühten sich, ungemein freundlich zu mir zu sein.
Mein Mißtrauen blieb, und ich bestand darauf, daß ich vor der Live-Sendung den Film vorgeführt bekäme. Das lehnten sie, wie ich befürchtet hatte, ab. Ich wollte sofort abreisen. Mit allen möglichen Versprechungen versuchten sie, mich zu überreden, auf diese Vorführung vor der Abendsendung zu verzichten, und flehten mich um Vertrauen an. So kam es zu einer aufregenden Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Personen dieser TV-Produktion und mir. Als man erkannte, daß ich auf meiner Forderung bestand, gaben sie schließlich nach.
Mit Herzklopfen saß ich in dem kleinen Vorführraum des Studios, ahnend, nun Schlimmes zu erleben. In meiner Erregung nahm ich nicht wahr, wer sich alles in dem Raum befand. Was ich dann erlebte, war allerdings unfaßbar. Es fing harmlos an — Ausschnitte aus meinen Filmen, dann Bilder, die mich als Kind und Tänzerin zeigten, Szenen aus Bergfilmen. Vielleicht ist es doch nicht so schlimm, dachte ich und spürte Erleichterung. Plötzlich hörte ich den Namen Adolf Hitler. Im Bild sah ich eine alte Dame,
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