Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)
war.
»Ja«, gab er zu. »Ich wollte dich haben, und das war die einzige Möglichkeit, dich zu bekommen.«
»Du hast Vorurteile«, sagte sie. »Ich hätte deine Ehrlichkeit wohl zu schätzen gewusst.«
»Schon möglich«, erwiderte er. »Aber es war nicht deine Hochschätzung, auf die ich aus war.«
»Ich hätte mich dir auch so hingegeben.«
»Daran habe ich so meine Zweifel«, sagte Leif Grundt. »Ziemlich starke Zweifel. Was wirst du jetzt tun?«
»Tun?«, wiederholte Ebba Hermansson. »Ich werde dich heiraten und das Kind bekommen, was sonst.«
Und dabei blieb es.
Es hatte sie ein Jahr Auszeit in Sachen Medizinstudium gekostet, mehr nicht. Seinen Vaterurlaub bis an die Grenze auszunutzen, war fast ein Muss, wenn man Mitte der Achtziger beim Konsum angestellt war, und als Kristoffer fünf Jahre später zur Welt kam, war das eine sorgsam geplante Aktion vor Ebbas kommendem Krankenhauspraktikum. Und in der Post befand sich außerdem ein Brief mit der erwarteten studentischen Verbindung: Sundvalls Krankenhaus und ein maßgeschneiderter Posten als Leiter des Konsums in der Ymergatan in der gleichen Stadt. Und mit der Zeit ließ sich auch die Facharztausbildung regeln – und dass sich alles tatsächlich kombinieren ließ, dafür war Ebba Hermansson Grundt der lebende Beweis, als sie als 38jährige Mutter zweier Kinder ihren Posten als Oberärztin in der Gefäßchirurgie im besagten Krankenhaus antrat. Der Teufel behütet die Seinen, in zwei Tagen sollte sie vierzig werden.
Dachte Leif Grundt und lachte ein etwas schiefes, inneres Lachen. Und dass diese Sache mit Lüge und Wahrheit eine viel kompliziertere Geschichte war, als die Leute sich allgemein einbildeten, ja, das war jedenfalls eine Wahrheit, die er gut in seinem Inneren bewahren wollte. In einem besonderen Vorrat an Lebensweisheiten, wie man behaupten könnte, den er zwar ab und zu in Augenschein nahm, den aufzusuchen er seine Ehefrau jedoch nur äußerst selten aufforderte. Irgendwie fehlte dazu immer die Gelegenheit.
Aber wenn der Schlingel nun angefangen hatte zu rauchen und zu saufen, dann musste er natürlich zurechtgewiesen werden. Es musste ihm peinlich sein, und er sollte schon ein richtig schlechtes Gewissen haben, das war klar.
Zufrieden mit dieser einfachen Schlussfolgerung setzte sich Leif Grundt zusammen mit seinen Söhnen und seiner Ehefrau zu Tisch. Es war Sonntagabend, die Welt war im Großen und Ganzen gar nicht so schlecht. Morgen standen die Reise nach Kymlinge und wahrscheinlich drei Tage Familienhölle an, das wusste er, aber morgen war ein anderer Tag, und kommt Zeit, kommt Rat.
3
B ereits bei ihrem ersten, leicht verwirrenden Zusammentreffen eine Woche nach dem Skandal hatte Walter Hermansson seinem Therapeuten erklärt, dass er sich suizidal fühle.
Aber nur auf eine direkte Frage hin. Er hatte das Gefühl gehabt, dass dieser schüchterne, leicht rattenartige Mann mit der rauchfarbenen Brille diese Antwort hören wollte. Es wurde erwartet, dass er Selbstmordgedanken hegte, und folglich hatte er gesagt, ja, natürlich, nach dem, was passiert war, hatte er schon mehrfach in diese Richtung gedacht.
Innerlich musste er ebenfalls zugeben, dass es nur logisch wäre, dem ganzen Mist ein Ende zu setzen, dass es schön wäre, sich nicht mehr jede Nacht im Bett wälzen zu müssen und sich sein pathetisches, weggeschmissenes Leben vor Augen zu führen. Dass es schön wäre, nicht am späten Vormittag schweißgebadet und voller Seelenqual für einen neuen, sinnlosen Tag aufzuwachen.
Endlich diesem Selbstmitleid einen Tritt in den Arsch zu geben, dachte er, den entscheidenden Schritt zu tun und zu verschwinden. Niemand, nicht ein einziger Mensch, würde sich darüber wundern, dass Walter Hermansson sich das Leben genommen hatte.
Dennoch ahnte er, dass es nicht so kommen würde. Wie üblich würde ihm dafür die rechte Stärke und Tatkraft fehlen. Was er mit den restlichen Jahren seines Lebens anfangen sollte, davon hatte er nicht den blassesten Schimmer, vermutlich ging es nur darum, den nächsten Monat zu überstehen und dann ins Ausland zu gehen. Er war bis zum Sechsundzwanzigsten krankgeschrieben, sein Praktikum bei der Zeitung lief zum Jahresende aus, und er machte sich keinerlei Illusionen dahingehend, dass man ihn auch noch im Januar sehen wollte.
Ein nicht gerade seriöser Verlag hatte von sich hören lassen und ihm angeboten, »seine eigene Version« in Buchform erscheinen zu lassen, man hatte ihm einen Vorschuss von
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