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Menschenjagd

Menschenjagd

Titel: Menschenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Blick, die Waffe in der Hand. Er und Richards schossen im selben Moment.
    McCone verschwand hinter dem Vorhang zwischen erster und zweiter Klasse. Richards setzte sich hart auf den Boden. Er war sehr müde. In seinem Bauch war ein großes Loch. Er konnte seine Gedärme sehen.
    Amelia schrie jetzt ununterbrochen. Ihre Hände zogen ihre Wangen zu einer Hexenmaske aus Plastik nach unten.
    McCone stolperte wieder in die erste Klasse zurück. Er grinste. Die Hälfte seines Schädels schien weggeschossen zu sein, aber er grinste trotzdem.
    Er schoss zweimal. Die erste Kugel pfiff über Richards’ Kopf. Die zweite traf ihn direkt unter dem Schlüsselbein.
    Richards schoss noch einmal. McCone drehte sich zweimal um die eigene Achse wie ein beschwipster Clown in einem Kindertanz. Die Pistole fiel ihm aus der Hand. McCone schien verwundert die Styropordecke der ersten Klasse zu betrachten, vielleicht verglich er sie mit seiner in der zweiten Klasse. Er fiel vornüber. Der Geruch von verbranntem Fleisch und Pulver war so scharf und durchdringend wie der Duft von Äpfeln in einer Saftpresse.
    Amelia hörte nicht auf zu schreien. Richards musste denken, wie bemerkenswert gesund sie sich anhörte.

… Minus 006 Countdown läuft …
     
    Richards richtete sich sehr langsam auf. Mit einer Hand hielt er die Därme in seinem Bauch fest. Es fühlte sich an, als ob jemand in seinem Bauch Streichhölzer anzündete.
    Er schlich vornübergebeugt, die Hand ständig vor seinen Bauch gepresst, durch den Mittelgang. Es sah aus, als würde er sich ständig verbeugen. Er ergriff mit einer Hand den Fallschirm und zerrte ihn hinter sich her. Zwischen seinen Fingern rutschte ein Stück grauer Wurst heraus, und er stopfte es zurück. Es tat weh, es zurückzustopfen. Es fühlte sich an, als müsste er sich vielleicht in die Hose scheißen.
    »Goh«, stöhnte Amelia. »Goh-Goh-Goh-Gott. O Gott. O lieber Gott.«
    »Legen Sie das hier an«, sagte Richards.
    Sie wiegte sich unablässig vor und zurück und schien ihn gar nicht zu hören. Er ließ den Fallschirm fallen und gab ihr eine Ohrfeige. Aber er hatte nicht mehr viel Kraft. Er ballte eine Faust und schlug sie. Sie hielt den Mund.
    Ihre Augen starrten ihn benommen an.
    »Legen Sie das hier an«, wiederholte er. »Wie einen Rucksack. Sehen Sie?«
    Sie nickte. »Ich. Kann. Nicht. Springen. Angst.«
    »Wir stürzen ab. Sie müssen springen.«
    »Kann nicht.«
    »Na gut. Dann erschieße ich Sie.«
    Sie sprang plötzlich auf, stieß ihn zur Seite und riss den Fallschirm mit einer heftigen Bewegung an sich. Ihre Augen funkelten wild. Während sie mit den Riemen kämpfte, entfernte sie sich Schritt um Schritt von ihm.
    »Nein. Der da kommt nach uh-unten.«
    Sie brachte den Riemen hastig in die richtige Position und ging weiter zu McCones Leiche zurück, während Richards sich ihr näherte. Aus seinem Mund tropfte Blut.
    »Jetzt müssen Sie den Haken durch den Ring ziehen. Um den Bau-Bauch.«
    Sie arbeitete mit zitternden Händen und weinte, als es ihr nicht auf Anhieb gelang. Die ganze Zeit starrte sie ihm entsetzt ins Gesicht.
    Sie rutschte kurz in McCones Blut aus und stieg dann über ihn hinweg.
    Auf diese Weise kamen sie langsam durch die zweite Klasse und in die dritte. Die Streichhölzer in seinem Bauch waren zu einem ständig brennenden Feuerzeug geworden.
    Der Notausstieg war mit Sprengriegeln blockiert, die nur vom Cockpit aus gelöst werden konnten.
    Er gab ihr den Revolver. »Aufschießen. Ich … halte den Rückstoß nicht aus.«
    Mit abgewandtem Gesicht und zusammengekniffenen Augen zog sie den Abzug von Donahues Pistole zweimal. Dann war die Waffe leer. Die Tür war immer noch geschlossen. Richards überkam eine Übelkeit erregende Verzweiflung. Amelia Williams hielt die Reißleine des Fallschirms zwischen den Fingern und spielte nervös damit.
    »Vielleicht …«, begann sie, doch dann flog die Tür plötzlich in die Nacht davon und zog sie mit sich.

… Minus 005 Countdown läuft …
     
    Zusammengekrümmt, ein Mann in einem umgekehrten Hurrikan, ging Richards von der Türöffnung rückwärts und hielt sich an den Rückenlehnen der Sitze fest. Wären sie höher geflogen und wäre der Luftdruckunterschied größer gewesen, hätte es ihn ebenfalls hinausgerissen. So aber wurde er nur stark hin und her geschüttelt, und seine Eingeweide wurden von dem Sog hinausgezogen, sodass sie hinter ihm auf dem Boden schleiften. Die kühle Nachtluft, dünn und scharf in sechshundert Metern Höhe, war

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