Mephisto
noch nicht freigegebenen) Roman von Klaus Mann. Ihre dramaturgischen Sendboten, beauftragt ,Negativmaterial‘ im Düsseldorfer Archiv auszuhandeln, waren vergeblich gekommen. Nicht etwa, weil man es ihnen vorenthielt, sondern weil es nichts gab, was für eine Identifikation von Klaus Manns Romanfigur Hendrik Höfgen mit Gustaf Gründgens brauchbar gewesen wäre.‹
Der Initiator der Ausstellung, der Direktor des Theaterarchivs der Stadt Düsseldorf, Heinrich Riemenschneider, äußerte mir gegenüber, daß er das Wiedererscheinen von Klaus Manns Roman ›Mephisto‹ in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur begrüßen, sondern auch unterstützenwürde 16 :
›Vor allem deshalb, weil ich das Verbot grundsätzlich verneine und weil ich darin eine Behinderung der wirklich vorurteilsfreien Bewertung der Haltung Gustaf Gründgens' in der Nazi-Zeit sehe.‹
Wilfried F. Schoeller hat in seinem Plädoyer für die Freigabe des Romans in der Süddeutschen Zeitung 17 erklärt, daß die Öffentlichkeit an dem Roman heute als ›unmittelbare historische Quelle‹ und als ›aufregendes Zeit-Bild‹ verstärkt interessiert sei.
Freilich hatte schon vor mehr als zehn Jahren das Bundesjustizministerium in seiner Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht den Roman als ›Anschauungsmaterial über die damaligen innerdeutschen Verhältnisse‹ bezeichnet, in wahrscheinlich bewußt-deutlicher Ablehnung des charakteristischen Satzes im Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg: ›Die deutsche Öffentlichkeit hat kein Interesse, ein falsches Bild über die Theaterverhältnisse nach 1933 aus der Sicht eines Emigranten zu erhalten.‹
Einen neuen juristischen Akzent erhält der ›Fall Mephisto‹ dadurch, daß seit dem Frühjahr 1980 in der Bundesrepublik ein angeblich in Frankreich hergestellter Raubdruck des ›Mephisto‹-Romans auch über den Ladentisch von Buchhändlern geht. Die Staatsanwaltschaft sah sich bisher nicht in der Lage, auf Grund unseres Strafantrags gegen die unbekannten Drucker und Verbreiter einzuschreiten. Sie hat das Verfahren eingestellt, obwohl sie eigentlich mit doppelter Kraft hätte tätig werden müssen, einmal wegen des Verbots, zum anderen wegen des Nachdrucks. So bleibt der Raubdruck eines gerichtlich verbotenen Buchs ein weiteres Kuriosum in dem an Seltsamkeit nicht armen Fall.
Der Rowohlt Taschenbuch Verlag erwarb bereits 1966 die Lizenz für eine rororo-Ausgabe. Nun sieht er in Übereinstimmung mit mir, als dem Originalverleger, den Zeitpunkt für eine neue und legale Ausgabe des Romans für gekommen. 44 Jahre nach der Niederschrift des Romans und 35 Jahre nach dem Ende der Nazi-Diktatur, die Klaus Mann mit allen Kräften und besonders mit seinem »Mephisto«-Roman bekämpft hat, ergibt sich tatsächlich eine neue rechtliche Situation. So kann das Werk noch einmal – und nun hoffentlich auf Dauer – in die Freiheit seiner Wirkung entlassen werden.
München, im Herbst 1980
VORSPIEL 1936
»In einem der westdeutschen Industriezentren sollen neulich über achthundert Arbeiter verurteilt worden sein, alle zu hohen Zuchthausstrafen, und das im Laufe eines einzigen Prozesses.«
»Nach meinen Informationen sind es nur fünfhundert gewesen; über hundert andere hat man erst gar nicht abgeurteilt, sondern heimlich umbringen lassen, ihrer Gesinnung wegen.«
»Sind die Löhne wirklich so entsetzlich schlecht?«
»Miserabel. Dabei fallen sie noch – und die Preise steigen.«
»Die Dekorierung des Opernhauses für heute abend soll 60000 Mark gekostet haben. Dazu kommen mindestens noch 40000 Mark anderer Spesen – nicht mitgerechnet die Unkosten, die es der öffentlichen Kasse gemacht hat, das Opernhaus, wegen der Vorbereitungen für den Ball, fünf Tage lang geschlossen zu halten.«
»Eine nette kleine Geburtstagsfeier.«
»Ekelhaft, daß man den Rummel mitmachen muß.«
Die beiden ausländischen jungen Diplomaten verneigten sich, auf den Gesichtern das liebenswürdigste Lächeln, vor einem Offizier in großer Uniform, der hinter seinem Monokel einen mißtrauischen Blick auf sie geworfen hatte.
»Die ganze hohe Generalität ist da.« Sie sprachen erst wieder, als sie die große Uniform außer Hörweite wußten.
»Aber sie sind alle für den Frieden begeistert«, fügte der andere boshaft hinzu.
»Wie lange noch?« fragte fröhlich lächelnd der erste, wobei er eine kleine Dame von der japanischen Botschaft begrüßte, die am Arm eines hünenhaften Marineoffiziers klein und zierlich
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